Seite wählen

zuendung

5. Juli 2013

Schalten lassen im Abarth

Abarth | 0 Kommentare

Abarth 595 Turismo – Mit den Modelbezeichnungen haben sie es einfach im Griff, die Italiener. Die würden aus dem langweiligsten Stück Holz irgendwie etwas Grossartiges machen, würde man nur den dafür gewählten Namen aussprechen. Beim Testwagen geht das natürlich über die Bezeichnung hinaus: Der zweifarbige Lack macht mächtig was her. Was bei anderen nur peinlich […]

Abarth 595 Turismo – Mit den Modelbezeichnungen haben sie es einfach im Griff, die Italiener. Die würden aus dem langweiligsten Stück Holz irgendwie etwas Grossartiges machen, würde man nur den dafür gewählten Namen aussprechen. Beim Testwagen geht das natürlich über die Bezeichnung hinaus: Der zweifarbige Lack macht mächtig was her. Was bei anderen nur peinlich wirken würde, trägt der kleine 500 mit Stolz und Würde. Als ich mit dem Dreitürer bei einem Event von Lamborghini auftauche, meint eine Dame, der Abarth sei ohne Zweifel das schönste Auto weit und breit.

So viele Komplimente der Winzling auch erhält, wir müssen hier auch andere Talente als bloss den schönen Schein testen. Der Turismo fährt mit dem MTA Abarth Competizione genannten Automatikgetriebe vor. Wobei Automatikgetriebe eigentlich das falsche Wort ist. Es handelt sich vielmehr um ein automatisiertes Schaltgetriebe. Wenn man bedenkt, dass es im Regal von Alfa Romeo ein Doppelkupplungsgetriebe gäbe, eine eher spezielle Wahl. Die Erklärung: Letzteres findet nur bei MultiAir- und nicht bei T-Jet-Motoren Verwendung.

Speziell ist auch das Startprozedere: Nach dem Schlüsseldreh ist ein Knopfdruck auf die Nummer 1 nötig, wobei die Zahl für den ersten Gang steht. Etwas verwirrlich ist dabei lediglich, dass auch ein mit A/M beschrifteter Knopf zur Verfügung stünde. Dieser löst aber nur den Wechsel vom automatischen in den manuellen Modus aus. Manuelle Eingriffe per Lenkradpaddel sind immer möglich. Für die Position N müssen aber nicht beide Paddel gleichzeitig (wie z.B. bei Lamborghini), sondern ein entsprechend beschrifteter Knopf gedrückt werden. In der Praxis ist die Sache nicht ganz so kompliziert, wie sie jetzt vielleicht klingen mag.

Wenn wir schon beim Klingen sind: Mit seinen zwei Auspuffrohren lärmt der 595 wie ein Grosser. Besonders wenn er gestartet wird, ertönt ein fast schon rennwagenmässiges Röcheln. Den Piloten (oder natürlich auch die Pilotin) freut's. Der Sound passt bestens zu den wunderschönen roten Sitzen, die von Poltrona Frau beledert sind. Obwohl auch auf dem Armaturenträger noch reichlich Rot präsentiert wird, ist es dem Fan ganz bestimmt nicht zuviel des Guten. Er wird auch darüber hinwegsehen, dass die Sitzposition wie gehabt zu hoch und das Lenkrad nur in der Höhe verstellbar ist. Eher wird er sich am detailverliebten Tankdeckel freuen, der in Alu ausgeführt und natürlich mit dem Skorpion versehen ist.

Ein bisschen weniger Freude macht das zuweilen hoppelige Fahrverhalten, das sicher auch dem kurzen Radstand geschuldet ist. Insbesondere kleine Kanten, wie man sie in verkehrsberuhigten Zonen kennt, werden selbst bei Schritttempo praktisch filterlos an die Insassen weitergegeben. Ist man etwas sportlicher unterwegs, passt die Portion gesunde Härte dann sowieso wieder besser ins Bild. Doch auch dann vermag das automatisierte Schaltgetriebe nicht überzeugen. Dabei heisst das Ding doch Abarth competizione. Viel zu lange sind die Schaltpausen zwischen den Gängen. Manch einer mag sich an den wahrlich nicht sportlichen Smart fortwo erinnern fühlen. Auch dort nicken Mitfahrende rhythmisch zu jedem Schaltvorgang. Immerhin legt die Automatik im Sportmodus beim Runterbremsen selbsttätig einen tieferen Gang ein. Wer aber zum ersten Mal fährt, wird bei abrupten Bremsvorgängen überrascht sein, wie der automatische Zwischengasstoss zu einem leichten Zusatzschub verhilft, den man in dieser Situation ganz bestimmt nicht haben will.

Das Getriebe kann man also nur jenen Abarth-Interessent(innen) empfehlen, die partout nicht selbst schalten können oder wollen. Doch was ist mit dem Rest? Der 500 bleibt auch nach sechs Jahren eine äusserst frische Erscheinung. Kaum jemand, der den kleinen Italiener nicht mögen würde. Mit dem kecken Zweifarbenlook für relativ günstige 1200 Franken macht man den Abarth 595 Turismo gleich nochmals ein paar Stufen attraktiver. Da wird auch der winzige Kofferraum (180 Liter) und der praktisch nur für Gepäck nutzbare Bereich hinter den Vordersitzen zur Nebensache. Natürlich gibt es hinten zwei Sitzplätze inlusive Kopfstützen und Dreipunktgurten. Doch selbst mit unter 1,7 Meter Körpergrösse wird es extrem eng und unbequem.

Ab 29'850 CHF gibt es den Turismo. Mit der Paddelschaltung und der Bicolorlackierung kommt er auf 32'700 Franken. Eine Menge Geld für ein so kleines Auto. Natürlich ist er mit 160 PS mehr als anständig motorisiert. Doch die vielen Cavalli des 1,4 Liter Turbomotors haben auch einen ziemlichen Durst: 8 Liter brauchte er im Schnitt. Dass er damit eineinhalb Liter über dem Normverbrauch (6,5 L) liegt, kennen wir von allen Herstellern.

Um zu testen, ob wir mit dem kleinen Abarth zu hart ins Gericht gehen, stand zum Abschluss eine Fahrt mit einem Italiener im Italiener zum Italiener an. Zunächst zeigte er sich positiv überrascht, ob des hübschen und anständig verarbeiteten Interieurs. Doch auch Marco meinte auf der Fahrt zum Restaurant Casa Tolone in Luzern, wieso ich denn so seltsam schalten würde. Erst auf den Hinweis, dass dies eben eine Art Automatik sei, realisierte er das Fehlen eines Schaltstockes. Als seine Verwunderung langsam purer Skepsis wich, wagte er die nächste Frage: "Aber das ist doch ein Abarth?". Richtig. "So ein tolles sportliches Auto sollte man doch per Hand schalten". Dem ist nichts hinzuzufügen.