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zuendung

13. April 2013

Grosser Wagen, kleiner Motor

Lexus | 0 Kommentare

Der Satz lag schon bereit: Grosser Lexus mit kleinen Fehlern. Nach kurzer Zeit liess sich der Kofferdeckel der Limousine nicht mehr öffnen. Weder die Knöpfe am und im Auto noch jener auf der Fernbedienung wollten helfen. Also musste ich zum ersten Mal ein Testfahrzeug für eine Reparatur zurückbringen. Als ich den Patienten abholen wollte, strahlte […]

Der Satz lag schon bereit: Grosser Lexus mit kleinen Fehlern. Nach kurzer Zeit liess sich der Kofferdeckel der Limousine nicht mehr öffnen. Weder die Knöpfe am und im Auto noch jener auf der Fernbedienung wollten helfen. Also musste ich zum ersten Mal ein Testfahrzeug für eine Reparatur zurückbringen. Als ich den Patienten abholen wollte, strahlte mich ein Lexus-Mann an. Ein Knopf im Handschuhfach sei wohl aus Versehen gedrückt worden. Mit diesem könne man die Funktion des Heckklappenöffners deaktivieren. Offenbar hatte ich das Knöpfchen beim Versorgen der Bedienungsanleitung mit selbiger gedrückt. Viel peinlicher kann ein Besuch in der Werkstatt eigentlich gar nicht sein. Wie konnte ich nur annehmen, Lexus mache Fehler?


F-Sport: Der eindrückliche Frontspoiler scheint angesichts der Leistung etwas übertrieben.

Er macht Eindruck. Der Lexus GS 250 sieht im F-Sport-Trimm aus, als wolle er mit seinem Grill die Strasse fressen. Ein Heckspoiler und beachtliche 19-Zöller steuern das ihrige zum beherzten Auftritt bei. So ein Auto muss doch mindestens 300 PS unter der langen Haube haben. Doch hier haben wir es mit der "kleinen" Motorisierung des GS zu tun. Zum ersten Mal setzt Lexus nämlich bei der mittleren Baureihe auf Downsizing in Form des Motors aus dem kleineren IS. Der V6 hat getreu der Modellbezeichnung 2,5 Liter Hubraum und bringt es auf immerhin 209 PS. Die für ein Auto dieser Grösse bescheidene Leistung trifft auf ein Gewicht von 1750 Kilo.


Vorsicht: Wer diese Taste drückt, kann den Kofferraum nicht mehr öffnen.
Fahrmodi: Von sparsam bis sportlich hat der Lexus alles drauf.
L: Die Form des Tagfahrlichts ist kein Zufall.
Analog: Noch immer die einfachste Art, die Zeit anzuzeigen.

Die Kraftübertragung erfolgt mittels Sechsstufenautomatik an die Hinterachse. Und schon beim ersten dynamischen Abbiegen wird klar, dass der F-Sport durchaus zubeissen kann. Doch die leicht quietschenden Reifen passen eigentlich gar nicht zum angenehm zurückhaltenden Stil im Interieur des Japaners. Wäre da nicht das gewagte rotbraune Leder (Granat Rot – laut Lexuskatalog), manch einer würde den Innenraum als langweilig bezeichnen. Wenn man sich einmal an die Maus des Remote Touch genannten Bedienungssytem gewöhnt hat, ist man damit bestimmt deutlich schneller als mit einem Touchsscreen oder der althergebrachten Knöpfchenlandschaft. Von den intuitiven Lösungen von Audi, Mercedes und BMW ist man dann aber doch noch ein gutes Stück weit entfernt.


Stattlich: Der Lexus GS ist eine repräsentative Limousine.

Etwas entfernt fühle ich mich auch als Fahrer. Es ist sehr ruhig im GS 250. Die Lenkung ist sehr leichtgängig und die Automatik schaltet sehr komfortabel. Nur bei Kickdown drängt sich der V6 auch akustisch in den Vordergrund, dann aber fast schon unanständig laut. Natürlich lässt sich das Verhalten des Antriebs variieren. Es stehen vier Modi zur Verfügung, wobei nur der sportlichste auch Einfluss auf die Aufhängung nimmt. Sport S+ ist damit wohl ziemlich selten im Einsatz, denn der Federungskomfort nimmt erheblich ab. Eco, Normal und Sport unterscheiden sich vor allem in der Schaltcharakteristik, wobei Eco die entspannteste Variante ist.


Hübsch: Auch im Interieur spielen die Japaner in der obersten Liga.

Entspannen kann ich auf den bequemen Sitzen perfekt. Und wenn doch ein paar sportlichere Kurven in Angriff genommen werden sollen, lege ich die Seitenwangen des Fahrersitzes mit einem Knopfdruck etwas enger an und der Halt passt. Natürlich wird aus dem komfortablen Gestühl dadurch kein Schraubstock, doch das wäre der Limousine auch nicht würdig. Mehr denn würdig ist die Beschallung durch die Mark Levinson Audioanlage mit 835 Watt gelöst. Sie ist ein Teil des 4300 Franken teuren Navigations-Package, das auch noch die Rückfahrkamera, den DVD-Player und natürlich das Navi beinhaltet. Mit annähernd der gleichen Summe (4000.-) schlägt der adaptive Tempomat zu Buche.


Zurückhaltend: Abgesehen von Diffusor und Auspuffblenden gibt sich das Heck betont schlicht.

Das nette aber eigentlich überflüssige Head-Up Display kostet nochmals zwei violette Scheine Aufpreis und für das Schiebedach im ungewohnt kleinen Format kommen noch 1850 Franken hinzu. Mit diesen Optionen ausgerüstet kommt der F-Sport (84'800.- Franken) auf einen Preis von 97'500 Franken. Einerseits ein grosser Batzen, wenn man auf die PS-Zahl schaut. Andererseits bekommt man eine repräsentative Limousine, die bis ins Detail mit ausgezeichneter Verarbeitung überzeugt. Dazu kommt, dass der Lexus auch neben E-Klasse, A6 oder 5er eine sehr anständige Figur abgibt. Wer statt Markenprestige Platz, Komfort, sehr gute Ausstattung und eine anständige Portion Individualität will, macht mit dem Lexus GS 250 F-Sport ganz bestimmt nichts falsch. Mit genau 10 Liter Testverbrauch kommt der Edeljapaner ausserdem der Werksangabe von 9,1 Liter ziemlich nahe. Dass er nicht ganz so sportlich fährt, wie er ausschaut und manchmal auch klingt, man mag es dem grossen Autobahngleiter gerne nachsehen.

Kleine Schwächen leistet er sich dann doch noch: Die Umstellung der hübschen Uhr auf Sommerzeit muss man ganz altmodisch manuell vornehmen. Und als ich das letzte Mal aus der Limousine steige, fällt mir dann noch auf, dass sich in der Mulde des Türhandgriffs ein kleines Stück Filz gelöst hatte. Mit einer gewissen Beruhigung nehme ich zur Kenntnis, dass selbst Lexus Fehler macht. Aber nur ganz kleine.