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zuendung

2. März 2014

Der Z mit ein bisschen Mehr

Nissan | 0 Kommentare

Schon vier Jahre sind ins Land gezogen, seit ich den Nissan 370Z testen durfte. Nun steht mit dem Nismo seine sportlichste Interpretation für einen ausgedehnten Probegalopp bereit. Hinter der Bezeichnung steckt die Motorsportabteilung von Nissan. Auch von Juke und GT-R gibt es Nismo-Versionen. Die Japaner haben begriffen, dass man den Rennstreckenkult auch in der Marketingabteilung […]

Schon vier Jahre sind ins Land gezogen, seit ich den Nissan 370Z testen durfte. Nun steht mit dem Nismo seine sportlichste Interpretation für einen ausgedehnten Probegalopp bereit. Hinter der Bezeichnung steckt die Motorsportabteilung von Nissan. Auch von Juke und GT-R gibt es Nismo-Versionen. Die Japaner haben begriffen, dass man den Rennstreckenkult auch in der Marketingabteilung ordentlich verarbeiten kann. Eigentlich muss. Längst sind M, RS oder AMG zu Buchstaben geworden, die bei den Fans die Nackenhaare aufrichten. Lexus und Cadillac versuchen den Lettern F bzw. V Leben einzuhauchen. Nun wollen wir aber sehen, ob und wie das Nissan beim legendären Z gelungen ist.

Schon optisch zeigt man, wo der Hammer hängt. Vorne schnüffelt tief über dem Asphalt ein dunkelgrauer Splitter, der unter einer imposant nach vorne gezogenen Schürze hängt. Am Heck würde der Blick bestimmt zuerst auf die riesigen Auspuffrohre unter dem ausladenden Hinterteil fallen, wenn nicht obendrauf ein mächtiger schwarzer Flügel bereits die volle Aufmerksamkeit verlangen würde. Von der Seite beeindrucken neben der grosszügigen Bespoilerung vor allem die 19 Zoll Nismo-Räder vom Spezialisten RAYS in Dunkelgrau. Alles in allem ein imposanter Auftritt. Manch einem mag es aber etwas viel sein. Böse Zungen würden wohl sogar sagen, mit so viel Zierrat könne man höchstens an der Zürcher Langstrasse punkten.

Gesagt, getan. An Zürichs sündigster Meile gibt es selbstredend keine Parkmöglichkeiten, in den Seitenstrassen aber sehr wohl. Als die Sonne noch am Himmel steht, parke ich vor dem gleichnamigen und nicht unberüchtigten Restaurant. Gegessen wird dann aber bei The Bite, wo es übrigens richtig leckere Burger gibt. Für unseren "Publikumstest" muss es aber erst einmal dunkel werden. Und tatsächlich: Satt gegessen kehre ich zum weissen Sportwagen zurück und bin nicht allein. Eine ganze Traube relativ leichtbekleideter Damen umringt ihn, eine von ihnen stützt sich gar lässig auf dem Heckflügel ab. Beim Einsteigen ernte ich zustimmendes Nicken und eindeutige Angebote. Im Milieu kann die Optik punkten, so viel ist nun klar.

Noch nicht klar ist, ob die 16 zusätzlichen PS gegenüber dem konventionellen Z spürbar sind. 344 japanische Hengste machen sich nun über die Hinterachse her. Der Vortrieb bleibt beeindruckend, die Leistungsabgabe des Saugers angenehm linear. Wer will und vor allem: kann, der lässt den Hecktriebler um Kurven driften. Und dank den automatischen Zwischengasstössen der Synchro Rev Control klingt selbst der Amateur wie ein Profi am Steuer. Zurück zur puren Geschwindigkeit: Das Datenblatt entlarvt den Nismo. Die Mehrleistung bringt gerade einmal eine Zehntelsekunde beim Sprint von 0 auf 100. Die 5,2 Sekunden sind schnell, aber in Zeiten von supersportlichen Kompakten nicht mehr extrem schnell.

Richtig gut ist dagegen die Sitzposition tief über der Strasse auf sehr bequemen Sportsitzen. Die Armaturen heben und senken sich zusammen mit dem griffigen Alcantara-Lenkrad. Nur schade, dass sich selbiges nicht in der Tiefe verstellen lässt. Gerade kleinere Fahrer werden so in die eigentlich typische italienische Sitzhaltung gezwungen. Ansonsten ist der Innenraum auf das pure Fahrerlebnis abgestimmt. Dass dabei der Flügel im Innenspiegel die Hälfte der Sicht verschluckt kann den Sportfahrer nicht wirklich nervös machen. Er erfreut sich vielmehr an den analogen Zusatzinstrumenten. Und er ignoriert grosszügig die in die Jahre gekommenen digitalen Anzeigen, die heute jeder Renault Clio besser und vor allem auch hübscher beherrscht.

Es passt zum Oldschool-Fahrgefühl, dass der Nissan 370Z halt nicht mehr ganz taufrisch ist. Mit Nachdruck wollen die Gänge im präzisen Getriebe eingelegt werden. Auch die Pedalkräfte sind nicht zu unterschätzen. Die Lenkung ist genau und gefühlsecht, dazu auch noch herrlich direkt und wunderbar ansprechend von der Mittellage aus. Ja, hier holt sich der Nismo die volle Punktzahl, auch wenn er nicht der ultimative Tempobolzer ist. Dafür fehlt es zum einen an Leistung, zum anderen mag man es seiner Passagierin nicht zumuten, wild umhergeschüttelt zu werden. Gegenüber der "zivileren" aber auch nicht gerade soften Version hat der Nismo nämlich noch etwas an knochiger Härte zugelegt.

Man merkt: Das "bisschen mehr" zieht sich durchs ganze Programm. Natürlich macht da auch der Preis keine Ausnahme. Mit 64'300 Franken beginnt der Nismo mehr als 10'000 Franken über dem 370Z in der gut ausgestatteten Pack-Version. Eine ordentliche Stange Geld, keine Frage, aber bekanntlich ist das alles relativ. Relationen schaffen kann da beispielsweise der Preis des Audi TT RS, der abgesehen vom Allradantrieb einige Gemeinsamkeiten mit dem Nissan aufweist. Audi ruft im besten Falle satte 81'750 Franken dafür auf.

Ist der Nissan 370Z Nismo am Ende sogar ein Sonderangebot? Nein, dafür ist er inzwischen in einigen Bereichen zu sehr in die Jahre gekommen. Das merkt man auch an der durch Abwesenheit glänzenden Spritspartechnik. Immerhin braucht er mit 11,3 Liter im Schnitt so viel vom 98er Saft wie das Werk angibt. Die verspoilerte Optik punktet bei Tuningfans, dürfte aber vielen potentiellen Käufern etwas zu viel des Guten sein. Wer ab und zu auf die Rennstrecke geht, kann die aerodynamischen Verbesserungen bestimmt geniessen, im Schweizer Alltag ist das inzwischen praktisch unmöglich geworden. Im Rennbereich dürfte auch die herrlich vorhersehbare Charakteristik von Motor und Fahrwerk perfekt passen. Insofern verspricht die Bezeichnung Nissan Motorsport nicht zu viel. Um sie bei einem breiten Publikum bekannt zu machen, ist der Nissan 370Z Nismo gut geeignet. Ich freue mich auf weitere sportliche Interpretationen von Nissan-Modellen, die vielleicht noch etwas mehr aus der Rennsportnische heraustreten dürfen.