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zuendung

18. Juli 2009

Entspannungstour

Opel | 0 Kommentare

Seien wir ehrlich, den Opel Vectra vermisst niemand. Ein Auto, das irgendwie jahrelang für Opels Imageproblem stand. Sicher kein schlechtes Fahrzeug, aber mit einem Ruf gesegnet, der bestenfalls Rentner mit Geschmacksstörungen anziehen konnte. Doch nun gibt es den höher positionierten Nachfolger und alles ist anders. Er wird den Händlern förmlich aus den Händen gerissen und […]

Seien wir ehrlich, den Opel Vectra vermisst niemand. Ein Auto, das irgendwie jahrelang für Opels Imageproblem stand. Sicher kein schlechtes Fahrzeug, aber mit einem Ruf gesegnet, der bestenfalls Rentner mit Geschmacksstörungen anziehen konnte. Doch nun gibt es den höher positionierten Nachfolger und alles ist anders. Er wird den Händlern förmlich aus den Händen gerissen und das in Krisenzeiten. Der Opel Insignia sieht nicht nur gut aus. Er bietet mehr Platz, nette Austattungsdetails und als Bonus ein dynamisches Image. Das ganze Paket kommt zudem zu einem Preis, der BMW- und Mercedes-Fahrern innert Sekundenbruchteilen Tränen in die Augen treibt.


Audi? BMW? Nein, das ist ein Opel. Ja, das sind 20-Zoll-Räder.

Nach der Limousine und dem davon fast nicht zu unterscheidenden Fliessheck ist nun auch der Kombi zu haben. Im Vergleich zum Vectra-Vorgänger, der den typischen Namen Caravan trug, heisst der neue Sports Tourer. Der neumodische Namenszusatz bedeutet in der Praxis vor allem, dass der grosse Kombi von Opel nur noch ungern Kühltruhen und Ikea-Einkäufe transportiert. Die schräggestellte Heckscheibe schränkt die Kapazität arg ein. Dass wer schön sein will auch zu leiden hat wäre damit also einmal mehr bewiesen. Das kriegen auch die Passagiere zu spüren. Klein ist der Insignia-Innenraum mit Bestimmtheit nicht, massenhaft Platz steht aber auch nicht zur Verfügung. Wer wirklich auf die grosse Tour geht, tut dies vorzugsweise maximal zu Viert.


Dynamisch: Wann sah ein Opel-Kombi zuletzt so gut aus?

Wer vorne Platz nimmt profitiert vom sensationell bequemen Gestühl, das über den Segen der Organisation Aktion gesunder Rücken verfügt. Nur schade, dass dem Beifahrersitz die Höhenverstellung fehlt. Man blickt auf einen Instrumententräger, der zwar etwas überladen ist, von der Gestaltung her aber ganz klar in der Premium-Liga spielt. Da darf auch ein sogenannter Dreh-Drücksteller (also ein grosser runder Knopf) nicht fehlen. Doch von der intuitiven Bedienung eines BMW iDrive ist man im Insignia noch ziemlich weit entfernt. Das beginnt schon damit, dass es diesen Knopf im Prinzip zwei Mal – einen hinter dem Schalthebel, einen in der Mitte des Armaturenbretts – gibt und dass für alle wichtigen Funktionen Direktwahltasten vorhanden sind. Trotzdem st die Bedienung als einfach und logisch zu bezeichnen.


Gut, aber nicht perfekt: Die Bedienung hält nicht ganz mit den Premium-Kollegen mit.

Der Zweiliter-Turbo ist ein lebendiger Geselle, der erstaunlich gut mit dem grossen Wagen harmoniert. Die Überraschung schwindet mit einem Blick in die Technischen Daten: Der Vierzylinder erreicht das gleiche Drehmomentniveau wie der 260 PS starke V6: 350 Newtonmeter. Dieses liegt schon bei sympathisch tiefen 2000 Touren an, die maximale Leistung von 220 PS wird bei 5300 Umdrehungen realisiert. Um den Zahlensalat zu vervollständigen sei noch der Wert für den Spurt auf 100 km/h erwähnt: 8.2 Sekunden. Dieser Wert gilt für die 6-Gangautomatik. Die passt auf jeden Fall zum Kombi, erzieht sie doch zu relaxter Fahrweise. Und doch scheint die Betonung auf Sport zu liegen:Der Testwagen fuhr in der Version Sport vor und das einstellbare FlexRide Fahrwerk verfügt über einen gleichnamigen Modus. Doch erstens spürte ich auch bei dessen Aktivierung keine merklichen Änderungen (von der auf Rot wechselnden Instrumentenbeleuchtung einmal abgesehen) und zweitens macht Gleiten im Sports Tourer einfach mehr Spass.


Goodbye Caravan: Dass der Insignia Kombi eben ein Sports Tourer ist, sieht man aus dieser Perspektive am besten.

Denn trotz aufpreispflichtigen 20-Zoll-Rädern (!) ist der Abrollkomfort von bester Güte. Da passt es ins Bild, dass die Lenkung nicht gerade nach Kurven giert. Sie ist zwar präzise, vermittelt aber nicht sonderlich viel Fahrbahnkontakt. Damit man beim Dahingleiten nicht vergisst, wie schnell man fahren darf ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, hat man in Rüsselsheim das sogenannte OpelEye ersonnen. Für 800.- CHF wird dann die aktuelle Geschwindigkeitsbeschränkung zwischen Tacho und Tourenzähler eingeblendet. Nur schade, dass dieses an sich gut funktionierende System die aufgehobene Geschwindigkeitsbegrenzung auf Schweizer Autobahnen jeweils als Aufhebung eines Überholverbots interpretiert.


Opel is back: Mit dem Insignia gelingt der Traditionsmarke endlich wieder ein richtig grosser Wurf.

Es sind solche kleine Schönheitsfehler, die man dem Opel Insignia Sports Tourer ankreiden muss. Denn als Ganzes ist Opel da wirklich ein tolles Auto mit vielen Vorzügen gelungen, das dazu einfach hübsch ausschaut. Die attraktive Form hat aber auch zur Folge, dass der Innenraum trotz einer Länge von 4,9 Meter nur klassenübliche Platzverhältnisse vorgefunden werden. Mit 10,2 Liter Verbrauch kam der Testwagen bis auf einen halben Liter an die Werksangabe heran. Der Kombi kostet in der getesteten Ausstattung 58'900 Franken. Obwohl er abgesehen von einer Lederausstattung keinerlei Wünsche offen liess, liegt dieser Preis nur knapp 8000 Franken über der Basis. Andere Premiumanbieter kämen da mühelos auf den dreifachen Aufschlag. Doch es ist nicht bloss der günstige Preis oder die schöne Schale und es sind wohl auch nicht nur die wunderbaren Sitze, welche die Käufer momentan mit aller Kraft ins Opel-Lager ziehen. Es ist vielmehr das Gefühl den ersten grossen Opel seit langer Zeit zu fahren, der ohne das Mann-mit-Hut-Image auskommt und dabei noch ein richtig gutes Auto ist.