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zuendung

1. September 2013

Adam für Eve?

Opel | 0 Kommentare

Adam. Wetten, Sie haben das gerade falsch gelesen? Der neue kleine Opel heisst nämlich Ädm. Ob der Gründer der Marke Opel Freude an der Anglisierung seines Vornamens gehabt hätte? Immerhin würde er feststellen müssen, dass sein trendiger Namensvetter kein ganz gewöhnliches Modell ist, das mit einem etwas anderen Namen aufgepeppt wurde. Denn es ist kein […]

Adam. Wetten, Sie haben das gerade falsch gelesen? Der neue kleine Opel heisst nämlich Ädm. Ob der Gründer der Marke Opel Freude an der Anglisierung seines Vornamens gehabt hätte? Immerhin würde er feststellen müssen, dass sein trendiger Namensvetter kein ganz gewöhnliches Modell ist, das mit einem etwas anderen Namen aufgepeppt wurde. Denn es ist kein Zufall, dass die Bezeichnung des Kleinen nicht wie sonst bei den Rüsselsheimern üblich mit einem A endet. Er soll nicht einfach in eine Schublade gesteckt werden können. Klassenlos soll er sein. Bis jetzt haben das nur ganz wenige geschafft. Der Mini, der 500 und der Smart nämlich. Gelingt Opel ein Husarenstück dieser Art?

Um in die Klasse der Klassenlosen einzutreten, muss man in Sachen Individualisierung so einiges bieten. Bei Opel ist man sich dessen bewusst und hat mit Jam, Glam und Slam gleich drei neue Ausstattungslinien ersonnen. Sie bilden die Basis, um jeden Adam einzigartig werden zu lassen. Alleine beim Exterieur gibt es mit Aufklebern, farbigen Grillspangen und Lackierungen über 60'000 denkbare Kombinationen. Wie geniessbar diese Kombinationen sind, steht auf einem anderen Blatt. So kommt der Testwagen in einem Purple Fiction genannten Violett daher, wobei die an den Kultfilm angelehnte Bezeichnung noch das schönste ist. Übrigens gibt es auch Farben mit den Namen I'll be Black, Saturday White Fever oder James Blonde. Das Dach unseres Adam trägt die Farbe des Tanzfilms.

Die spezielle Farbwahl findet ihre Fortsetzung im Innenraum. Die an sich recht edle Lederausstattung (1150 Franken) wird durch die ebenfalls violette Farbe (120 Franken) nicht hübscher. Aber natürlich individueller, das geben wir gerne zu. Durchaus bekömmlich ist dagegen das Aussendesign an sich. Ein Opel wie kein Zweiter. Fröhlich blickt er in die Welt. Keck trägt er sein Dach "schwebend" auf dem Bleckkörper. Knackig stemmt er sein Hinterteil mit den hübschen Klarglasleuchten dem hinterher fahrenden Verkehr entgegen. Die runden Leuchteinheiten für Rückfahr- und Nebelscheinwerfer sind dann noch das freche i-Tüpfelchen auf einem gewagten Design. Keine Frage, rein optisch kann der Opel Adam absolut in der Liga der etwas anderen Kleinwagen mitspielen. Auch innen macht er einen modernen Eindruck, der durch eine überzeugende Verarbeitung noch weiter verstärkt wird. Der kleine Wagen will alles andere denn billig wirken.

Dazu passt der selbstbewusste Preis. Der Basispreis der getesteten Glam-Ausstattung liegt bei 20'950, wenn man sie mit der Top-Motorisierung mit 100 PS aus dem 1,4-Liter Vierzylinder kombinieren möchte. Dann sind bereits Klimaautomatik, Tempomat, Panoramaschiebedach und LED-Tagfahrlicht mit an Bord. Das Testexemplar hat neben der optionalen Lederausstattung ein farblich abgesetztes Dach (400.-), einen automatischen Parkassistenten (750.-), ein Navigationssystem (500.-) und eine Infinity-Soundanlage (600.-). Dazu kommen optische Kleinigkeiten wie LED-Rückleuchten oder farblich variierende Innenraumbeleuchtung. Die Zahl unten rechts? Über 26'000 Franken.

Das Navigationssystem wird erst mit einer App, die auf einem Mobiltelefon läuft voll funktionsfähig. Nur so wird ein derart günstiger Preis überhaupt erst möglich. Im Gegensatz zu grösseren Modellen arbeitet Opel im Adam mit einem Touchscreen anstelle der bekannten Knöpfchenflut. Das erweist sich in Kombination mit der Smartphone-Anbindung als Glücksfall. Auf Anhieb findet man sich im Userinterface zurecht. Dazu lässt das System auch die Nutzung der Apple-Sprachsteuerung Siri zu. Diese funktioniert dann aber in etwa genau so gut, wie auf dem iPhone. Also quasi gar nicht. Überzeugen konnte dagegen die Zielführung des Navigationssystems, die in Städten auch mit der akustischen Nennung von Strassennahmen auftrumpfen kann.

Auf den Trumpf, das Motorenprogramm um einen Diesel zu ergänzen verzichtet Opel bisher ganz. Wo andere auf moderne Turbotechnik zurückgreifen, stellt hier der 1,4 Liter Saugmotor die Topmotorisierung dar. Das maximale Drehmoment von 130 Newtonmeter wird erst bei 4000 Umdrehungen erreicht. Damit muss öfter im Fünfganggetriebe gerührt werden als einem lieb ist. Und sportlich ist dieser Antrieb natürlich auch nicht. Eher auf der sportiven Seite ist dafür die Fahrwerksabstimmung. Bei langsamer Fahrt noch etwas trocken, fährt der Adam auf flott genommenen Landstrassen richtig gut. Auch Lenkung und Bremse gefallen. Schade also, dass auf der Motorenseite momentan noch keine wirklich moderne Alternative bereitsteht.

6,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrannte der Adam im Test durchschnittlich. Das sind 1,4 Liter mehr als die Werksangabe verspricht. Angesichts des doch recht schwachen Temperaments drückt man im kleinen Opel gerne etwas stärker aufs Gas. Das erklärt den nicht sonderlich tiefen Verbrauch. Es ist zu hoffen, das die kommende Motorenoffensive von Opel hier Besserung bringt.

Denn der 3,7 Meter kurze Adam ist ein angenehmer Begleiter im Alltag, der sich optisch etwas traut und mit einem topaktuellen Infotainmentsystem überzeugen kann. Natürlich taugen die Rücksitze nur für Kinder. Natürlich ist der Kofferraum mit gerade einmal 170 Liter nicht eben gross. Natürlich ist er nicht wirklich günstig. Und natürlich wird ein Auto nicht alleine durch etwas spezieller benannte Farben zum absoluten Kultobjekt. Doch die Käuferinnen werden ihren Adam trotzdem lieben und rationale Argumente gegen ihn einfach mit viel Liebe abschmettern. Da man sogar einen Sternenhimmel mit kleinen LED-Lämpchen fast wie bei Rolls Royce in der Aufpreisliste findet, dürfte wirklich jeder Adam ganz individuell sein. Fragt sich nur noch, was Herr Opel dazu sagen würde. Oder war es Mister Opel?