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29. Dezember 2017

Tag und Nacht

Renault | 0 Kommentare

Renault Captur Initiale Paris Energy TCe 120 EDC Tag und Nacht Wir haben uns ja ziemlich unglücklich (infeliz) gezeigt über einen in Portugal gefahrenen Renault Captur. Renault Suisse hat darauf so reagiert, dass uns ein stärkerer und besser ausgestatteter Captur für eine ausgiebige «Zweite Chance» angeboten wurde. Wir haben sie genutzt.   Mit in 2016 […]

Renault Captur Initiale Paris Energy TCe 120 EDC

Tag und Nacht

Wir haben uns ja ziemlich unglücklich (infeliz) gezeigt über einen in Portugal gefahrenen Renault Captur. Renault Suisse hat darauf so reagiert, dass uns ein stärkerer und besser ausgestatteter Captur für eine ausgiebige «Zweite Chance» angeboten wurde. Wir haben sie genutzt.

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Mit in 2016 über 215‘000 verkauften Fahrzeugen war der Captur unter den urbanen Crossovers der Bestseller in Europa. So einem Auto muss man unbedingt nochmals eine Chance geben. Umso mehr, als Renault den Captur im Mai 2017 neu aufgelegt hat.

Wir fuhren diesmal nicht die simpelste, schwächste und billigste Version (siehe http://zuendung.ch/fahrbericht/infeliz ) , sondern ein Fahrzeug von der genau andern Seite der Gamme, die Topversion Initiale Paris, mit dem 1200er Benziner mit 120 PS und einem automatisierten 6-Gang-Getriebe (EDC).  Aber beginnen wir doch ganz unvoreingenommen von vorne.

Mit einer Länge von gut 4.12m ist der Captur, der jetzt etwas seinem grösseren Bruder Kadjar gleicht, ein relativ kleines Auto. Seine Breite von 1.78m, vor allem aber die knapp 1.57m Höhe lassen ihn aber wesentlich grösser erscheinen. Er ist ein kleiner SUV oder auch Crossover, wie sie momentan sehr im Trend sind. Nicht nur mit den Namen sticht Renault aus den Mitbewerbern hervor (Captur, Kadjar, …), sondern auch mit dem Design, das alles andere als langweilig ist. Da ist kaum eine gerade Linie zu finden. Zudem kann dank zweifarbigen Lackierungen aus über 30 Kombinationen gewählt werden und damit ein individueller, persönlicher Captur kreiert werden. Unser Testwagen war übrigens Weiss/Schwarz. Man hätte aber auch etwas aus Orange Atacama, Bleu Océan und Gris Platine zusammenbauen können.

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Der Captur ist mit einer Diesel- (1461 ccm / 110 PS) und zwei Benzinmotorisierungen lieferbar. Den 898er 90 PS-Benziner können wir, wie im Fahrbericht «Infeliz» notiert, nicht empfehlen. Daneben gibt es aber auch einen 1200er mit 120 PS und 205 Nm Drehmoment, der als Handschalter oder als Automat (resp. automatisiertem 6-Ganggetriebe) erhältlich ist. Und genau letztere Kombination war in unserem Testwagen eingebaut.

Die Ausstattungsvarianten beginnen beim LIFE, den es für CHF 18‘300 nur mit der kleinsten Motorisierung gibt und mit der man wohl kaum glücklich werden kann. Die Versionen ZEN und INTENS, aber auch 90th anniversary, sind auch mit den besseren Motorisierungen zu haben. Die «Krönung» sozusagen ist dann der «Initiale Paris», bei dem eigentlich nur noch Zweifarbigkeit (650 bis 800 Franken) bezahlt werden muss.  Für diese vollständig ausgestattete Version sind dann aber 31‘300 Franken anzulegen.

«Die Signatur INITIALE PARIS vereint das gesammelte Know-how der Renault-Gruppe» steht im Prospekt. Mit Verlaub, das stimmt nicht, denn Renault kann besser! Mit exklusivem Ambiente (was immer das sein mag) und vollnarbigem Nappaleder und dergleichen ist es natürlich nicht getan. Klar ist der Testwagen fein ausgestattet und verfügt über Totwinkel-Assistent, Easy Park Assist, automatische Entriegelung des Fahrzeuges und schlüsselloses Starten des Fahrzeuges. Auch in Sachen Audio und Multimedia ist der Captur à jour. Aber auch mit Verlaub: Das ist bei vielen Mitbewerbern auch Standard, ist im Captur nicht vollständig und – hoffentlich – bei weitem nicht das gesamte gesammelte Know-how von Renault.

Aber machen wir’s kurz: Unser Testwagen ist ein hübsches und gut ausgerüstetes Fahrzeug, in und mit dem es angenehm zu fahren ist. Für über 31‘000 Franken darf man das aber auch erwarten. Auch wenn der in Portugal gefahrene Billigst-Captur und die jetzt gefahrene Topversion fast wie Tag und Nacht sind, so ganz alles hat uns denn auch an dieser Top-Version nicht gefallen.

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Wir fahren

Die Türen öffnen durch Druck aufs Knöpfchen an der Türfalle einer Vordertüre. Geht man dann ums Auto herum, muss man damit rechnen, dass sich das Auto gleich wieder abschliesst, von selbst. Naja.

Der Kofferraum entspricht natürlich dem des kritisierten Miet-Capturs. Es passt halt wirklich nur ein einziger mittlerer Koffer hinein, trotz der offiziell 377 bis 455 Liter Platz. Wer mehr Platz benötigt, klappt die Rücksitze ab und erhält nun bis zum Dach 1‘235 Liter Raum.

Die Sitze sind bequem und die Einstellungen vielfältig. Man sitzt etwas erhöht, was, wie wir von Verkäuferseite vernommen haben, vor allem ältere Leute sehr schätzen. Die Instrumentierung bietet keine Rätsel, alles bestens.

Haben wir bei der 90 PS-Version (140 Nm) die ausserordentlich Lahmheit und fehlende Kraft kritisiert, so haut die nur 30 PS stärkere Version dank 205 Nm Drehmoment nun ganz anders ab. Ja, es machen sich Antriebskräfte am Lenkrad bemerkbar und beim zügigen Losfahren um Kurven neigt der 120 PS-Captur sogar zum Scharren.

Der Initiale Paris mag ja top ausgerüstet sein, aber da der Test bei Schnee und Eis stattgefunden hat, wurde die fehlende Lenkradheizung tagtäglich mehrmals vermisst, wirklich schade!

Die Sitzheizung hat nur eine einzige Stufe (üblich sind sonst drei) und der Schalter ist seitlich unten an den Sitzen angebracht. Für die Beifahrerseite ist der Schalter vom Fahrersitz aus weder sichtbar noch bedienbar; Beifahrer steigen ja einfach aus, ohne sich um dergleichen zu kümmern. Die Heizung sollte mehrstufig sein und die Schalter sichtbar am Armaturenbrett oder an der Mittelkonsole.

Das Navi ist nicht dasselbe wie am Mietauto, es ist jetzt sehr gut ablesbar, da spiegelt nichts, da sind Welten dazwischen.

Mittlerweile fahren wir über unsere Teststrecke im Jura. Auf der A2 die Belchenrampe hinauf gehören wir zu den Schnelleren, der Captur läuft ausgezeichnet, es ist eine Freude. Vor allem nach der Enttäuschung mit dem Miet-Captur. Auf den schmalen Jurabergstrassen und den engen Kurven macht der Test-Captur eine sehr gute Falle. Doch, was uns auch auf geraderen Strecken aufgefallen ist: Irgendetwas scheppert/klappert ab und zu aus dem Bereich der Rücksitze. Das hingegen hatten wir auch am Miet-Captur festgestellt.

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Dann Transfer auf der Autobahn. Tempomat ist vorhanden. Aber ist es sinnvoll, den Einschaltknopf tief unten zwischen den Vordersitzen zu verstecken? Man kann ja den Blick auf der Strasse lassen und einfach mit der rechten Hand herumfummeln, bis man den Schalter gefunden hat und auf die richtige Seite drücken. Man kann auch statt auf die Strasse zwischen die Sitze schauen und den Schalter suchen … Schlauer wäre wohl, den Ein-/Ausschalter auch ans Lenkrad zu versetzen, in die Tempomatknöpfe, mit denen man dann die Geschwindigkeit einstellt. Gefreut haben wir uns aber darüber, dass der Captur beim Abstellen des Motors, resp. nach dem Parkieren, «die Ohren anzieht», will heissen, die Aussenspiegel automatisch einklappt.

Der 1197 ccm kleine Euro6-Motor, der 120 PS leistet und ein Drehmoment von 205 Nm bei 2‘000 Touren aufweist, sprintet mit dem automatisierten 6-Gang-Getriebe (EDC) in 10.6 sec. von 0 auf 100. Die Spitzengeschwindigkeit liegt mit 192 Km/h sogar 10 Km/h höher als beim manuell geschalteten Captur. Der kleine 5-Plätzer wiegt 1‘277 Kg und darf 467 Kg zuladen. Das ist ein guter Wert, für ein so kleines Auto sogar ein sehr guter.

Gemäss NEFZ soll der Gemischtverbrauch 5.5/5.6 Liter betragen (125/127 g CO2). Winterreifen, Schnee, Eis, Temperaturen unter Null und viele kalt gefahrene Kurzstrecken sind sehr schädlich für den Verbrauch. Die 7.5 Liter Testverbrauch sind deshalb nicht massgeblich. Zwischendurch massen wir einmal 6.98 Liter, aber eben, unter normalen Bedingungen kommt man wohl mit einem Liter weniger aus, sprich, 6.5 Liter sollten dem Alltagsverbrauch entsprechen.

Garantien: Renault Suisse bietet 3 Jahre oder 100‘000 Km Neuwagengarantie. Die kann man für 1‘400 Franken um weitere 3 Jahre und 50‘000 Km verlängern.

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Zusammenfassung

Trotz auf dem Papier nicht riesiger Unterschiede zwischen dem Billig-Mietauto und der Topversion (+ 30 PS) ist das Auto nicht wiederzuerkennen (wie Tag und Nacht) und hinterlässt nun einen positiven Eindruck. Die Ausstattung des Initiale Paris ist zwar – für einen Mini-SUV – recht umfassend, aber könnte immer noch besser sein:

Eine Lenkradheizung gehört heute in ein Auto dieser Klasse, vor allem, wenn’s die Topversion ist.

Die Sitzheizung dürfte mehr als nur eine Stufe haben und die Schalter sollten sichtbar und gut zugänglich sein.

Der Tempomat sollte nicht zweigeteilt sein. Das Ein-/Ausschalten versteckt zwischen den Sitzen ist der Sicherheit abträglich und unbequem.

Aber sonst: Dem aktuellen Zeitgeist entsprechendes, flinkes Auto, das grösser aussieht als es ist, gut ausgestattet, zu einem stattlichen Preis.

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