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zuendung

15. Juli 2005

BMW.Williams mit Platz für fünf

BMW | 0 Kommentare

Zündung ein, SMG-Schalthebel in "N", Zündschlüssel drehen und es surrt. Es bollert kein V8, es pfeifft kein Turbo, es keucht kein Kompressor. Unter der Haube läuft ein V10 mit genau 4999 Kubikzentimetern und noch genaueren 507 PS. 507? Genau, eine Reminiszenz an den seligen Graf Goertz Roadster. V10? Genau, so wie in der Formel 1. […]

Zündung ein, SMG-Schalthebel in "N", Zündschlüssel drehen und es surrt. Es bollert kein V8, es pfeifft kein Turbo, es keucht kein Kompressor. Unter der Haube läuft ein V10 mit genau 4999 Kubikzentimetern und noch genaueren 507 PS. 507? Genau, eine Reminiszenz an den seligen Graf Goertz Roadster. V10? Genau, so wie in der Formel 1. Trefflicherweise ist unser Testexemplar im Farbton "Silverstone Grau" eingekleidet. Nur die Rückspiegel tragen komischerweise einen schwarzen Schleier, was gelinde gesagt nicht so toll aussieht. Ansonsten ist die Aussenhaut aber mehr als geglückt. Die Bangle-Form wurde frontseitig mit einem riesigen Lufteinlass versportlicht, seitlich zeugt das M-Motorenentlüftungsgitterchen vom bösen Aggregat und am Heck leuchten einem vier Auspuffrohre entgegen. Und dann sind da diese fantastischen 19-Zöller, hinten mit 285er Schlappen. Wow.


Dynamisch: Die M5-Frontpartie ohne Nebelscheinwerfer zwecks Vergrösserung des Lufteinlasses.

Innen wird man von einer Mischung aus Leder und Alu empfangen. Allerdings ist auch noch eine ganze Menge (hochwertiger) Kunststoff verbaut. Die Sitze passen und schmeicheln mit anlegbaren Wangen. Alle wesentlichen Einstellungen können direkt über die wenigen Knöpfe getätigt werden. Für alles andere gibt es iDrive. iDrive ist vielleicht nicht gerade ein fahrender Apple Computer, stellt aber doch eine massive Verbesserung der Übersichtlichkeit und der Bedienbarkeit der unzähligen Features dar. Drehzahl, Geschwindigkeit und Ganganzeige werden zudem durch das sehr gut ablesbare Headupdisplay direkt in der Frontscheibe dargestellt. Der winzige SMG-Schaltknauf fristet ein trauriges Dasein, Gangwechsel werden nämlich bevorzugt am Lenkrad getätigt.


Armer Knauf: Die "echte" Schaltung sitzt am Lenkrad

Hier sitzt sowieso die grösste Schwäche dieses beindruckenden Automobils. Das 7-Gang-SMG-Getriebe ist technisch sicher genial, im alltäglichen Automatikbetrieb versagt es aber trotzdem. Zu sprunghaft schaltet es rauf, zu lange muss man auf den Kickdown warten, zu lange bleibt es nachher im tiefen Gang. Da vergisst man glatt das rattenscharfe Zwischengas beim automatischen Runterschalten. "Rührt" man aber manuell im sequentiellen Zahnrädchendschungel, macht das Auto so richtig Spass. Wenn man dann noch die "Power"-Taste drückt (erst dann stehen die vollen 507 PS zur Verfügung), die Gangwechselgeschwindigkeit auf die schnellste Stufe stellt und das Fahrwerk von Komfort auf Sport umschaltet… kann der M5 zur echten Droge werden.


Auch das Gitterchen erinnert entfernt an den 507

Also trotz iDrive ein Knöpfchenkrieg während der Fahrt? Mitnichten, schliesslich wählt man die Einstellungen am besten vor der Fahrt und lässt es dann knallen oder eben nicht. In der erwähnten Sporteinstellung wir der M5 zum echten Fahrerauto. Die Lenkung lässt etwas Gefühl vermissen, verfügt aber über eine Präzision, wie man sie in Stuttgart nur vom Hörensagen kennt. Die Schwaben haben dem Bayer sowieso nichts ähnliches entgegenzusetzen, da es sich hier um einen Sportwagen mit fünf Plätzen handelt. Sportlich müssen auch die Beifahrer sein, sie werden teilweise arg durchgeschüttelt. Wer ohne Gurt hinten sitzt, wird sich bei einer Vollbremsung mit der Frontscheibe anfreunden müssen. Die Bremse ist hart, aber ehrlich. So muss das sein.


Der Spruch ist uralt, aber so werden wir ihn wohl wirklich meistens sehen.

Aber was ist nun mit dem Motor? Der dreht nach der Warmlaufphase äusserst willig in Richtung rot. Selbst bei Höchstdrehzahl macht der Zehnzylinder leider keine schöne Musik, eher metallischen Lärm. Egal, kurz am rechten Paddel gezogen und der nächste Gang wird regelrecht reingekickt. Trotz 1830 Kilo auf den Rippen, beschleunigt die M-Fuhre in 4,7 Sekunden auf Tempo 100. Nicht brutal, sondern in beeindruckender Kontinuität geht's bis 330, sagt jedenfalls der Tacho. In Wirklichkeit wird der Vorwärtsdrang natürlich bei 250 km/h elektronisch eingebremst. Allerdings muss man nicht rasen, der M5 ist ja auch "eine ganze Limousine" wie der Prospekt etwas übertreibend festhält. Fünf oder besser vier Personen sitzen äusserst bequem und können einiges an Gepäck mitnehmen. Auch die Cupholder und andere Ablagen wurden nicht vergessen. Der Kofferraum lässt sich (gegen Aufpreis natürlich) mittels umlegbaren Sitzlehnen erweitern.


So schlecht war dieser Chris Bangle wohl doch nicht, oder?

Ein grossartiges Auto, keine Frage, aber halt nur ein Auto. Gerne möchte er ganz Sportwagen und ganz Limousine sein. Schliesslich musste in Kompromiss gefunden werden. Dieser wurde beim M5 deutlich mehr in Richtung Sportwagen gewählt. Platz für fünf, diverse Komfortfeatures, ein grosser, variabler Kofferaum können nicht über das überaus sportliche Konzept hinwegtäuschen. Selbst im komfortabelsten Fahrwerksmodus ist man deutlich härter unterwegs als ein E55 AMG. Neben der Optik können die sensationell kontinuierliche Leistungsentfaltung, die Lenkung und die Bremsen voll überzeugen. Und der Fahrer kriegt trotz V10-Surren die volle Ladung Glückshormone. Freude am Fahren eben.