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zuendung

19. Mai 2013

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Fiat | 0 Kommentare

Wie der Kleine über Hügel und Pfützen fliegt, es ist eine Freude. Genau 30 Jahre nach der Geburt des ersten Allrad-Pandas prüfen wir die neuste Ausgabe des Kompaktkletterers. Das sei nicht ungefährlich, sagt man bei uns in der Redaktion: Den letzten Testpanda mit Allradantrieb haben wir nicht mehr wieder hergegeben und ihn gleich gekauft. Erst […]

Wie der Kleine über Hügel und Pfützen fliegt, es ist eine Freude. Genau 30 Jahre nach der Geburt des ersten Allrad-Pandas prüfen wir die neuste Ausgabe des Kompaktkletterers. Das sei nicht ungefährlich, sagt man bei uns in der Redaktion: Den letzten Testpanda mit Allradantrieb haben wir nicht mehr wieder hergegeben und ihn gleich gekauft. Erst gut 50‘000 unterhaltsame Kilometer später liessen wir ihn ziehen (zu einem Bergbauern, wo er mindestens so richtig aufgehoben ist wie bei uns im Aggloverkehr – aber das ist eine andere Geschichte).

Technisch ist unser Testwagen eng mit seinem Vorgänger von 2005 verwandt. Der Allradantrieb ist permanent und speist die Hinterachse über Kardanwelle und elektronische Lamellenkupplung. Alles vor der Kardanwelle ist neu: Ein Sechsganggetriebe ersetzt den Fünfgänger. Und dem Motor fehlen zwei Zylinder. Wobei „fehlen“ falsch ist, war der bisherige 1,2 Liter Vierzylinder-Benziner ja nicht gerade als Rakete bekannt. 875 Kubikmeter, verteilt auf zwei Zylinder, bedrängt von einem winzigen Turbolader sind gut für 85 PS und 145 Newtonmeter ab 1900 Umdrehungen. Das klingt zwar nicht nach viel, schiebt die 1125 kg schwere Fuhre in der Praxis aber rassig vorwärts.

Gewöhnungsbedürftig ist der Zweizylinderklang. Mitfahrende meinen gar, der Auspuff sei defekt. Andere sind überzeugt, es handle sich aufgrund des etwas rauen Geräuschs um einen Dieselmotor. Selbst technisch Interessierte zweifeln an der Downsizingidee, obwohl sie die Durchzugskraft und auch die Leistungsentfaltung des Motors durchaus beeindruckt. Nur wenige mögen den eigenwilligen Puffpuffsound. Man gewöhnt sich aber dran: Die Dame, die sich sonst mit der Laufkultur eines Deutschen Sportwagens umgibt, betont nach ein paar Fahrten schliesslich, wie spritzig der Panda durch den täglichen Verkehr komme. Dass er im Leerlauf etwas schüttelt, scheint nicht der Rede wert. Trotzdem, das aufs Armaturenbrett aufgesteckte Tom Tom-Navigationssystem nimmt man zum Programmieren besser aus der Halterung. Sonst vertippt man sich gern. Wer mit Britischen Motorrädern vertraut ist, hält es allerdings kaum für möglich, dass ein „Twin“, also ein gleichlaufender Zweizylindermotor, derart gesittet vor sich hinblubbert.

Beim Ampelstart dreht die TwinAir-Maschine rasch hoch und verteilt den Schub schön auf alle vier Räder. Durchschlüpfen bei dunkelorange oder Zwischensprints beim Spurwechsel erlaubt der Panda locker. Das ist auch dem kurzen ersten Gang zu verdanken. Trotz sechs Gängen senken sich die Kolben über 3500 Mal pro Minute bei Autobahntempo (ohne Allradantrieb: gut 3000 U/min). Die Gesamtübersetzung ist sehr kurz, wodurch der Panda seine Bärenkräfte auch bei langsamen Geländefahrten ausspielen kann. Nur bei sehr steilen Anfahrmanövern bringt auch der kurze erste Gang nicht mehr genug Vortrieb. Ein Untersetzungsgetriebe müsste her. Den Kompromiss zwischen Gelände und „zivilem“ Gebiet empfinden wir aber als gelungen. Beim Diesel, der nur über fünf Gänge verfügt, ist der erste Gang länger übersetzt. Das nagt an der Kupplung.


„Ist ja peinlich, kann der sein Bein nicht höher heben?“

Der kleine Bär bahnt sich seinen Weg über Hügel und durch schlammiges Gelände. Die schmalen Reifen greifen zuverlässig und krallen sich in den Dreck. Grenzen setzt die Bodenfreiheit, zuweilen kratzt es am Unterfahrschutz und an der Stossstange. Also immer schön links oder rechts vom Grat kraxeln. Wer das Gas ums Eck stehen lässt, wird vom ESP sanft eingebremst. Ist der Boden noch so rutschig, die Elektronik lässt keine Drifts zu. Auf der Strasse fehlte ohnehin der Schub dazu. Bei Autobahntempo rollt der 4×4 entspannt dahin und lässt Unterhaltungen in Normallautstärke zu. Spendierte man ihm einen Tempomat, ginge er mit seiner weichen Federung glatt auch für längere Strecken durch.

Den Normverbrauch gibt Fiat im Mix mit 4,9 Litern auf 100 Kilometer an. Unsere Messung steigt über die 7-Liter-Marke, wobei das für die schnellen Autobahnfahrten, Stadtsprints und Geländeübungen angemessen erscheint. Es macht einfach Spass, den Panda zu fordern. Mit ihm ist man unternehmenslustig und für Scherze bereit. Eine wichtige Zutat noch: 9,7m Wendekreis. Das schlägt Mittelklassewagen um gut zwei Meter und macht den Fiat mit der elektrischen Servolenkung und der erhöhten Sitzposition zum spielend dirigierbaren Stadthüpfer. Im Panda 4×4 überkommt einen dieses Freiheitsgefühl, das meist grossen, doppelt so schweren Allradlern angedichtet wird: Trottoirs, Schlechtwege oder Schnee, man muss es nicht so genau nehmen, der Panda unterstützt einen bei Abkürzungen, Parkplatzimprovisationen oder auf Wegen eben, die gar keine sind. Wie sein tierisches Vorbild ist auch dieses Automobil einzigartig: Kein zweites hat zwei Zylinder, sechs Gänge und vier angetriebene Räder. Der Panda 4×4 besetzt eine Lücke im Automarkt. Bleibt nur, mit den Zweizylinder-Vorurteilen aufzuräumen. Da erwartet Fiat wohl leider noch etwas Arbeit, obwohl der TwinAir Motor des Jahres war.
Unser Testwagen ist mit etwas über CHF 23000 angeschrieben und verfügt über die meisten Zutaten wie Klimaautomatik oder Freisprecheinrichtung. Die Beheizte Frontscheibe für CHF 200 dürfte Winterfahrern gefallen. Wäre jetzt schon Winter, wir hätten den Panda wohl gleich behalten. (Wobei nun erstmals auch Sommerreifen offiziell zugelassen sind…)