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zuendung

13. Juni 2011

Die Mutprobe

Opel | 0 Kommentare

Eine Mutprobe im Opel Astra Sports Tourer? Sind wir dafür nicht ein wenig zu alt. Früher hätte man dazu wohl bloss mit dem rallybestreiften Manta an ein Golf-Treffen zu fahren brauchen. Aber wie sieht eine Mutprobe heute aus? Nun, es handelt sich um einen Test der wenig automobilen Art. Die Aufgabe war, den neuen Kombi […]

Eine Mutprobe im Opel Astra Sports Tourer? Sind wir dafür nicht ein wenig zu alt. Früher hätte man dazu wohl bloss mit dem rallybestreiften Manta an ein Golf-Treffen zu fahren brauchen. Aber wie sieht eine Mutprobe heute aus? Nun, es handelt sich um einen Test der wenig automobilen Art. Die Aufgabe war, den neuen Kombi heil von Luzern nach Basel und zurück zu bringen. Das alleine ist natürlich keine Kunst. Doch weil der FC Basel und der FC Zürich an diesem Tag den Meistertitel ausspielten und am Fahrzeug ein Zürcher Kontrollschild angebracht war, gewann das Ganze ein wenig an Brisanz. Den Luzern-Schal liess ich sicherheitshalber zuhause. Hätten die Luzerner in Basel und die Zürcher in Zürich gewonnen, es wäre womöglich eine ungemütliche Heimfahrt geworden. Doch muss hier der Konjunktiv bemüht werden. Selbstverständlich lief alles völlig friedlich. Und ebenfalls schon fast selbstverständlich wurde an jenem Abend der FC Basel Schweizer Meister.


In der Höhle der Basler: Mit Zürcher Schild in der Tiefgarage des St.Jakob Parks

Davon ist unser Testwagen, der Opel Astra Sports Tourer 1.6 Turbo Ecotec noch ein Stück entfernt. Noch stehen ihm da andere, etwa ein VW Golf Variant oder auch ein Skoda Octavia vor der Sonne. Anders als seine Vorgänger versucht er nicht nur durch schieren Platz zu überzeugen. Dazu wurde auch der offenbar als altbacken verstandene Begriff Caravan geopfert. Neudeutsch heisst's eben Sports Tourer, wobei das bei 180 PS eine nicht grundfalsche Bezeichnung zu sein scheint.


Hübsche Knöpfchenwüste: Das Design ging vor Übersichtlichkeit

Aber natürlich darf der karbongraue Kombi für den Trip nach Basel erstmal seine Tourerfähigkeiten zeigen. Da hilft es natürlich schon, dass im Testexemplar die rückenschonenden Ledersitze (1900.-) verbaut sind. Für die Fahrt im Dunkeln ist man dann um die moderne Lichttechnik (AFL+ für 1500.-) mit variabler Lichtverteilung froh. Jetzt noch das FlexRide Fahrwerk (950.-) auf "Tour" schalten und schon fährt man bequem in die Stadt am Rhein. Wie man merkt: All die leckeren Dinge an meinem Fussballfantransporter kosten extra. So steigt der Preis der Ausstattungsvariante "Sport" von 36'600 auf über 47'000 Franken an. Zur Verteidigung von Opel muss man sagen, dass die serienmässige Ausstattung durchaus schon alles beinhaltet, was es in dieser Klasse zu erwarten gibt. Doch Gadgets wie ein beheizbares Lenkrad, Navi oder Parkpilot kosten selbstverständlich ein paar Batzen.


Schön: Auch bei reichlich trübem Wetter erfreut der Sports Tourer durch seine gelungene Form

Dafür gibt es ein Auto, dass sich richtig gut anfühlt. Im Innenraum findet man zwar die bei Opel aktuell angesagte Knöpfchenwüste, verarbeitungsmässig gibt es aber nichts zu mäkeln. Ich fühle mich wohl im Astra, finde eine angenehme Sitzposition, nur die Aussicht ist auch im Kombi nicht wirklich berauschend. Die abgerundete Form führt im Zusammenspiel mit der ansteigenden Gürtellinie und relativ kleinem Heckfenster zu einigen von Innen unsichtbaren Stellen. Parkdistanzkontrolle ist unabdingbar.


Nachtdesign: An den Leuchtecken soll man ihn erkennen

Aber wie verhält es sich nun eigentlich mit dem "Sport", das in der Modellbezeichnung gleich doppelt vorkommt? Bei leicht nassem Untergrund nehme ich meine Hausstrecke unter die Räder und wähle das ebenfalls "Sport" genannte Programm. Schnell zeigt sich, dass der bequeme Kombi kein Wolf im Schafspelz ist. Er stürmt zwar durchaus willig los, schon in der ersten Kurve kämpft er aber mit massivem Untersteuern und durchdrehenden Vorderrädern. Mir gefällt der sonore Klang, den das Aggregat bei höheren Tourenzahlen entwickelt. Auch die sportive Fahrwerksabstimmung passt. Die Sitze bieten guten Seitenhalt und auch die Bremsen packen anständig zu. Jetzt müssen ihm die Techniker bei Opel nur noch die Traktionsprobleme austreiben.


Modern: Die AFL+ Lichttechnik zeigt, wie man Strassen heute ausleuchten kann

Schöne Kombis heissen Sports Tourer. Den Audi-Spruch darf man inzwischen gerne auch für die Rüsselsheimer Rucksack-Fraktion verwenden. Doch der Astra schaut als Sports Tourer nicht nur gut aus, sondern kann auch richtig praktisch sein. Mit der modern gerundeten Form konnte der Innenraum nicht maximiert werden, dennoch steht mehr als genügend Platz zur Verfügung. Das kann man aufgrund der Aussenlänge von fast 4,7 Meter aber auch erwarten. Preislich schnürt Opel ein durchaus attraktives Package, auch wenn die Endabrechnung für Verwöhnte etwas höher ausfallen kann. Erstaunlich war, dass ich mit dem Sports Tourer gegenüber einem früher getesteten, identisch motorisierten 5-Türer fast einen Liter weniger Benzin verbrauchte. Die 7,6 Liter Testverbrauch können sich sehen lassen, zumal keine ausgeklügelte Spritspartechnik an Bord ist.

Wie schon beim Fünftürer gab es auch mit dem Kombi stets Komplimente für das adrette Äussere des kompakten Opel. Nein, es ist wahrlich keine Mutprobe, mit dem hübschen Sports Tourer durch die Gegend zu fahren.