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zuendung

1. Februar 2008

Auto emoción in der Kompaktklasse?

Seat | 0 Kommentare

Seat Leon 2.0 TDI DPF DSG – ja das ist sein voller Name. Das "DPF" wird man hoffentlich bald weglassen können, weil es selbstverständlich ist, dass heutige Diesel mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind. Schliesslich kurvt auch kein neues Auto mit riesigen "Katalysator"- oder "Airbag"-Stickern 'rum. Der Seat Leon ist also ein modernes Auto. Und er […]

Seat Leon 2.0 TDI DPF DSG – ja das ist sein voller Name. Das "DPF" wird man hoffentlich bald weglassen können, weil es selbstverständlich ist, dass heutige Diesel mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind. Schliesslich kurvt auch kein neues Auto mit riesigen "Katalysator"- oder "Airbag"-Stickern 'rum. Der Seat Leon ist also ein modernes Auto. Und er sieht im Vergleich zu seinem Organspender VW Golf V auch wirklich so aus. Im Gegensatz zum Dauerbrenner aus Wolfsburg hatte er diesbezüglich einen entscheidenden Vorteil: Walter de'Silva kümmerte sich zu jener Zeit um das Styling von Seat und kreierte jenes Design, das die spanische Marke heute von anderen unterscheidet. Mag es im Falle von Toldeo oder Altea recht gewöhnungsbedürftig daherkommen, ist die Erscheinung des Leon auf jeden Fall als gelungen zu bezeichnen.

Die Front mit grossem Seat-S und aufgeweckt guckenden Scheinwerfern ist sehr eigenständig. Von der Seite ist die geduckte Form gut wahrnehmbar, ausserdem fällt der nach hinten abfallende Blechfalz auf, der wohl Dynamik symbolisieren soll. Von hinten dann ein bekanntes Bild: Die Mandelrückleuchten kennen wir in sehr ähnlicher Form bereits vom Alfa Romeo 147. Und wer war dessen Designer?

Im Interieur ist es dann vorbei mit den Alfa-Ähnlichkeiten. Eine nicht gerade appetitanregende Wüste aus grauem und noch ein bisschen grauerem Kunststoff empfängt mich. Immerhin hat sich ein bisschen Rot auf die im Sportpaket enthaltenen Sitze verirrt. Diese sind höhenverstellbar, müssen sie auch sein, denn: Die weit nach oben gezogene Schnauze des Leon offenbart nicht gerade eine überragende Übersichtlichkeit nach vorne. Nach hinten geschaut gereicht ihm die eingezogene Dachpartie ebenfalls zum Nachteil. Um die Sache mit der Aussicht noch ein bisschen schlimmer zu machen, haben die Seat-Ingenieure zu allem Übel auch noch zu kleine Rückspiegel installiert.

Dann wollen wir das spanische, nein deutsche Herz mal wecken. Obwohl immer noch die inzwischen veraltete Pumpe-Düse-Technik nutzend, nervt der Zweiliter nicht mit übertriebenem Genagel. Im Stadtgetümmel bin ich froh, ein Direktschaltgetrieben an Bord zu haben. Dessen Automatikfunktion ermöglicht stressfreies Mitschwimmen im kriechenden City-Verkehr. Was ist denn jetzt mit auto emotión und so? Das proklamierte Seat-Feeling mit rassigen Südländerinnen, scharfen Gewürzen und einer gehörigen Portion Machismo will nicht so recht aufkommen. Dafür ist neben dem trüben Wetter und der grauen Farbmischung am ganzen Auto auch der erwähnte zähflüssige Verkehr schuld. Also raus aus der Stadt, ein wenig in die besser besonnte Höhe.

Und siehe da: Kaum habe ich freie Bahn, wandert der Schaltstock des DSG in die S-Position, die mich von da an mit dem passenden Drehmoment den Berg hinauf kurven lässt. Trotz "nur" 140 PS kommt nie das Gefühl auf, man sitze in einem eierschalefarbenen Fiat Ducato Wohnmobil am Gotthardpass und halbe hinter sich kilometerlang fluchende Autofahrer. Statt auf zornige Automobilisten treffe ich auf Wandererinnen älteren Jahrgangs, die mich einigermassen wild gestikulierend aufhalten. Ob ich wohl doch zu schnell war? Ob sie das Quietschen der doch reichlich überforderten Vorderräder so weit oben gehört haben? Oder handelt es sich einfach um militante Autogegnerinnen, die generell keine Brennstoffschlucker auf Nebenstrassen sehen wollen? Alles total daneben. Die angegrauten Damen möchten mit mir ins Tal fahren, weil sie den Busfahrplan falsch gelesen haben. Natürlich habe ich da nichts gegen, doch kläre ich sie auf, dass ich zuerst noch ein bisschen nach oben fahren möchte.

Die zwei Autostöppler kommen gerne mit zurück an die Sonne. Nachdem sich der Sitz auch einem entschlossenen Zerren nicht beugen möchte, weise ich die eine Frau darauf hin, dass es hinten sehr wohl eine Türe habe. Ganz erstaunt bewegt sie sich nach hinten und findet nach einem kurzen Orientierungsproblem (Tankklappe) spontan den versteckten Türgriff. Endlich im strahlenden Sonnenschein badend erkenne ich, dass der Leon in der Farbe Zenith-Grau eben doch recht knackig ausschaut. Trotzdem sähe ich lieber mehr Seat in den spanischen Farben Emoción Rot und Crono Gelb, oder vielleicht in Weiss? Ach so, die Damen, langsam sollte ich also die Abfahrt beginnen. Da sie sich weiter nicht für das Auto zu interessieren scheinen, sage ich ihnen auch nicht, dass so ein Seat Leon mal eben 1600.- CHF weniger kostet als ein gleich starker Golf. Und dann sind die 1200.- Franken teuren hinteren Türen noch nicht einmal eingerechnet. Dabei habe ich die Ausstattung nicht genau betrachtet, gehe aber davon aus, dass der Seat sogar noch die bessere Serienausstattung mitbringt.

Trotz Sportfahrwerk bedanken sich die Ladies für die bequeme Talfahrt. Tatsächlich ist Seat ein guter Kompromiss geglückt. Dass der Leon mit 36'000.- CHF nicht gerade ein Sonderangebot darstellt ist klar. Vergleicht man ihn aber mit den konzerninternen Geschwistern sieht es bereits viel besser für den Spanier aus. Das hübsche Design verursacht praktisch keine Funktionsschwächen. Auch der Kofferraum kann mit den Klassenkameraden mithalten. Der Motor und das Getriebe bilden eine stimmige und durchaus sportliche Kombination. Wählt man noch das Sportpaket und eine etwas fröhlichere Farbe als Zenith-Grau, so wird der Leon tatsächlich dem Werbespruch gerecht: Auto emoci ón in der Kompaktklasse.