Seite wählen

zuendung

10. September 2008

Und der Mythos lebt weiter

Alfa Romeo | 0 Kommentare

Laut Definition entspricht das griechische Wort Mythos einer Erzählung über die Götter. Ob 8C, 33 Stradale, Giulia Sprint GTA, Montreal, SZ oder 156, Alfa Romeo war schon immer gut für automobile Götter und die entsprechenden Geschichten. Und nach dem übergewichtigen 159 soll der neuste Wurf den Alfamythos weiter zelebrieren. Doch damit nicht genug, die Alfa […]

Laut Definition entspricht das griechische Wort Mythos einer Erzählung über die Götter. Ob 8C, 33 Stradale, Giulia Sprint GTA, Montreal, SZ oder 156, Alfa Romeo war schon immer gut für automobile Götter und die entsprechenden Geschichten. Und nach dem übergewichtigen 159 soll der neuste Wurf den Alfamythos weiter zelebrieren. Doch damit nicht genug, die Alfa Marketingmenschen meinen, der Name ihres kleinsten Sprosses setze sich auch noch aus den Anfangsbuchstaben von Milano und Torino zusammen. Denn in Mailand entstand das Design und in Turin wird er gebaut. In Sachen Auto und Mythos fällt mir noch eine Studie von Pininfarina für Ferrari ein, die genau diesen Namen trug. Schon die Modellbezeichnung macht also eines klar: Alfa Romeo will mit dem Mito hoch hinaus. Die schön gestylte Broschüre bestärkt meinen Eindruck: "Das ist der Mito, der sportlichste Kleinwagen der Welt."


Augenaufschlag: Die Front wird am ehesten Stoff für Designdiskussionen liefern

Spätestens jetzt muss ich an den Mini denken, der nicht nur für mich das Ideal an Sportlichkeit in der Kleinwagenklasse darstellt. Obwohl der Mito sich von der Grösse her bestens zu Vergleichen mit Renault Clio, Opel Corsa und Seat Ibiza eignen würde, ist er eindeutig gegen den Erben von Sir Alec Issigonis' Kultzwerg positioniert. Gegenüber dem aktuellen Mini ist der Alfa Romeo Mito aber mehr als 35 Zentimeter länger. Ein Blick auf die Silhouette macht sofort klar, wo dieses Plus an Länge steckt. Der vordere Überhang ist auffällig gross ausgefallen, was mich bezüglich Fahrverhalten schon etwas zweifeln lässt. Immerhin ist auch der Radstand um 5 Zentimeter länger.


Cioccolato: Ohne Zweifel die schönste Ansicht des neuen Alfa Romeo Mito

Doch Vermutungen und Zahlenvergleiche können niemals den eigenhändigen Dreh am wunderbar gestalteten Zündschlüssel ersetzen. Zum Glück. Der 1.4 Liter Turbomotor scheint ein waches Kerlchen zu sein. Ohne nennenswerte Anfahrschwäche zieht er die 1145 Kilo nach vorne. Die Antriebsschlupfregelung bleibt auch bei zügigen Starts arbeitslos. Ein Blick in die Region vor dem Schalthebel offenbart das serienmässige Alfa DNA. Mit der Desoxyribonukleinsäure hat das System aber nur die Abkürzung gemeinsam. Hier geht es um den Charakter des Fahrerlebnisses. Während Stellung A (all weather) vornehmlich im Schnee zum Einsatz kommen dürfte, ist N schlicht die Normalstellung. In D wie Dynamic wird's spannend, weil dann die Gasannahme spontaner, die Lenkung schwergängiger und die Eingriffe des ESP in die wirklich sportliche Zone verlegt werden. Eine mühsame Eigenheit des DNA-Schalters ist es, dass er nach Bedienung immer wieder in die Mittelstellung (N) zurückspringt, auch wenn ein anderes Programm gewählt ist, was wiederum durch ein kleines Lämpchen signalisiert wird. Keine optimale Lösung.


Long nose: Der grosse vordere Überhang unterscheidet den Mito von seinem grössten Konkurrenten

Doch die Wirkung des Schalterchens ist dafür umso optimaler: Im Dynamic-Modus machen Kurven richtig Spass. Die Bremsen zeigen, dass sie mehr können denn nur schön unter den Felgen hervorblitzen. Das Fahrwerk ist einfach klasse, Untersteuern ein Fremdwort. Die Lenkung fällt sehr genau und frei von Antriebseinflüssen aus, könnte für meinen Geschmack aber noch direkter sein. Die 155 Rösser unter der Haube machen so richtig Laune, wobei dem Aggregat obenrum etwas die Luft ausgeht. Dann hilft es auch nichts, den nächsten Gang zu wählen. Denn erstens stimmen die Anschlüsse nicht und zweitens sind die Schaltwege für ein sportliches Auto viel zu lang und undefiniert. So wird schnelles Schalten zur Qual. Also wende ich mich dem zu, was man Neudeutsch mit Cruisen beschreiben würde. Diese Art der Fortbewegung kommt dem Alltagsbetrieb wohl ohnehin viel näher als das von Testern so geliebte Bergstrassenwetzen. Die 230 Newtonmeter ermöglichen souveränes Vorankommen auch bei niedrigen Drehzahlen. Von der Charakteristik her, erinnert der Motor fast schon an einen Diesel. Jetzt passt auch die für ein sportliches Auto etwas gar anständige Geräuschkulisse bestens ins Bild. Nur ein leichtes Zischen erinnert an das TB in der Modellbezeichnung.


Arte: Bei Alfa Romeo sind sogar die Modellschriftzüge reif fürs Kunstmuseum

Auch in langsamer Fahrt ist der "rosso giulietta" tragende Testwagen ein absoluter Blickfang. Die TT-Jungs schauen dem Kleinwagen mit 8C-Knackarsch ebenso hinterher, wie die gesetzten Herren in ihren in Langeweilesilber lackierten Limousinen. Beim Design scheint die Marke mit dem Cuore Sportivo sehr vieles richtig gemacht zu haben, auch wenn ich persönlich mit den Tränensackscheinwerfern an der Front noch so meine Mühe bekunde. Doch die knackige Seitenansicht und das massive Hinterteil mit seinen rubinrot schimmernden LED-Lichtkreisen entschädigen so einiges. Sie lassen vielleicht auch vergessen, dass die Kopfstütze zu weit nach vorne ragt und so meinen Kopf in eine umkomfortable Lage zwingt. Ansonsten würde ich die Sitze (auch in Reihe zwei) aber durchaus für eine längere Strecke empfehlen. Auch Fahrwerkseitig ist Alfa Romeo ein wunderbarer Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort gelungen, der ohne die in Mode gekommene übertriebene Härte auskommt. Das Kofferraumvolumen entspricht mit 270 Liter übrigens genau jenem des Mini Clubman und eignet sich durchaus für den ausgedehnten Wochenendtrip zu Zweit.


Rosso Giulietta: Die Farbe mit dem klangvollen Namen steht dem Mito perfekt

Um wirklich sportlich unterwegs zu sein, fehlt dem Motor im oberen Drehzahlbereich der Biss und die Schaltung ist sowieso ein Ärgernis. Wer aber den komfortablen Ritt über längere Strecken ebenso schätzt, wie die mächtige Leistung aus dem Drehzahlkeller, der wird an der Fahrt mit dem neusten Alfa seine helle Freude haben. Deshalb geistert mir ein anderer italienischer Begriff durch den Kopf: Gran Turismo. Und er passt bestens zum Alfa Romeo Mito 1.4 TB. Auch der Preis passt, zumal für 28'500 CHF eine grosszügige Serienausstattung inklusive einer Unmenge an Airbags und dem Alfa DNA an Bord ist. Die Krone des sportlichsten Kleinwagen trägt also weiterhin der Mini, doch der Alfa Romeo kriegt von mir den Titel "Kleinster Gran Turismo der Welt" zugesprochen. Das passt doch sowieso viel besser zum Mythos Alfa Romeo.

Vielen Dank an die Schloss Garage in Winterthur, die uns den ofenfrischen Mito zur Verfügung stellte.