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zuendung

8. Dezember 2012

Katze auf Diät

Jaguar | 0 Kommentare

Der XF hat die Designrevolution bei Jaguar begründet. Weg von der zwar eleganten aber immer gleichen Form, weg auch vom etwas angegrauten Image, ganz anders als sein Vorgänger S-Type. Inzwischen hat man sich an die "andere" Jaguarform gewöhnt. Seit der E-Klasse-Konkurrent vor viereinhalb Jahren auf den Markt kam, hat er sich im Rahmen eines Facelifts […]

Der XF hat die Designrevolution bei Jaguar begründet. Weg von der zwar eleganten aber immer gleichen Form, weg auch vom etwas angegrauten Image, ganz anders als sein Vorgänger S-Type. Inzwischen hat man sich an die "andere" Jaguarform gewöhnt. Seit der E-Klasse-Konkurrent vor viereinhalb Jahren auf den Markt kam, hat er sich im Rahmen eines Facelifts noch etwas aggressivere Gesichtszüge anoperieren lassen. Leider haben es die Designer im Bereich der Frontscheinwerfer etwas übertrieben: Das Tagfahrlicht wirkt für meinen Geschmack zu aufdringlich. Noch immer sehr attraktiv ist die dynamische Linienführung. Einen Jaguar zu fahren war schon immer ein Statement guten Stils. Diese Tradition lebt man auch mit dem XF weiter.

Und wie passt ein Selbstzünder zur schicken Form? Soundmässig erst mal gar nicht: Der 2.2 Liter grosse Vierzylinder nagelt zu dieser Jahreszeit besonders beim Kaltstart etwas zu lautstark. Immerhin werden die Passagiere beim Starten mit einer schönen Show abgelenkt. Zum einen fährt der runde Automatikwählknopf selbstätig aus, zum anderen erscheinen wie von Zauberhand die Lüftungsdüsen mit einer eleganten und lautlosen Drehbewegung aus dem Armaturenbrett. Da passt es nur zu gut, dass James Bond aktuell mit Jaguar (oder Land Rover) unterwegs ist. Genau solche Gadgets sollen die Briten doch von den unterkühlten Deutschen unterscheiden.

Unterkühlt sind auch die Temperaturen draussen, schliesslich ist November. Also einfach kurz die Sitzheizung eingeschaltet, um nicht fröstelnd hinter dem Lenkrad zu sitzen. Weil es für diese Funktion aber keinen Knopf, sondern nur einen Unterpunkt im Touchscreenmenü gibt, sind dafür einige Fingertipps vonnöten. Überhaupt dieses System: Es reagiert zu langsam, es ist nicht sonderlich logisch aufgebaut und es ist auch optisch alles andere denn ein Wohlgenuss. Nein, es ist einem Jaguar nicht würdig. Ok, so manch ein Zeitgenosse würde auch den Antrieb als unwürdig betrachten. Doch wie macht sich der Vierzylinder unter der eleganten Haube eigentlich?

Er beginnt mit einer leichten Anfahrschwäche, um bald die vollen 450 Newtonmeter beisammen zu haben. Die Achtgangautomatik ist bestrebt, die Gänge regelrecht miteinander verschmelzen zu lassen. Im Einsteigerdiesel ist sie zudem mit einem überzeugend arbeitenden Stopp-Start-System verbunden, das den Verbrauch in Richtung Normverbrauch (5,4 Liter) treiben soll. Der 1,9 Tonnen schwere Wagen, kommt flott in die Gänge, ohne Erinnerungen an einen Sportwagen zu wecken. Geweckt werden höchstens schlafende Passagiere, die sich auf sänftenartigen Komfort eingestellt hatten. Der XF rollt auch bei Plusgraden auf Winterreifen einigermassen hölzern ab und teilt gerade auf kurzen Wellen gerne einmal den Strassenzustand mit. Erstaunlich mitteilsam ist auch die markentypisch leichtgängige Lenkung, was dann aber wieder etwas Positives ist.

Die Lenkung ist es auch, die besonders die schnellen Kurven zur Leibspeise des XF macht. Und wenn ich die Katze alleine bewege, geniesse ich das so richtig. Mit Passagieren an Bord ist diese Art der Fortbewegung nicht zuletzt aufgrund des nicht gerade reichlich vorhandenen Seitenhalts der Sitze wenig ratsam. Die Ledersessel sind dafür auch auf langen Strecken bequem, obwohl die Höhenverstellung jeweils nur die Neigung des Sitzkissens ändert.

Eine spezielle Neigung mussten früher auch Jaguar-Fahrer mitbringen. Spätestens mit dem XF ist den Briten unter indischer Regie ein Auto gelungen, das es durchaus mit der teutonischen Konkurrenz aufnehmen kann. Knapp unter 60'000 Franken geht der Spass los, der durch eine gar nicht mal so lange Aufpreisliste nur leicht getrübt wird. So ein schöner Wagen will schliesslich anständig individualisiert werden. Mit Leder und einigen anderen schönen Annehmlichkeiten ausgestattet bewegt sich der Testwagenpreis dann in Richtung 75'000 Franken, was für den gebotenen Auftritt nicht entschieden zu viel erscheint. Nicht zu viel gönnt sich auch der Jaguar selber: Im Test kam der Vierzylinder mit 6,8 Liter Diesel aus. So lässt sich also durchaus Genuss mit Vernunft kombinieren.

Bald verbessert Jaguar seine Chancen im Segment mit einem Sport Brake genannten Kombi. Allradantrieb kommt ebenfalls hinzu. Zwei weitere kleine Revolutionen bei den Indien-Briten, die belohnt werden dürften. So wird man sich weiter bei den Stilsicheren dieser Welt etablieren, die auch an die Technik hohe Ansprüche stellen. Genau jene Kundschaft dürfte auch am XF mit dem "kleinen" Dieselmotor Gefallen finden. Wer allerdings Punch sucht, wie er von der dynamischen Hülle angedeutet wird, sollte zu einer stärkeren Variante greifen. Für mehr Komfort würde sich zudem das adaptive Fahrwerkt empfehlen, das den stärkeren Motorisierungen vorbehalten bleibt.