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zuendung

22. Januar 2014

Der Grosse mit dem Kleinen

Fiat | 0 Kommentare

Fiat-Kunden kennen das aus Erfahrung: Die Kopplung eines Handys mit dem mit Microsoft zusammen entwickelten Blue&Me erfordert das Einfühlungsvermögen eines Schulpsychologen. Und wenn das Verbinden dann doch klappt, erreicht die Sprachqualität nicht selten nur knapp jene eines Wählscheibentelefons aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Doch hier kommt die frohe Kunde: Aus der Übernahme von Chrysler […]

Fiat-Kunden kennen das aus Erfahrung: Die Kopplung eines Handys mit dem mit Microsoft zusammen entwickelten Blue&Me erfordert das Einfühlungsvermögen eines Schulpsychologen. Und wenn das Verbinden dann doch klappt, erreicht die Sprachqualität nicht selten nur knapp jene eines Wählscheibentelefons aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Doch hier kommt die frohe Kunde: Aus der Übernahme von Chrysler findet das durchaus überzeugende UConnect Multimediasystem den Weg in die Fiat-Modelle. Als erster profitiert davon der 500L, den wir mit dem TwinAir-Motörchen testen.

Gerade einmal 875 Kubikzentimeter verteilt der Turbomotor auf zwei Zylinder. In der hier verbauten Version bringt er es auf 105 PS. Während die Leistung erstaunlich hoch ist, erscheint das Drehmoment von 145 Newtonmeter ziemlich bescheiden. Es ist identisch mit jenem der 85-PS-Version des gleichen Aggregats. Also lasse ich den charakteristischen, fast dieselmässigen Klang erklingen. Dazu ist übrigens noch ein klassischer Dreh am Zündschlüssel vonnöten.


Klein: Die Grösse des 500L ist nur relativ.

Tatsächlich ist eine spürbare Anfahrschwäche vorhanden, die insbesondere beim Losfahren am Hang zur Qual werden kann. Nicht selten kommt man nur mit schleifender Kupplung von der Stelle. Dabei ist der 500L mit 1260 kg Leergewicht nicht einmal über die Massen schwer geworden. Hat man einmal Schwung aufgenommen, kommt man auch mit dem Winzling unter der Motorhaube durchaus befriedigend voran. Das wie im Diesel, den wir in der Trekking-Variante testen durften, lange übersetzte Getriebe zwingt bei Berfgaufpassagen zum Runterschalten. Obwohl es sich ebenfalls um eine Sechsgang-Einheit handelt, ist es nicht identisch mit dem des 1,6-Liters. Sofort erkennbar ist das an der unterschiedlichen Lage des Rückwärtsganges.


Markant: Auch von hinten kommt der grosse 500 eigenständig daher.

Durch eine spezielle Positionierung fällt der Handbremshebel auf. Unter der Mittelarmlehne hat Fiat einen Stummel so platziert, dass er sehr mühsam zu bedienen ist, ausser man klappt die Lehne jedes Mal dafür hoch. Auch der schlecht ablesbare Tacho gewinnt keinen Ergonomiepreis, aber das möchten die Italiener doch auch gar nicht. Wie sonst ist es zu erklären, dass man auch im 500L trotz eines axial verstellbaren Lenkrads kaum eine passende Sitzposition findet? Immerhin ist das Gestühl trotzdem komfortabel. Und sowieso verführt die verbaute Maschine nicht zur sportlichen Fortbewegung. Da passt auch die schwiegermuttertaugliche Federung ins Bild. Gut vorstellbar ist allerdings, dass die Schwiegermutter gleich selbst ein solches Gefährt steuert. Mit seinem sympathischen Äusseren, der leicht erhöhten Sitzposition und dem angenehmen Platzangebot auf kompakt gehaltener Grundfläche kommt er bei der silbernen Generation gut an.


Superstar: Das UConnect Touchscreensystem funktioniert richtig gut.

Sie dürfte sich auch über die grossen Spiegel freuen, oder die für heutige Verhältnisse sehr grosse Glasfläche der Seitenscheiben. Eine weitere findet sich im Testwagen über den Köpfen der Insassen. Wie im Trekking sorgt das Glasdach auch hier für noch weniger Kopffreiheit auf den Rücksitzen. Dafür bleibt bei einem Basispreis von 28'500 Franken noch etwas Freiheit für Extras. Wichtige Optionen sind der Parkpiepser hinten (400.-) oder das Navi mit Touchscreen und DAB (600.-). Eine unwichtige aber ewähnenswerte dagegen ist die Espressomaschine von Lavazza, die es leider nicht in den Testwagen geschafft hat. Für 300 Franken erhält man den Koffeinlieferanten für unterwegs.


Smile: Das Grinsen steht dem 500L ins Gesicht geschrieben.

Und was hält der Benzinlieferant vom gar nicht so kleinen Fiat? Erst mal wenig, schliesslich soll er sich nur 4,8 Liter auf 100 km genehmigen. Zudem verfügt er über ein deckelloses Tanksystem, das nicht selten für überschäumende Überraschungen sorgen dürfte. In der Praxis genehmigt sich der 0,9-Liter gut sieben Mal seinen eigenen Hubraum. Ganz ohne Rechenaufgabe: 7,3 Liter. Wer sich durch den Konfigurator auf der Fiat-Website quält, findet heraus, dass der Testwagen auf einen Gesamtpreis von 31'320 Franken kommt – ganz ohne selbst zu rechnen.


Unpraktisch: Der Handbremsstummel liegt unter der Armlehne versteckt.

Dann stellt sich natürlich noch die Frage, ob die Rechnung für Fiat aufgehen könnte. In Zukunft will man sich auf Derivate von Panda und 500 beschränken, nachdem Versuche mit grösseren Modellen immer wieder gescheitert sind. Dabei werden die Fahrzeuge nur dem Äusseren und dem Namen nach eng miteinander verwandt sein. Unter dem Blech des im Herbst erwarteten Fiat 500X soll sich beispielsweise ein neuer Jeep SUV namens Jeepster verbergen, während der Nachfolger des Punto ebenso wie der hier getestete 500L auf einer angepassten Plattform des aktuell noch produzierten Punto realisiert werden soll. Tatsächlich funktioniert die 500er-Optik bei Passanten erstaunlich gut. Hätte der Zweizylinder noch etwas mehr Drehmoment, man könnte den Fiat 500L TwinAir glatt empfehlen. Er ist geräumig, komfortabel, gut ausgestattet zu einem fairen Preis und sieht sympathisch aus. Darüber hinaus funktioniert sogar die Bluetooth-Koppelung des Smartphones.