Mit der Mathematik hatte ich es ja noch nie. Aber die Gleichung ist tatsächlich nicht falsch. Denn bei Audi hat man für eine sehr kurze Zeit eine neue Einteilung der Nomenklatur propagiert: Gerade Nummern stehen für Elektroautos, ungerade für die Verbrenner. In jener Zeit wurde der Nachfolger des A4 vorgestellt, der deshalb A5 heisst, weil es sich um einen althergebrachten Benzinvernichter handelt. In jüngster Vergangenheit gaben die Ingolstädter nun aber bekannt, dass man dem elektrischen A6 einen Verbrenner gleichen Namens zur Seite stellt. Somit ist die neue Benennungsregelung einfach wieder die Alte, wobei der A5 weiterhin A5 heissen wird. So weit alles unklar?

Schöne Schuhe: Natürlich kommt der S5 mit hübschen Alufelgen und den heute üblichen Aircurtains vorne im Stossfänger
Gut, dann können wir ja starten. Und zwar mit dem S5, dem momentan stärksten Stück der Baureihe. Dazu noch als Kombi Avant. Wer jetzt denkt, „der kostet bestimmt ein Vermögen“, der liegt nicht gänzlich falsch. Starten tut dieser zwar bei 94’150, landet dann im Falle unseres Testswagens bei nicht mehr ganz jugendfreien 118’461 Franken. Hoppla. Für dieses Geld gab es vor bald 25 Jahren einmal einen gut ausgestatten RS4. Nur hat sich in dieser Zeit halt einiges getan, nicht nur in der automobilen Welt. So ist der neue S5 mit 4,5 Sekunden sogar 4 Zehntel schneller auf 100, als es der legendäre Kombi mit den 380 PS damals war.
Wir haben ihn damals als eierlegende Wollmilchsau bezeichnet. Aus heutiger Sicht etwas übertrieben, wenn man sieht, was der aktuelle S5 so alles drauf und vor allem auch drin hat. Das beginnt beim Mildhybridantrieb, geht über die digitale Vernetzung bis hin zu den Massagesitzen oder dem Beifahrerdisplay. Beginnen wir beim Antrieb: Der 3-Liter V6 bringt es auf 367 PS. Abhängig vom gewählten Drive Select-Fahrmodus klingt er dann auch entsprechend laut. Die typische 4-Rohr-Auspuffanlage verspricht da also nicht zu viel. Eher weniger erwarten würde man das lautlose Parken, das dank 18 kW-Elektromotor und der 48 Volt-Batterie möglich wird. Auf der sportlichen Seite unterstützt das Hybridsystem auch als Boost.

Vier Rohre: Den S5 erkennt man an der Auspuffanlage
Vor der Testfahrt stelle ich die Sportsitze ein. Sie erlauben eine sehr tiefe Sitzposition, auf die ich aber aufgrund der recht hohen Gürtellinie verzichte. Meine Hände fallen auf das Sportlenkrad. Irgendjemand scheint den Ingenieuren den Zirkel geklaut zu haben. Was war falsch an der klassischen Kreisform? Oben und unten gibt es „Ecken“, auf die ich lieber verzichten würde, gerade bei sportlicher Fahrt. Inzwischen bin ich losgerollt. Und da stellt sich schon ein zweiter Kritikpunkt ins Scheinwerferlicht: Im Dynamic-Mode schüttelt einen das Fahrwerk arg durch und im Individual-Mode lässt sich der Rest nicht gleich stark auf Sport trimmen.

Sensoren: Gegenüber früheren Audi-Modellen wurde die Technik deutlich formschöner in und um den Grill integriert
Was soll’s, ich bin alleine im Auto. Schüttelmode it is. Doch je länger ich mit dem S5 unterwegs bin, desto mehr dämmert es mir, dass er seine wahre Bestimmung eher im GT-Dasein finden dürfte. Denn obwohl das Fahrwerk wie erwähnt mit Austeilen nicht spart, passen die restlichen Ingredienzen eher zu einem schnellen Cruiser. Die Lenkung ist auch in der sportlichen Einstellung noch (zu) leichtgängig. Das DSG schaltet schnell, aber nicht brutal. Also dann halt doch den Comfort-Modus angewählt und gut ist. Ja, jetzt ergibt das ganze Auto viel eher Sinn. Abstandstempomat in Kombination mit Spurhaltassistenz halten den Kombi auf der Autobahn in Position. Der Sound aus dem B&O-System übertönt die Motorgeräusche.

Schöne Kombis heissen Avant: Der Werbespruch darf weiterhin gelten, auch wenn die Erkennbarkeit schon eindeutiger war
Auch die Aussenfarbe setzt sich stimmt in Szene. Das elegante Grenadinerot riecht eher nach Ritz denn Racing. Eleganz statt Sportsgeist steht im Zentrum. Das steht dem S5 gut. Vielleicht hat man sich auch deshalb ein wenig von Mercedes inspirieren lassen. Wenn man sich das Heck seitlich ansieht, erinnert es schon stark an die C-Klasse. Das muss nichts Schlechtes sein, nur ist das aktuelle Audi-Design sicher ein Stück davon entfernt, Avantgarde zu sein. Die in Mattsilber gefassten Einlässe für die Aircurtains in Kombination mit dem in gleicher Farbe gehaltenen Grill sind das Erkennungszeichen für den S. Im Vergleich zu früheren Audi-Modellen konnten die Sensoren dezenter integriert werden. Markant ist die stark konturierte Motorhaube. Hinten führt die Rücklichteinheit über die gesamte Fahrzeugbreite. Fast schon selbstverständlich, dass vorne wie hinten sehenswerte LED-Spielereien nach Aufmerksamkeit gieren.

Hochs und Tiefs: Cooles Beifahrerdisplay, mühsames „eckiges“ Lenkrad
Die Aufmerksamkeit jener Person, die auf dem Beifahrersitz platz nimmt, ist dem direkt davor liegenden Screen sicher. Dort lässt die Navigation festlegen, das Musikprogramm gestalten oder einfach das Design der direkt vor einem platzierten Digitaluhr verstellen. Wer sowas braucht? Genau niemand. Wer sowas cool findet? Fast jeder, der zum ersten Mal in einen S5 einsteigt. Wie auch das Schauspiel der LED im Innenraum bei Nacht: Sogar über die Lautsprecherboxen wurden die leuchtenden Bänder gezogen. Wenig überraschend, dass auch der Bang & Olufsen-Schriftzug in der gewählten Farbe illuminiert wird. Eher überraschend: Zwischen Türe und Armaturenträger klafft ein Höhenversatz, dass selbst einem Tesla-Fahrer das Wort „Spaltmasse“ fragend über die Lippen kommt.

LED-Show: Das Leuchtenband eröffnet den Lichtdesignern neue Möglichkeiten
Einerseits ist die Güte der verwendeten Materialien nämlich sehr hoch. Andererseits finden sich aber auch Bereiche, wie bei den Tasten auf dem Lenkrad, die den Premiumanspruch definitiv verfehlen. Und zwar in Haptik und Funktion. So gibt es im Tachodisplay zwei Säulen, die beide mit den Zahlen 1 – 8 bestückt sind und scheinbar auch beide die Drehzahl anzeigen. Warum? Mit Blick auf den von Fingerabdrücken übersähten Screen frage ich mich auch, wie schlau es war, den Dreh-Drücksteller aus dem Bedienprogramm zu schmeissen. Doch mit dieser Entscheidung ist Audi nicht alleine, selbst iDrive-Erfinder BMW verzichtet künftig auf das so liebgewonnene Rädchen.

Wir merken uns: Der S4 heisst jetzt S5. Zumindest nach heutigen Stand.
Im Efficient-Mode wird das freie Laufen der Räder, das sogenannte Segeln, wann immer möglich forciert. So sinkt dann der Verbrauch laut Display auf unter 7 Liter. In der Realität werden S5-Piloten mit 10,5 Liter rechnen müssen. Der Avant entschädigt mit umfassendem Verwöhnprogramm, genügend Power und natürlich souveränem Auftreten. Für vier Personen und deren Gepäck gibt es Platz genug. Eher knapp ist das Angebot an Ablagen im Innenraum. Damit es auf der Strasse nicht knapp wird, arbeiten diverse Assistenzsysteme unauffällig aber sehr effektiv zusammen. Gespannt darf man sein, ob der Audi S5 Avant sich als auffällig genug erweisen wird.