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zuendung

18. Juni 2006

Ein Opel unter Strom

Opel | 0 Kommentare

Nur durch viel Glück kam ich zur Gelegenheit, diesen Opel Astra OPC überhaupt zu fahren. Ein guter Freund hatte die Teilnahme beim Slalom in Ambri gewonnen, samt passendem Fahrzeug für das Rennwochenende. Von aussen ist der Rennwagen auf den ersten Blick zu erkennen: Sponsorenkleber überall. Ansonsten befindet sich flach geduckte, aggressiv wirkende Karosserie mit keckem […]

Nur durch viel Glück kam ich zur Gelegenheit, diesen Opel Astra OPC überhaupt zu fahren. Ein guter Freund hatte die Teilnahme beim Slalom in Ambri gewonnen, samt passendem Fahrzeug für das Rennwochenende. Von aussen ist der Rennwagen auf den ersten Blick zu erkennen: Sponsorenkleber überall. Ansonsten befindet sich flach geduckte, aggressiv wirkende Karosserie mit keckem Mittelauspuff im Originalzustand. Nur die Pirellis, welche für alle OPC Challenge-Teilnehmer vorgeschrieben sind, weichen vom "normalen" Opel Astra OPC ab. Kein Wunder, die Lebensdauer dieser Reifen liegt bei ungefähr 8000 km, was die Nicht-Rennfahrer unter den Kunden wohl etwas abschrecken würde. Ich holte also meinen vollbestickerten Astra OPC bei der Garage Rüfenacht ab. Dany Rüfenacht, wie sein Vater Alfred und sein Bruder Fredy, kein Unbekannter in der Rennszene, erklärte mir die Eigenheiten des Kompaktsportlers. Im Gegensatz zum Vorgänger mit 160 Sauger-PS vertraut der Neue auf einen aufgeladenen 2-Litermotor. 240 PS stehen bereit, die Vorderreifen in Rauch aufzulösen.


Unter Strom: Opel Astra OPC

Der schnellste aller Opel unterscheidet sich vor allem durch sportliche Karosserieanbauten und einen kleinen Knopf von seinen zivileren Varianten. Sport steht drauf und Sport ist auch drin. Kurz gedrückt und schon soll der Motor spontaner Gas annehmen, das Fahrwerk sportlicher werden und das ESP etwas mehr Schlupf zulassen. Eine echte "Männertaste" also! Echte Typen drücken übrigen noch länger auf den Knopf und schalten das ESP ganz aus. Dany Rüfenacht empfahl mir dies jedoch nur für den Rennbetrieb. Ich solle vor dem Rennen ein wenig üben gehen, meinten eingefleischte Rennfans. Leicht ist das nicht, schliesslich ist man mit dem schnellen Fronttriebler im Nu mit illegalem Tempo unterwegs. Trotzdem: Auf dem Weg von Mühleberg (bei Bern) nach Luzern wähle ich die landschaftlich schöne Route durch das Emmental. Dort lassen es auch die Einheimischen ganz schön fliegen. Ein idealer Ort also, um den Astra ein erstes Mal so richtig auf Touren zu bringen.


Keck: An den Rückleuchten erkennt man den Dreitürer, am mittigen Auspuff den OPC

Und in der Tat: In der Sporteinstellung macht der Astra OPC mächtig Spass. Mit 1390 kg ist er über 150 kg leichter als der Golf R32, was sich in der Agilität sehr stark bemerkbar macht. Während der Golf auf langen Autobahnetappen sicher das angenehmere Auto ist, geniesse ich die Fahrt im frontgetriebenen Astra durch das kurvige Entlebuch. Die gut abgestimmten Gänge 2 und 3 sind perfekt für das alpine Gebiet. Der Anschluss zum 4. Gang passt leider überhaupt nicht, so dass man tendenziell lieber eine Stufe tiefer verbleibt. Und wenn ich schon am Motzen bin: Die Tachoeinteilung ist einfach unmöglich! Tempo 40 ist sehr gross geschrieben, 50 zwar rot aber verschwindend klein. Auch designmässig ist das nervös wirkende Rundinstrument nicht wirklich gelungen. Ansonsten kann der Innenraum durchaus überzeugen. Wenn auch nicht der Eindruck entsteht, in einem sonderlich sportlichen Auto zu sitzen, so ist doch alles am rechten Ort und sehr ordentlich verarbeitet.


Coupé: Für einmal passt der elegante Name auch zu einem deutschen Kompakten. Trotz eingezogenm Dach sitzt man hinten relativ bequem.

Dann steht der Renntag an. Ich soll mit dem 240-PS-Geschoss auf einem schnellen Slalomkurs in Ambri fahren. Die orangen Hütchen stehen auf der Landebahn des Militärflugplatzes. Von weitem betrachtet sieht das Ganze ziemlich chaotisch aus. Und ich bin froh, dass ich mit Peter Wyss von der Automobilrevue erst einmal zu Fuss die Strecke ablaufen kann. 71 Tore, keines berühren, keines auslassen, das wird schwer. Als nach dem Besichtigungslauf, wo die Autos wie an einer Perlenschnur durch die Tore fahren, der Trainingslauf ansteht, steigt der Puls. Die Klimaanlage ist aus, die Heizung an, das Radio an und ESP aus. Die Ampel springt auf Grün und ohne ESP pfeift und raucht es zuerst mal ganz gewaltig. Mit ausgeschalteter Anti-Schleuder-Hilfe kommt die Charakteristik des Frontantriebs im Zusammenspiel mit dem bissigen Turbo voll zum Tragen: Als ungeübter Fahrer kämpfe ich mit viel Untersteuern. In den schnelleren Bereichen komme ich auf 140 km/h, um dann wieder im ABS-Bereich herunterzubremsen. Die bequemen Sitze zeigen sich als einigermassen renntauglich, bieten sie doch ein anständiges Mass an Seitenhalt. Durch den Verzicht auf eine Lederausstattung ist der Halt sowieso etwas besser.


Rennwagen: Beim Slalom in Ambri wird der Astra an seine Grenzen gebracht

Für den zweiten Lauf nehme ich auf Anraten von Dany Rüfenacht, der ebenfalls eine Astra OPC bewegt, das ESP wieder in Betrieb. Viele Fahrer schrauben am Reifendruck herum, da dies die einzige Variable der sonst baugleichen Renngeräte ist. Ich habe meine Pneus übrigens mit 2,2 und 2,6 bar gepumpt. Im Sportmodus starte ich also in meine beiden letzten Läufe. Bei anderen Fahrern habe ich aufgeschnappt, dass sie auf Schaltvorgänge wenn möglich verzichten. Man solle den grössten Teil der Strecke im Dritten bleiben, da man durch das Rauf- und Runterschalten mit zusätzlichem Zwischengas nur Zeit verliere. Das Drehmoment des OPC-Astra (320 Nm bei 2400 U/min) lasse dieses schaltfaule Fahren problemlos zu. In der Tat klappt es mit wenig Schalten ganz gut und beim dritten Lauf habe ich auch endlich die Strecke einigermassen im Kopf. So verbessere ich mich um mehr als zwei Sekunden, was natürlich nichts daran ändert, dass ich noch sehr weit von der Elite weg bin. Trotzdem werde ich mit Komplimenten geradezu überhäuft, denn ich bin nur Drittletzter geworden und habe so mein Ziel, nicht Letzter zu werden um einen Platz übertroffen.


Profil: Die Pirelli-Reifen haben wenig, das charakterstarke OPC-Gesicht massenhaft.

Der Opel Astra OPC ist also ein Auto, das durchaus als Strassenrennwagen begriffen werden kann. Drückt man die Sporttaste, ist der Schwiegermutter nebenan nicht mehr wohl. Auch der Lärm, der vom schnellsten Opel verbreitet wird ist aller Ehren wert. Das böse Fauchen des Turbo-Vierzylinders passt zum muskelbepackten Auftritt. Aber der OPC ist kein Blender, er ist eine hochwertig verarbeitete Spassmaschine. Aber auch auf der Autobahnstrecke von Ambri nach Bern ist er nicht überhart. Dem Gebrauch im Alltag steht also nichts im Wege. Ausser man ist zu scheu, die Sponsorenkleber täglich spazieren zu fahren. Nein, den OPC gibt's natürlich auch in zivileren Farben, ganz ohne die Kleber und die Sport-Taste muss man auch nicht ständig drücken. Nur macht es dann nicht denselben Spass. Und das wollen wir ja nicht, oder? Also, Sport-Taste drücken, Turbo spüren, Fauchen hören, Kurven fressen und einfach nur saugut fühlen!