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zuendung

10. Mai 2012

Bär oder Bärchen?

Fiat | 0 Kommentare

Als ich die ersten Bilder des neuen Fiat Panda im Internet sah, war ich erst einmal enttäuscht. Viel zu ähnlich wie die zweite Generation, und dazu einiges breiter, was ihn gerade für die engen italienischen Gässchen doch sicher unpraktischer machen sollte. Ist aus dem lustigen und doch praktischen Bärchen etwa ein plumper Bär geworden? Doch […]

Als ich die ersten Bilder des neuen Fiat Panda im Internet sah, war ich erst einmal enttäuscht. Viel zu ähnlich wie die zweite Generation, und dazu einiges breiter, was ihn gerade für die engen italienischen Gässchen doch sicher unpraktischer machen sollte. Ist aus dem lustigen und doch praktischen Bärchen etwa ein plumper Bär geworden?

Doch dann kam mein erstes Treffen mit dem neuen fünftürigen Kleinwagen. Treuherzig schaut er Dir in die Augen, und auf einmal sind alle Vorurteile wie weggeblasen. Ja, den muss man einfach mögen. Bei einem so knuffigen Wägelchen auf Fehlersuche zu gehen dürfte auch dem gestandensten Tester noch schwer fallen. Deshalb habe ich mir Hilfe geholt.


Keck: Dieses Gesicht muss man einfach mögen, oder?

Zunächst wollte ich von einer ehemaligen Panda-Fahrerin wissen, was sie denn so vom Neuen halten würde. Sie selbst hat in den 1980er Jahren einen Ur-Panda pilotiert, den sie nur liebevoll Scheisserchen nannte. In der Neuauflage will sie nur auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, von wo aus sie ihm eine überraschende zügige Beschleunigung attestiert. Tatsächlich liegen ab 1500 Umdrehungen "bärige" 190 Newtonmeter an, die im Alltag gerade richtig kommen, um sich auch mal einen Überholvorgang zuzutrauen. Weiter schwelgt meine Mitfahrerin im zweifarbigen Interieur. Davon verstünden sie halt was, die Italiener. Es ist wahr, hier lässt sich's leben. Keine dröge graue Kunststofflandschaft empfängt die Passagiere, sondern eine beige-schwarze Kombination, die durchaus einladend wirkt. Das sei kein Vergleich mehr zu ihrer tollen Kiste von damals. Auch da hat sie natürlich vollkommen recht.


Quadratisch und rund: Wie viel runde Quadrate man im Panda wohl versteckt hat?

Als Nächstes fährt ein ehemaliger Panda 2 Besitzer mit dem roten Testwagen. Inzwischen hat er den in Polen gebauten Allradler im Försterdesign durch einen (natürlich ebenfalls italienischen) Mittelklassekombi eingetauscht. Doch schon nach wenigen Metern scheint die alte Liebe zurück zu sein. "Halt schon ein tolles Wägelchen", entfährt es ihm. Und als er damit quasi auf einem Bierdeckel wendet (Wendekreis 9,3 m) ist es endgültig um ihn geschehen. Seinem Dauergrinsen ist zu entnehmen, dass er im Innern noch immer ein Panda-Fahrer ist.


Breiter: Die 6 zusätzlichen Zentimeter lassen den neuen Panda stämmiger auf der Strasse stehen.

Mein dritter Co-Tester überlegt sich die Anschaffung eines Gas-Pandas, der wohl 2013 erscheinen dürfte. Schon beim Einsteigen wundert er sich, "der ist aber breit." Tatsächlich ist der Neuling 62 Millimeter breiter geworden. Mit 1641 Millimeter ist er übrigens genau um einen schmaler als der VW Up. Damit sollte die früher geäusserte Sorge um die italienischen Gassendurchfahrten doch eigentlich beseitigt sein. Dem Bald-Panda-Fahrer war das Interieur und überhaupt der ganze Auftritt schon eine Spur zu erwachsen. Verständlich, wenn man einen Blick in die Preisliste wirft. Das gefahrene Exemplar schlägt mit nicht eben winzigen 24'520 CHF zu Buche.

Natürlich handelt es sich bei so einem Pressewagen um die Topausstattung "Lounge", die zudem mit den Packs Style, Klima, Techno und ein paar anderen Zutaten aufgerüstet wurde. Was das Total gegenüber dem Grundpreis von 21'250 nochmals um über 3000 Franken in die Höhe schnellen lässt. Somit ist man dem, was unter einem Einsteigerfahrzeug für Fahranfänger zu verstehen wäre doch ein Stück enteilt. Doch muss man auch die für ein Auto dieser Grösse sehr gute Ausstattung in Betracht ziehen. So ist zum Beispiel eine beheizbare Frontscheibe verbaut – ein bei Laternenparkern sehr beliebtes Extra. Das Navi weist kompetent den Weg und auch die Bluetooth-Schnittstelle funktioniert bestens. Dagegen sind die hinteren Parksensoren (250.-) bei einem Wagen dieser Kürze eher Luxus.


Detailversessen: Nur wer genau hinschaut entdeckt die verstreuten Panda-Buchstaben im Hartplastik.

Und dann ist da natürlich der 1,3 Liter Multijet Dieselmotor aus GM-Allianz-Zeiten, der über eine Stopp-Start-Automatik verfügt und somit sparsamer geworden sein sollte. Doch funktioniert das auch im Alltag? Ohne es lange spannend zu machen: Ja! Nach einer kurzen Warmlaufphase stellt sich der Dieselmotor beim Anhalten ab. Wer schon früher den Gang raus nimmt, wird feststellen, dass die Maschine sogar noch im Rollen ausgeht. Im Test erreichte der Panda einen Durchschnittsverbrauch von 4,8 Liter. Damit liegt er (natürlich) über dem unrealistischen Laborwert von 3,9 Liter. Dennoch ist der Fünfplätzer mit diesem Wert ausreichend sparsam. Und wer den Italienier sportlich durch die Kurven scheuchen will, wird durch die starke aber nicht unsichere Untersteuerneigung ohnehin bald eingebremst. In der Praxis dürften die meisten Diesel-Pandas also ziemlich ökonomisch unterwegs sein.


Ökonomisch: Wie viel mehr Parkplätze möglich würden, wären alle Autos so kurz…

Zugegeben, so richtig neutral waren meine Helfer nicht. Aber das ist im Bezug auf den Panda irgendwie keiner. Warum auch. Es ist ja nicht verboten, dem italienischen Charme zu erliegen, zumal auch der Neue einige praktische Talente mitbringt. Er bleibt angenehm klein, ohne dadurch auch innen winzig zu sein. Er bleibt brav sparsam, ohne dadurch schlapp oder zu langsam zu wirken. Er bleibt einigermassen bezahlbar, ohne auf heute erwartete Annehmlichkeiten zu verzichten. Details wie die Buchstaben des Wortes "Panda" im Hartplastik oder die immer wieder auftauchende Form des abgerundeten Quadrats zeugen davon, das schon die Entwickler einigen Spass mit diesem Wägelchen hatten. Kurz: Ein witziger Kleinwagen, der das Erbe der "tollen Kiste" in Ehren trägt.