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zuendung

18. August 2009

Der schärfste Skorpionstachel

Abarth | 0 Kommentare

Natürlich ist der Abarth 500 ein knackiges Auto. Doch der letzte Testwagen liess in mir ein Verlangen nach mehr Leistung aufkommen. Mit dem esseesse-Kit kommt Abarth nun diesen Wünschen nach für 5000 Franken kriegt man nicht nur Dreissig italienische Pferde zusätzlich unter die Haube gepfercht. Gelochte Scheibenbremsen, härtere Federn, wunderbare Felgen und den geschwungenen Schriftzug […]

Natürlich ist der Abarth 500 ein knackiges Auto. Doch der letzte Testwagen liess in mir ein Verlangen nach mehr Leistung aufkommen. Mit dem esseesse-Kit kommt Abarth nun diesen Wünschen nach für 5000 Franken kriegt man nicht nur Dreissig italienische Pferde zusätzlich unter die Haube gepfercht. Gelochte Scheibenbremsen, härtere Federn, wunderbare Felgen und den geschwungenen Schriftzug am Heck gibt's noch dazu. Die Leistungssteigerung wird mittels Tausch des Steuergeräts erreicht. Mal sehen, ob der Skorpion jetzt so böse zustechen kann, wie man es ihm von der Optik her zutrauen würde.


Dezent? Den unauffälligen Auftritt überlässt der Abarth 500 gerne anderen.

Das Testexemplar kommt in der an sich unauffälligen Farbe Schwarz. Mit dem roten Schachbrett auf dem Dach wird aber jegliche Form von Understatement vehement verneint. Da scheinen die roten Streifen an den Türen geradezu dezent. Was soll's, die alten trugen die genau gleichen Insignien und zu einem Abarth passt der Auftritt. Weiterhin kann auch der Auspuffsound gefallen. Der Endschalldämpfer wird es jungen Abarthfahrern schwer machen, sich zuhause unbemerkt von Dannen zu schleichen. Aber schleichen will man in einem Abarth ja sowieso nicht.


Michaelskreuz: Auf solch schmalen Bergsträsschen ist der esseesse zuhause.

Während der Warmlaufphase schwelge ich im optionalen Poltrona Frau Leder. Nur Italiener können rotes Leder so verarbeiten, ohne dass der Autojournalist auch nur eine Sekunde an den sonst angebrachten Spruch mit Milieubezug verlieren würde. Fertig gestreichelt, ist der Motor warm, will man ihn so richtig treten. Das liegt auch daran, dass der Durchzug im unteren Drehzahlbereich einfach schlapp ist. Das Problem dabei: Ein sportlich gefahrener Turbomotor ist bekanntlich nicht besonders sparsam. 9,4 Liter Verbrauch sind das Resultat. Bestimmt lässt sich der esseesse auch mit 1,5 Liter weniger bewegen. Der Spass bleibt dann aber ziemlich auf der Strecke. Wie sich das anfühlt, erlebt man nach ausschalten des Sport-Modus' sofort. Kaum über Leerlaufdrehzahl blinkt die Schaltanzeige. Sorry, aber wenn ich so langsam sein will, kann ich mir auch gleich einen Erdgas-Panda kaufen. Der bringt zwei Türen mehr und ein paar Tausender bei der Anschaffung weniger. Als Sportmodus wieder rein.


esseesse: Die traumhaften O.Z.-Räder gehören zum Kit.
Drophead: Wie viele Abarth könnte man wohl für das Rolls Royce Cabrio kaufen…
Schachbrett: Ganz wie die Ahnen.
Schriftzug: Endlich wieder ein paar Buchstaben, die man gerne am Heckdeckel kleben lässt.

Auf meiner Hausstrecke will ich es nun noch einmal wissen: Wie gut geht der Abarth 500 esseesse wirklich? Der Start gerät wegen der angetönten Anfahrschwäche nicht sonderlich spektakulär. Schon auf die nächste Kurve fixiert blinkt mich aus dem Off das "Shift-Up" Licht an. Stattdessen wird scharf verzögert, die Warnblinkanlage geht für einen Moment an, da stampft der Fuss auch schon wieder gen Bodenblech. Das nächste Mal schalte ich dann tatsächlich auf Befehl, doch der Anschluss passt nicht perfekt, der Ladedruck muss erst wieder aufgebaut werden. In der nächsten engen Kurve spüre ich, wie der kleine Schwarze das Beinchen hebt. Ungefährlich und ungemein spassig. Trotz synthetischer Lenkung ist der 500 jederzeit gut beherrschbar. Ja, doch, am Berg hält der esseesse das Supersport-Versprechen.


Poltrona Frau: Das Leder fühlt sich genau so an, wie es ausschaut.

Im Testwagen ist ein Navi verbaut, das mich oben auf dem Armaturenträger sitzend irgendwie an E.T.s Kopf erinnert. Das es durch das harte Fahrwerk reichlich durchgeschüttelt wird, und so irgendwie nickend ausschaut, verstärkt diesen Eindruck. Überhaupt dieses Gehoppel: An komfortables Vorankommen ist mit kaum mehr zu denken. Weiterhin ist auch die Sitzposition sehr unbefriedigend, was mitunter am axial nicht verstellbaren Lenkrad liegt. Nein, der esseesse ist wirklich kein Auto für jedermann.


Auf dem Sprung: Der esseesse will schon wieder Gassen mit seinem Auspuffsound füllen…

Mit dem installierten Kit entfernt man sich bei Abarth weiter von der grossen Masse. Das wird der eingeschworenen Fangemeinde auf jeden Fall gefallen. Der 500 geht spürbar schneller vorwärts, verliert dafür im unteren Bereich zumindest gefühlt noch etwas an Power. Der Verbrauch lässt sich mit dem Gasfuss beeinflussen. Typisch italienisch bewegt kann man den weiter erstarkten 500 aber sicher nicht als sparsam bezeichnen. Aber sparsam darf man als Abarth-Eigner sowieso nicht sein, schlägt doch das getestete Exemplar mit 37'500.- CHF zu Buche. Dafür darf man in einem Abarth sitzen, der sofort als solcher zu erkennen ist. Auch das Fahrgefühl weicht stark von dem eines "gewöhnlichen" Cinquecento ab. Mit der Binsenweisheit, dass etwas Besonderers eben auch immer ein bisschen mehr kostet, lassen wir den schwarzroten Abarth mit fröhlichem Getöse Richtung Berge entfliehen…