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zuendung

21. September 2008

Grüner Riese

Opel | 0 Kommentare

Vor zwei Jahren testete der sffv eines der damals noch sehr seltenen Erdgasautos, dazu ausgerechnet das teuerste Modell *(Mercedes E200 NGT)*. Im Zuge der extremen Treibstoffverteuerung erleben derzeit alle Autos mit alternativen Antrieben einen Boom. Diesmal testeten wir das meistverkaufte Erdgas-Auto, den Combo von OPEL. Auch wenn sich der Absatz von mit Erd-/Biogas oder Bioethanol […]

Vor zwei Jahren testete der sffv eines der damals noch sehr seltenen Erdgasautos, dazu ausgerechnet das teuerste Modell *(Mercedes E200 NGT)*. Im Zuge der extremen Treibstoffverteuerung erleben derzeit alle Autos mit alternativen Antrieben einen Boom. Diesmal testeten wir das meistverkaufte Erdgas-Auto, den Combo von OPEL.

Auch wenn sich der Absatz von mit Erd-/Biogas oder Bioethanol betriebenen Autos in den letzten Jahren vervielfacht hat, beträgt ihr Anteil am Gesamtabsatz noch immer unter 1%. Mit der massiven Verteuerung von Benzin und Diesel und der Diskussion über CO2 und dessen möglichem Einfluss auf die Klimaerwärmung, und nicht zuletzt dank tieferem Preis des Treibstoffs werden alternativ angetriebene Autos auch für Flottenbesitzer immer interessanter. Erd- und Biogas gehören dazu.

Zwar ist der Erdgaspreis aus politischen Gründen an den Heizölpreis gekoppelt und Erdgas kommt oft aus politisch noch unzuverlässigeren Quellen als Erdöl, aber das chemisch identische Biogas könnte theoretisch von jedem Bauern und jeder Kläranlage hergestellt werden – und wird es auch immer öfter.
Damit ist dann auch Gewähr geboten, dass in fast jeder Ecke unseres Landes getankt werden kann.

Unser Testwagen, das meistverkaufte Erdgasauto der Schweiz, der Opel Combo, ist in der getesteten Ausführung zwar eher ein Auto für den Nahverkehr, aber auch damit tankt man ja lieber in der Umgebung des Wohnortes als weit weg.

Der Testwagen

Den 4.32m kurzen Combo gibt es als 1400er mit 90 PS schon ab Fr. 17'180 (alle Preise ohne MWSt.). Auch ein 1300er Dieseli mit 75PS (170 Nm/1750 U) ist erhältlich (ab Fr. 19'340). Topmotorisierung ist ein 1700er Diesel, der 100 PS leistet und ein max. Drehmoment von 140 Nm aufweist (ab Fr. 20'380.
Irgendwo dazwischen ist unser Erdgasmotor, ein 1600er, der 94 PS leistet und dessen bestes Drehmoment 133 Nm beträgt bei 4'200 Touren. Sein Preis: Fr. 21'680. für die besser ausgerüstete Comfort-Version sind Fr. 1'300 mehr zu berappen, die sich für Vielfahrer lohnen.

Aber auch in der "N…" – Ausführung (der ausgeschriebene Name verletzt heute zarte Gemüter) ist alles vorhanden, was man dringend braucht zum Fahren:
Eine ansprechende Sicherheitsausstattung mit zwei Airbags, Automatikgurten mit Gurtstraffern, Seitenaufprallschutz, ABS, Wegfahrsperre, Pedal Release, Nebelleuchten, Sicherheitsfahrwerk, Zentralverriegelung, Servolenkung, Radio/CD, usf.
Innen gibt es Stoffpolster, viele Ablagefächer, verglaste Hecktüren, Verzurrösen und vieles mehr.
Weiteres Zubehör ist gegen Aufpreis zu haben, z.B. Klimaanlage (1250), Standheizung (2140), Navi (1580), Schiebetüre(n), Heckklappe statt -türen, usw.

Mit 4,32m Länge, 1,80m Höhe und 1,89m Breite (ohne Spiegel 1,68m) ist der Combo sehr kompakt. Dass man eine max. Laderaumlänge von 1,78m hat, mit umgelegtem Beifahrersitz sogar 2,70 Meter, erstaunt. Auch die maximale Breite ist mit 1,35m ansehnlich (minimal 1.11m).
Unser 2-plätziger Testwagen wiegt leer 1'415 Kg, die Nutzlast beträgt 530 Kg und sein Gesamtgewicht somit 1'945 Kg. Diese Zahlen stammen vom Fahrzeugausweis des Testwagens. Prospekt und Preisliste nennen nämlich teilweise andere, höhere und damit falsche Zahlen (z.B. Nutzlast 623 kg).
Den Innenraum haben wir nicht selber nachgemessen, aber die max. 3'130 Liter (bis zu den Vordersitzen, ECIE) sind glaubhaft. Das Auto ist innen viel grösser als aussen.
Aufgrund der nur 133 g/km CO2 kann man den Combo getrost als grünen Riesen bezeichnen.

Die Kraftstofftanks fassen einerseits 19 Kg Erdgas (wir hätten zwar behauptet, es sei weniger, da wir nie mehr als 14 Kg tanken konnten) und andererseits 14 Liter Benzin.
Der Erd- oder Biogasvorrat reicht also für 300 Km und mehr, der Benzinvorrat im Notfall für noch einmal rund 200 Km.

Wie fährt er sich?
Zwar hat das Auto dran, was man unbedingt braucht. Viel- und Weitfahrer werden dieses und jenes vermissen, aber das Preis-/Leistungsverhältnis ist nicht schlecht.

Hervorragend sind der viele Platz, der gut zugängliche Laderaum, die einfache Bedienung und – erstaunlich – der Sitzkomfort. für den Beifahrer ist etwas weniger gut geschaut, dessen Sitz kann man nämlich nicht verstellen.
Die Ausstattung ist recht mager (was man via Ausstattungsliste verbessern könnte), aber für den Nahverkehr genügend. Die Sicht nach hinten ist wegen des Mittelholms der im Übrigen sehr praktischen Hecktüren etwas eingeschränkt. Die beiden Aussenspiegel haben aber in etwa die Grösse von Laptop-Bildschirmen, womit sicheres Rückwärtsrangieren gewährleistet sein sollte.
Der grosse Laderaum ist unüberhörbar während der Fahrt, umso mehr als er keinerlei Verkleidungen aufweist und auch der Motor ein eher rauer Geselle ist.

Massvoller Verbrauch

Erdgas tankt man bekanntlich nicht in Litern, sondern per Kilogramm. 1 Kilo entspricht der Energie von 1,5 Litern Benzin (1,47 seien es ganz genau). Opel nennt als Verbräuche: 6,6 Kg städtisch (entsprechend 9.7 Lt.), 3,9 Kg ausserstädtisch (5,7 Lt.) und einen Gesamtverbrauch von 4,9 Kg (7,2 Lt).
Wir verbrauchten 5 bis 5,2 Kg Gas auf 100 Kg. Zusammen mit dem Benzin, das wir auch verbrauchten, kamen wir, mit etlichen längeren Autobahnfahrten und generell zügig gefahrenen Kilometern auf Benzin bezogene rund 8 Liter.
Zu bemerken ist noch, dass der Testwagen brandneu, frisch eingelöst und noch ungefahren war. Es wäre nicht das erste Auto, dessen Verbrauch noch sinkt, wenn es erst mal richtig eingefahren ist.

Günstiger Treibstoff

Ob man so und so viele Prozente oder so viele günstiger fährt, ist immer etwas theoretisch. Darum hier die Facts:
Für die total getankten 23,9 Kg Gas haben wir Fr. 42.83 bezahlt (= Fr. 1.80 pro Kg). Auf Benzin umgerechnet ergibt das einen Literpreis von Fr. 1.22. Bei einem aktuellen Bleifrei 95-Preis von Fr. 1.90 müssen wir den Vorteil wohl nicht mehr speziell betonen.

Service und Garantien

Opel verlangt einen Service alle 60'000 Km oder alle 2 Jahre. Jährlich oder alle 30'000 Km ist ein sogenannter Interims-Service fällig.

Anschliessend an die 2-jährige Werksgarantie kann eine km-mässig individuelle Anschlussgarantie gekauft werden für das dritte und vierte Betriebsjahr (Opel Plus **).

Fazit

Günstig in der Anschaffung, aussen kompakt, innen riesig. In der mageren Ausstattung eher für den Nahverkehr geeignet, da innen auch eher laut (grosser Hohlraum). Aber alles, was man braucht, ist grundsätzlich vorhanden.
Bequeme Sitze, Beifahrersitz nicht verstellbar. Sehr viel Platz (über 3 m3) im Laderaum.
Eher rau tönender Motor, aber Kraft bei vorwiegendem Nahverkehr völlig ausreichend.

Erdgas, Benzin oder Diesel?

Vom Umweltschutz- oder Klimagedanken her keine Frage: Biogas ist sozusagen CO2-neutral, auch mit Erdgas sind die 133 g/km erfreulich tief.

Für Fr. 1'300 weniger erhält man den schnelleren und spurtstärkeren 1700er Diesel. Sein Dieselverbrauch in Litern entspricht in etwa dem Kg-Verbrauch des CNG. Das CNG (Erdgas) ist allerdings pro Liter 88 Rp. billiger als der Dieseltreibstoff.
Bis vor kurzem haben lokale Gaswerke den Kauf von CNG-betriebenen Autos unterstützt und Vergütungen von 2'000 bis 5'000 Franken bezahlt. Als einzige Gegenleistung musste man zwei oder drei Kleber anbringen "Ich fahre mit Erdgas" "Städtische Werke Dingsda…".
Schon mit einer relativ geringen Unterstützung eines Gaswerks fährt man also in jeder Beziehung günstiger mit dem umweltfreundlichen Auto. Und den Imagegewinn als umweltfreundliche Firma hat man noch gratis dazu.

PS: Den Opel Combo gibt es übrigens nicht nur als Kastenwagen, sondern, mit gleichen Motorisierungen, auch als verglaste 5-Plätzer zu Preisen ab 18'400 / 19'800. Den 1600er CNG gibt's ab Fr. 23'000 / 24'700 (exkl/inkl. MWSt.).

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