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zuendung

31. Januar 2005

Some things never change

BMW | 0 Kommentare

Vier Auspuffrohre und zierliche "Kiemen" in den vorderen Kotflügeln könnten auch nachträglich angefügt werden. Dunkle Scheiben, zigarettenhohe Bodenfreiheit und weitere Basteleien wären bei einem älteren BMW ohnehin angebracht, um Omas zu erschrecken. Das schlechte Image kaufte man beim M3 Coupé aber bereits ab Werk: Schwarz, Spoiler und lauter Sound. Vor Basteleien ist zumindest das Probefahrauto […]

Vier Auspuffrohre und zierliche "Kiemen" in den vorderen Kotflügeln könnten auch nachträglich angefügt werden. Dunkle Scheiben, zigarettenhohe Bodenfreiheit und weitere Basteleien wären bei einem älteren BMW ohnehin angebracht, um Omas zu erschrecken. Das schlechte Image kaufte man beim M3 Coupé aber bereits ab Werk: Schwarz, Spoiler und lauter Sound. Vor Basteleien ist zumindest das Probefahrauto verschont geblieben. Es ist auch nach sechs Jahren mit etwas über 30'000 Franken noch zu teuer für Bastler und – leider auch für mich.

Dennoch, mangelndes Kaufinteresse schützt auch den liebsten BMW-Händler nicht vor einer ausgedehnter Probefahrt. Spontan springt der Fachmann zum Sportcoupé, dessen Form 50-fach verkleinert auch einem Bügeleisen gut anstehen würde, und montiert die U-Schilder. Er informiert über die Daten: 321 PS, 3,2 Liter Hubraum, sechs Zylinder – jaja, ich bin ja nicht umsonst hier. Ich setze mein ganzes Gewicht auf das Kupplungspedal und stemme den ersten Gang rein. Wir fahren los. Mister BMW ermahnt mich zu sorgfältiger Gangart, solange das Motorenöl noch kalt. Die Lenkung geht streng, das Gas braucht Kraft und die straffe Aufhängung prügelt einen ins dünne Lederpolster. Genau richtig. Ein bisschen LkW-Feeling, dafür umso direkter. Auto, sprich mit mir! Der Amerika-Bayer gehorcht auf jeden Hieb und das Öl wird wärmer. Das erste Vertrauen wird aufgebaut, der BMW liegt gut in der Hand und der Händler löst seine Hände von den Haltegriffen. Zeit, um die Schleusen etwas zu öffnen. Jeder Zylinder atmet durch eine separate Drosselklappe, daher das harte Gaspedal. Und wie sie atmen, wenn man sie lässt: "Sie können ruhig mal Gas geben", plappert der junge Mann im Beifahrersitz leichtsinnig daher.

Wie gewünscht, kitzelt die Flunder bald am Begrenzer. Und übrigens egal in welchem Gang, souveräne Drifts erfreuen das Pilotenherz. Das Sechserpack spielt seine Muskeln aus und lockt mit freudigem Klang in den oberen Drehzahlregionen. Erst bei 7000 U/min ist Schluss, doch bei einem derartig knackigem Gangwechsel wünscht man sich das Ende der Fahnenstange früher herbei. Runterschalten mit Zwischengas lässt den Sechser ebenso giftig aufheulen, nur um gleich wieder voll reinzubeissen. Ein Pläsierchen für den Kenner, eine potentielle Finanzspritze für Papa Staat und seine Leute in Uniform.

Im Alltag ginge es im Schuhlöffelcockpit eng zu und her. Die Idee mit der Ladeklappe am Coupé klingt zwar verlockend, bietet aber wenig. Zumal nur zwei Plätze zur Verfügung stehen, und im Kofferraum nur Platz für wenig bleibt – den Labrador bräuchte man vor dem Transport erst zu schrumpfen – verzichte wir hier zugunsten des fahrdynamischen Pfeffers und des scharfen Profils auf das Laderaumargument und Co. Das M3 Coupé verschlingt den Sportfahrer und genauso sein Taschengeld. Viel Power und griffige Strassenlage fordern einen lieben Onkel mit Pneuhaus und Tankstelle und am besten einer BMW-Werkstatt. Wer weiss wie lange die Mechanik des einst schwächlichen Vierzylinder (James Bond!) Z3 Roadsters den harten Driftalltag mitmacht. Lösungsvorschläge: a) Sofort kaufen, Spass haben und viel Geld locker machen (woher die Kraft?). b) Kaufen, Fahrweise mässigen und sparen (Pfui!). c) Vierzylinder Roadster kaufen (igitt) oder d) dem BMW-Mann herzlich für die heisse Probefahrt danken, ihm eine Visitenkarte abnehmen und nie anrufen.