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amadefries

25. Oktober 2022

Abenteuer Alltag

Ford | 0 Kommentare

Ranger Stormtrak. Wie das nur schon aussieht und klingt, auch wenn auf das C vor dem K wohl aus Coolnessgründen verzichtet wurde. Und wenn man dann vor ihm steht, diesem Trumm aus Metall und robust wirkendem Kunststoff, dann ist das schon eine eindrückliche Erscheinung. Kein Wunder, bei über fünfeinhalb Meter Gesamtlänge. Als Bonus gibt’s hier […]

Ranger Stormtrak. Wie das nur schon aussieht und klingt, auch wenn auf das C vor dem K wohl aus Coolnessgründen verzichtet wurde. Und wenn man dann vor ihm steht, diesem Trumm aus Metall und robust wirkendem Kunststoff, dann ist das schon eine eindrückliche Erscheinung. Kein Wunder, bei über fünfeinhalb Meter Gesamtlänge. Als Bonus gibt’s hier noch die fixe Anhängerkupplung obendrauf, die noch zusätzliche 18 Zentimeter beisteuert. Nein, ein Stadtwagen ist er beileibe nicht.

Unübersehbar: Grösser könnte man den Modellnamen nicht mehr aufkleben

Und doch ist mein Testwagen auf ein Publikum gemünzt, das ihn im Alltag bewegen will. Und mit Alltag sei hier nicht die tägliche Fahrt in den eigenen Waldabschnitt oder die Offroadtour in Portugal gemeint. Nein, Alltag, wie Du und ich ihn leben, mit Pendelfahrten, Kinder ins Training fahren, IKEA-Möbel aber auch kleine Einkäufe transportieren, solches Zeug halt. Ford ist offenbar der Meinung, die Zielgruppe neben dem sportlich orientierten Raptor sei gross genug, um ein weiteres ziviles Modell in die ansonsten recht nutzwertige Ranger-Range aufzunehmen.

In the City: Ja, es gibt sogar in Zürich Platz für den Ranger.

Das ist schon insofern speziell, als dass die nächste Generation des Ranger bereits gelauncht wurde. Wer sich also noch einen Ford Ranger Stormtrak schnappen will, sollte sich beeilen. Gespart haben, sollte er sowieso. Denn wo es denn Ranger 37’000 Franken gibt, und für den Wildtrak 54’260 aufgerufen werden, steht auf dem Datenblatt des Testfahrzeugs unten rechts eine deutlich höhere Zahl: 62’480. Dafür erhält man vor allem einen nochmals cooleren Look mit auffälligem Grill, eindrücklichen Rädern und eine elektrische Laderaumabdeckung. Gratis obendrauf gibt’s den Geruch von Freiheit, wie ihn einst vielleicht der Marlboro-Man verkörperte. Etwas zeitgemässer ist der Stormtrak nur schon deshalb, weil er über einen kleinen Vierzylinder Diesel mit state-of-the-Art Abgasreinigung verfügt.

Im Element: Am wohlsten fühlt sich der Stormtrak aber definitiv auf dem Land.

Wie fährt sich nun dieser Blech gewordene Anachronismus? Losgehen tut es mit dem heute üblichen Knopfdruck. Der nur zwei Liter grosse Diesel erwacht zum Leben, ohne sein Funktionsprinzip gross zu verheimlichen. Die 2,3 Tonnen stehen einer Leistung von 213 PS und einem Drehmoment von 500 Nm gegenüber. Dazu soll das 10-Gang-Getriebe wohl helfen, möglichst das Maximum aus dem kleinen Motor herauszuholen. Doch wer dynamisch von Dannen kommen will, der erntet in erster Linie Lärm und erst in zweiter den eher gemächlichen Vortrieb. Zaubern kann auch Ford nicht, die Regeln der Physik behalten ihre Gültigkeit.

Alles im Blick: Das Cockpit ist übersichtlich.

Fahrwerkseitig fehlen ihm gegenüber dem in dieser Generation nicht mehr erhältlichen Raptor die Komponenten von Fox Racing. So scheint mir das Schaukeln im Stormtrak nochmals deutlich ausgeprägter, das Lenkgefühl weniger präzise. Über kurze Verwerfungen stolpert er dennoch eher ungelenk. Die Nutzfahrzeuggene können nicht geleugnet werden. Trotzdem: Wer will, bewegt ihn durchaus dynamisch und sicher, solange man genügend Schwung holen kann. Das wird auch auf einer Autobahnetappe schnell klar. Im Feierabendverkehr zackig einzufädeln fällt eher schwer, weil von der optisch suggerierten Dynamik bei plötzlichen Kickdowns wenig übrig bleibt. Sobald er dann in Fahrt ist, reicht die Power allerdings locker.

Mehr als ausreichend ist dagegen die Ausstattung. Abstandstempomat, elektrische Sitzverstellung, Navi, CarPlay, Parkassistent, Rückfahrkamera, Leder, ja, „volle Hütte“ trifft es recht gut. Was den hohen Kaufpreis dann doch etwas relativiert. Ein willkommenes PickUp-Ausstattungs-Schmankerl: Die Laderaumabdeckung lässt sich elektrisch vor- und zurückfahren. So punktet man beim Nachwuchs ordentlich, wenn die Skis für die kommende Saison im Sportgeschäft abgeholt werden. Die Mini-Latten hätte man natürlich unmöglich in einen Kleinwagen gebracht. Der Neid auf selbige kommt trotzdem ab und zu auf.

Bei der Fahrt ins Herz von Zürich habe ich mich an die Breite gewöhnt. Sie fällt gegenüber dem Raptor geradezu zivil aus. Selbst ein aktueller 3er BMW ist nur 5 Zentimeter schmaler. Aber die Länge… Mit etwas Schweiss auf der Stirn fahre ich am Bahnhof vorbei in Richtung Niederdorf. Mein Stossgebet wird erhört, bei der Zentralbibliothek findet sich ein Querparkplatz. Er ist nach hinten „offen“, so dass die Überlänge von 5,54 Meter nicht zu einem Zettel unter der Windschutzscheibe führt. Unter den herabwürdigenden Blicken der gelangweilt herumstehenden Studentenschaft wird das rote Ungetüm also geparkt. Mit einer Höhe von 1,82 könnte man in einige Parkhäuser einfahren, aufgrund der Länge und des Wendekreises (12,7m) würde ich dennoch davon abraten.

Überlänge: Die 5,5 Meter brauchen entsprechende Parklücken.

Vom Ford Ranger Stormtrak muss ich nicht generell abraten. Denn wer sich wirklich einen PickUp anschafft, weiss, welche Kompromisse er durch diesen Entscheid eingehen muss. Dafür gibt’s massenhaft Charakter, unbestrittene Offroadqualitäten (Untersetzung und Sperre sind an Bord), Platz in der Kabine sowie auf der Ladefläche und die erwähnte Verwöhnausstattung. Der auf sportlich getrimmten Optik wird er nicht gerecht, bewegt sich gemütlich und nicht sonderlich präzise. Mit 9 Liter Diesel auf 100 Kilometer zeigt er sich trotzdem nicht gerade von der sparsamen Seite. Wer jetzt einen Stormtrak will, sollte sich beeilen, denn zu bestellen gibt’s ihn nicht mehr.