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zuendung

13. Februar 2015

Ambitionierter 4×4

SsangYong | 0 Kommentare

Ambitionierter 4×4 zu vernünftigem Preis Der vor über vier Jahren auch in der Schweiz lancierte Korando entwickelt sich ganz erfreulich. Darum haben wir das Erfolgsmodell nach drei Jahren erneut einem Test unterzogen, aber diesmal mitten im tiefsten Winter. Auf die wechselvolle Geschichte der 1954 gegründeten SsangYong sind wir schon mehrfach und ausführlich eingegangen, z.B. hier: […]

Ambitionierter 4×4 zu vernünftigem Preis

Der vor über vier Jahren auch in der Schweiz lancierte Korando entwickelt sich ganz erfreulich. Darum haben wir das Erfolgsmodell nach drei Jahren erneut einem Test unterzogen, aber diesmal mitten im tiefsten Winter.

Auf die wechselvolle Geschichte der 1954 gegründeten SsangYong sind wir schon mehrfach und ausführlich eingegangen, z.B. hier: http://www.zuendung.ch/fahrberichte/text/?bericht_id=290&show_nav=true&ref=

Darum nur kurz aktualisiert: Der viertgrösste koreanische Autohersteller SsangYong (Zwillingsdrache) hat in einem leicht rückläufigen Markt 23,2% Verkaufszuwachs erzielt und an Marktanteil gewonnen. Die CO2-Limite konnte eingehalten werden.

Mehr als die Hälfte der Verkäufe entfallen auf den kompakten Crossover Korando, der Anfang 2011 in der Schweiz erschien und von SsangYong als «4. Generation» bezeichnet wird. Äusserlich sieht er ja gar nicht so viel anders aus, ist auch genau gleich lang und hoch wie vorher, aber effektiv ist der neue Korando doch ganz erheblich verändert und verbessert worden:

Die Front wurde modernisiert, schlankerer Kühlergrill, breiterer Lufteinlass, neue Scheinwerfer, LED-Tagfahrlicht sind da die Stichworte. Das Innenraumdesign wurde komplett überarbeitet, Softtouch-Materialien verbreiten einen Hauch von Luxus. Nun, das mögen Äusserlichkeiten sein. Die jetzt selbsttragende Karosserie, das verbesserte Fahrverhalten, Handling und die Fahrleistungen, sind schon spürbar, wie auch die 9.3% weniger Fahrgeräusche (98 dB im Leerlauf) und Vibrationen.

Auch die Ausstattung wurde dem Trend der Zeit angepasst. Neben allem, was schon lange Standard ist in modernen Autos, z.B.6 Airbags und dem ESP, elektronisch gesteuerten Kopfstützen (im Falle eines Heckaufpralls), verfügt der Korando auch über einen aktiven Überschlagschutz (ARP), einen Bremsassistenten (BAS) oder EBD-ABS, das die Bremskraft je nach Beladung und Anzahl Passagiere verteilt auf Vorder- und Hinterräder. Via Antischlupfregelung werden Motorleistung als auch Bremskraft gesteuert.

Trotz dem Image als «Günstig-Koreaner» darf der SsangYong Korando als sicherheitsmässig vorbildliches Auto bezeichnet werden, ja besser als manch teurerer Wagen anderer Provenienz.
Den Korando gibt’s in drei Ausstattungsvarianten, mit 2-Rad- und mit Allradantrieb, mit handgeschaltetem Benziner (149 PS, ab 23‘490 Franken), sowie zwei 2-Liter-Dieseln, einmal handgeschaltet mit 149 PS (ab 24‘190) und einmal mit 6-Gang-Automat mit 175 PS, mit dem auch unser Testwagen ausgestattet war.

Zum Testwagen
Das 4WD-Topmodell mit dem 175 PS-Diesel, 360 Nm Drehmoment (1500 – 2800 U/min) und 2‘400 Kg Anhängelast stand in der höchsten Ausstattungsvariante, Sapphire, zur Verfügung. Mit sehr viel Serienausstattung, angeführt seien hier nur ein paar in dieser Klasse nicht unbedingt selbstverständliche Dinge, wie Sitzheizung vorn und hinten, heizbares Lenkrad, teilbeheizte Frontscheibe, Lederpolster, 5 Jahre Garantie, 18“-LM-Felgen, und eine Vielzahl anderer Ausstattungen, die man in einem Auto, das auch als «günstig» wahrgenommen werden will, eher nicht erwartet, sind 34‘990 Franken auszugeben.
In unserem Fall kam noch die 6-Gang-Automatk dazu (2‘200), die Metalliclackierung Sunrise Red (750) und ein Luxuspaket (1‘000). Macht 38‘940 bis dahin. An Zubehör war die Rückfahrkamera eingebaut (526) und ein «Pioneer 6.1“ Multimedia- und Navigationssystem mit DAB+ und App Radio» für 2‘200 Franken. Die ebenfalls mitverrechnete abnehmbare Anhängerkupplung für 2‘100 Franken haben wir weder gesehen noch gesucht.
Jedenfalls stellte sich der Totalpreis des Testwagens auf 43‘766 Franken (ohne Anhängerkupplung auf 41‘666).
Das ist jetzt zwar doch einiges mehr als der Basispreis, aber angesichts der Fülle an Komfort- und Sicherheits-Ausstattungen ist der Preis, verglichen, mit Mitbewerbern, als günstig zu bezeichnen.

Wie ist er denn?
Diese Frage hört man am meisten von Passanten, entweder vor oder nach «Wiiie heisst der?» und «Ist das ein Chinese?». Aber immerhin fällt der Korando auf, nicht durch skurrile Karosserieformen wie frühere SsangYong-Modelle, sondern primär seiner von Giorgio Giugiaro entworfenen Linie wegen – und vielleicht auch etwas wegen seines schönen Metallicrot.
Schon der erste Korando sah ja nicht schlecht aus, aber die Facelifts haben trotzdem zu noch wertigerem Aussehen geführt.

Keyless wäre zwar auch irgendwie erhältlich, haben wir gelesen, der Test-Korando verfügt aber über eine normale Fernbedienung. Besser als früher: Der lange Schlüsselbart lässt sich nun einklappen und zerstört keine Jackentaschen mehr.
Dank elektrisch verstellbarem Sitz lässt sich gut eine bequeme Sitzstellung finden, sie stützen gut und geben vernünftig Halt. Auch die Rücksitzlehnen können übrigens verstellt werden in der Neigung. Weil das Auto für Skiferien verwendet wurde, konnte der Laderaum ausgiebig getestet werden. Die Literzahlen sind ja nicht gerade berauschend: 486 Lt. bei aufgestellten Rückenlehnen, 1‘312 Liter bei abgeklappten Lehnen sind Werte, die selbst einige Limousinen erreichen und eher wenig für Winterferien. Doch gingen zwei grosse Koffer längs und nebeneinander problemlos in den Laderaum, oben drauf weitere kleinere Koffer, auf den Seiten die Skischuhe, die Ski vor die Hintersitze, auch die Fototasche, der Laptop, … Da wäre noch viel hineingegangen!
Zwar ist die Ladekante etwas hoch, aber der Platz ist grösser als die Zahlen versprechen.

Der Motor springt auch bei eisiger Kälte problemlos an, nach wie vor nagelt der Diesel recht laut. Bei warmen Motor ist’s etwas besser, aber er bleibt immer gut hörbar, nicht nervend, aber hörbar. Die beim letzten Test bemängelte Anfahrschwäche haben wir nicht mehr festgestellt, er zieht von Anfang an und vermittelt genügend Vortrieb.

Kaum auf der Autobahn stellt sich das erste Kopfschütteln ein. Wer kam auf die Idee, den Tempomaten unten rechts des Lenkrades einzubauen? Für jedes Ein und Aus und für jede Veränderung muss die Hand vom Lenkrad genommen und da unten herumgefummelt werden.
Bei allem eingebauten Komfort und Luxus vermissen wir die Lichtautomatik. So darf man wieder nicht vergessen, vor jedem Tunnel – und davon hat’s mehr als genug, das Licht einzuschalten und nachher wieder auszuschalten. Das relativ helle LED-Tagfahrlicht genügt ja sonst vollauf.

Zuverlässig brummt der Korando durch die Schweiz, Österreich und Italien, bergauf und bergab und gewohnt, mit modernen Dieselfahrzeugen 1‘000 und mehr Kilometer fahren zu können, beschliessen wir, erst auf dem Heimweg dann vor Wiedereinfahrt in die Schweiz noch vom günstigen Eurokurs zu profitieren und in Österreich den Dieseltank aufzufüllen. Doch schon nach halber Distanz stellen wir einen sich sehr rasch leerenden Tank fest. Der Grund liegt darin, dass der Tank lediglich 57 Liter fasst und da Tankstellen in Italien etwas rarer sind als hierzulande, muss so alle 500 Km wieder aufgefüllt werden.
Zwar nennt SsangYong „amtliche“ 7.5 Liter als Verbrauch, doch im Winter, mit Winterreifen, beladen, mit Bergstrecken, sind die effektiven 8.4 Liter der ersten Etappe ein sehr guter Wert für den leer schon 1‘767 Kg wiegenden Korando.

Beim täglichen vom Hotel aus in die Skigebiete fahren erwies sich der Korando als zuverlässiger Bursche. Die schnell ansprechende Lenkradheizung und die effiziente Sitzheizung machten Freude bei -10°, durch die Scheiben herrschte rasch klare Sicht. Ein Keyless-System wäre nützlich, damit man am Schluss, wenn man abmarschbereit zum Skilift ist, nicht noch einmal in den Tiefen der Taschen den Autoschlüssel suchen muss.

An Tagen, an denen es nicht schön genug war, um Skifahren zu gehen, sind wir dann auch einmal talaufwärts und aufwärts und aufwärts gefahren, bis rundum alles nur noch weiss war. Schliesslich hatten wir einen Allradler, der mit Diff-Sperren auch problemlos weiterkäme, wenn man bei einem Ausweichmanöver mal in den weichen Tiefschnee geriete. Aber der Korando schafft das locker.
Gerade wegen der guten Geländetauglichkeit haben wir beim steilen Bergabfahren dann einen Bergabfahrassistenten vermisst, der das Auto selbständig auf einer tiefen Geschwindigkeit hielte. Die Bremserei auf glattem Untergrund bergab ist ja immer etwas heikel.

Ausser im D, also alle Schaltvorgänge automatisch, kann in aussergewöhnlichen Situationen, steil bergauf oder bergab etc., auch manuell geschaltet werden, entweder am Lenkrad mittels Drucktasten links und rechts oder am Schalthebel durch simples vorwärts drücken oder nach hinten ziehen eines kleinen Knöpfchens. Gut, in aller Regel braucht man das nicht, aber gut, dass es möglich ist, wenn man’s denn mal braucht.

Mittels einer Art Elchtest haben wir auch ESP und Fahrwerk getestet: Als sich auf einer österreichischen Autobahn einem ebenfalls auf der Überholspur vorausfahrenden SUV (mit CH-Schildern) vom Dach eine 10 cm dicke und einen halben Quadratmeter grosse Eis-/Schneeplatte löste und auf den Korando zu segelte, half blitzschnelles Ausweichen und wieder Zurücklenken einen Crash zu vermeiden. Wie könnte man die Wirksamkeit von Systemen besser beurteilen als durch das Anwenden im Notfall?

Ein Fall für sich ist das eingangs erwähnte «Pioneer 6.1“ Multimedia- und Navigationssystem mit DAB+ und App Radio», für das stolze 2‘200 Franken hinzublättern sind. Man soll ja bei einer Kritik immer mit etwas Positivem beginnen, nur fällt uns dazu eben so gar nichts ein. Doch etwas: Es ist gar kein DAB+-Radio, sondern ein ganz gewöhnliches UKW-Radio. Gut ist das deshalb, weil es für DAB+ im Auto noch zu früh ist. Das funktioniert entlang der Hauptrouten, nicht aber in Seitentälern (ausprobiert in einem Auto einer andern Marke, das tatsächlich ein DAB+-Radio hatte) und auch nicht in den in der Schweiz doch sehr häufigen Tunnels. Dafür dass seit Jahren DAB propagiert wird, haben die zuständigen Behörden bei Bund und Kantonen herzlich wenig unternommen, damit, nachdem es jetzt endlich in fast allen Tunnels UKW-Empfang gibt, auch mit DAB+ – Radios Nachrichten empfangen werden können. Aber: Man hat für ein DAB+ – Radio bezahlt, aber keins bekommen.
Das Radio funktioniert sonst vernünftig, diese Technik ist ja auch altbewährt.

Am Pioneer-System sind die Tasten links allerdings eher für Mäusepfötchen dimensioniert und die Symbole meistens unverständlich. (Wer auf Radio schalten will, muss «Mode» drücken, wer ein Nav-Ziel eingeben will, auf vier Quadrätchen, …)

Ein Navigationsgerät muss selbst erklärend sein. Das sind diese Geräte auch in 95% und mehr Fällen. Nicht so bei Pioneer. Wenn man mal per Zufall die Seite gefunden hat, auf der man ein neues Ziel eingeben kann, geht das nicht. Warum? Dass man während der Fahrt keine Eingaben machen kann, ist ja noch einigermassen verständlich, obwohl es Beifahrer gäbe, die gerne am Navi rumfummeln. Aber dass man weder mit laufendem noch mit abgestelltem Motor und dem Schalthebel auf «P» eine Adresse eingeben kann? Ja gopf… Ein befreundeter Automechaniker mit einschlägiger Erfahrung mit Pioneer-Geräten hat die rettende Idee: Die Handbremse muss auch noch angezogen sein (!), damit ein Ziel eingegeben werden kann. Wer kommt denn auf solch kranke Ideen?
Im Navi-Display würde die korrekte Geschwindigkeit angegeben. Aber das tut das Pioneer-Navi in den seltensten Fällen. Abgesehen davon, dass es nur mit sehr viel Verspätung reagiert auf veränderte Geschwindigkeit, zeigt es oft völlig absurde Anzeigen. 10 Km/h zu wenig oder 30 Km/h zu viel, mal so und mal so.
Wir können den Kauf dieser 2‘200 teuren Pioneer-Anlage nun wirklich nicht empfehlen.

Fassen wir zusammen

SsangYong hat den Korando noch einmal verbessert. Der formschöne, von Giorgio Giugiaro designte, kleine Crossover/SUV (4.41m x 1.71m) liegt nach wie vor voll im Trend. Die serienmässige Ausstattung ist bereits sehr gut, könnte aber für wohl sehr wenig Geld noch aktualisiert werden mit ein paar Assistenten (Bergabfahr, Lichtautomatik, Keyless, …).
Die hohe Anhängelast (2‘400 kg) ist ein Pluspunkt, aber halt nur, wenn man ein Pferd, ein Boot oder einen Wohnwagen umherschleppen will oder muss.
Die Verarbeitung des ganzen Autos ist von guter Qualität und dieses vermittelt auch einen sicheren Eindruck. Die Qualität von Fahrwerk und ESP haben wir ja, wie erwähnt, einem Praxistest unterzogen.

Die Sitzposition ist bequem und auf der Fahrerseite elektrisch einstellbar, die Rücksitze sind selbst mit einem Finger abklappbar und ergeben eine flache Ladefläche. Die Ladekante ist allerdings relativ hoch. Der Kofferraum erweist sich in der Praxis als grösser als die Zahlen versprechen.

Der Tempomat unten rechts hinter dem Lenkrad ist falsch platziert. Ganz und gar nicht zufrieden waren wir mit dem Pioneer-Radio/Navi für 2‘200 Franken. Es ist nicht nur unmöglich in der Bedienung, es liefert auch falsche Angaben.

Der SsangYong-Dieselmotor ist kraftvoll, aber kein Leisetreter. Die offiziell 7.5 Liter Verbrauch (199 g/Km CO2) sind relativ hoch und in der Praxis nicht erreichbar, jedenfalls nicht im Winter, mit Winterreifen, vielen Kaltstarts, beladen, … eben so, wie man ein allradgetriebenes Auto einsetzt.
Unser Testverbrauch über die gesamten rund 1‘600 Km, mit sehr viel ruhiger Autobahnfahrt, aber auch mit vielen Bergstrecken, belief sich auf 9.08 Liter. Minimal massen wir 8.41 lt. und maximal 9.57 Liter. Im Sommer sind bei längeren Fahrten wohl 8 Liter gut erreichbar.

Unter dem Strich ist und bleibt der Korando aber ein empfehlenswertes Auto und man fragt sich, warum nicht mehr Leute den trendigen und preiswerten SUV anschaffen.
Die TCO der SsangYong und speziell des Korando sind uns leider nicht bekannt. Dem Vernehmen nach sollen die Ersatzteilpreise relativ hoch sein. Für die Autokosten ist ja nicht nur der Anschaffungspreis wichtig, sondern auch Unterhalt und Reparaturen.

Aber sparen kann man auch, indem man ein Sondermodell kauft: SsangYong hat zum 60-jährigen Bestehen die «Sixty Edition» aufgelegt, (nur) mit dem sparsamen 149 PS-Diesel erhältlich, auf dem Topmodell Sapphire aufbauend, in edlem Dunkelblau Metallic und mit beigen Lederpolstern, mit Allrad und 6-Gang-Schaltung für unter 30‘000 Franken!

Heiny Volkart, VOLKARTpress
Januar 2015