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zuendung

6. Dezember 2006

Alles normal?

VW | 0 Kommentare

Da weiss man, was man hat. Zündung.ch hat versucht, mit dem Jüngsten aus der Passat-Familie den Grautrott zu verstehen, in den sich mittlerweile um die 100'000 der angeblich frei entscheidenden Schweizer Bürger werfen. Sie tragen Hemden im Blaugrauton, ihre Liebe gehört der Tagesschau und sie schmücken sich mit einem Volkswagen Passat in charakterstarkem Silbergrau. Vernünftig […]

Da weiss man, was man hat. Zündung.ch hat versucht, mit dem Jüngsten aus der Passat-Familie den Grautrott zu verstehen, in den sich mittlerweile um die 100'000 der angeblich frei entscheidenden Schweizer Bürger werfen. Sie tragen Hemden im Blaugrauton, ihre Liebe gehört der Tagesschau und sie schmücken sich mit einem Volkswagen Passat in charakterstarkem Silbergrau. Vernünftig sind die Ausreden zum Leben mit dem Passat. Eigentlich hätte man ja, könnte man ja, würde man schon, aber es sei ja nicht nötig. Aha. Ob sie überhaupt von der Existenz farbenfroher Passat-Alternativen wissen?


Zündung.ch-Testwagen: Volkswagen Passat Variant 2.0 TDI Pumpedüse DPF 125kW DSG silbergrau.

Wenn er wenigstens rot wäre. Oder hellblau. Aber nein, den Passatwind bestellen Liebhaber ausschliesslich in etwa sieben Variationen Silber- bis Mausgrau, Dunkelgrau satt, Dunkelblau metallic, allenfalls Schwarz glänzend repräsentativ oder für Firmenwagen Weiss mit einem Schuss Grau drin. Unser ist silbergrau metallic lackiert, die erste Passat-Erfahrung soll ja nahe am richtigen Leben sein. Kühlergrillattrappenumrahmung verchromt. Klonk, der Griff der schweren Fahrertüre liegt passend in der Hand.

Oh, nette Sitze mit geripptem Leder – Stopp! Mutiger Testfahrer, verbirg Deine Begeisterung, es ist ein Passat! – zu spät, die Worte sind gesprochen und lichten das Grau wie ein Sonnenstrahl den Hochnebel. Raue TDI-Sitten von einst gewohnt, erwartet das zündung.ch-Gehör härteste Pumpe-Düse-Nagelstösse. Weit gefehlt. Vom neuen 2.0 TDI hören Fahrer und Passagier nur so viel wie nötig, obwohl die VW-Dieseler bis zur nächsten Motorengeneration noch auf die sonst übliche, seidenweiche Common-Rail-Einspritzung verzichten möchten. Gute Arbeit leisteten die VW-Mannen (und -Frauen?) auch zwischen Motor und Sitzen: Auf kräftiges Zugreifen antwortet das Armaturenbrett schlicht nicht. Keine Knackgeräusche, vorbildlich verarbeitet, es wirkt wie eingegossen – Bentley Continental GT-Menschen kriegen da nicht mehr.

Bestnoten rücken wir fürs Doppelkupplungsgetriebe DSG gerne raus. Zugkraftunterbrechungsfreies Schalten – das lässt alle automatisierten mechanischen Getriebe um zehn Jahre veraltet wirken. Hoffentlich springen andere Hersteller auch bald auf den DSG-Zug auf. Auf Tastenwipp schalten sich Gänge eins bis sechs ein, je nach Lust und Laune, ohne Zugkraftunterbrechung. Im Sechsten rollt Mr. Normal mostsparend, in den unteren Gängen scheit die Vorderachse allein fliehen zu wollen, derart heftig fallen die 170PS bzw. 350Nm ab 1750U/min über die Räder her. Das wirkt sich aufs Lenkrad aus, bei Vollgas geht der Passat wohin er will. Power macht aber Laune, sogar im Passat. 0-100km/h geht in 8,8 Sekunden vorüber.

Während Motor und Reifen auf Normaltemperatur kühlen, blicken wir den traditionsreichen Wagen in Ruhe von Aussen an. Ein Auto, das allen gefallen muss, schafft es selten bis zur Designikone. Ausser es stecken Menschen wie Walter DeSilva dahinter. Die VW-Zeichner wären besser beim gewohnt Normalen geblieben, statt sich an Nubira, Evanda und Opirus anzulehnen. Aber das ist ja eine Frage des Geschmacks, und schliesslich zählen für Passatkäufer nur innere Werte. Mit denen geizt er nicht, genauso wenig wie mit Laderaum. Gepäck schluckt er zwar weniger als ein Aussendienst-Lastesel à la Ford Mondeo, aber klar mehr als ein Lifestyle-Kombi.

Volkswagen stellt den Passat Nummer sechs auf ein solides Fundament. Die fühlbare Qualität stimmt, und wer es vermag, sich weit in die Aufpreisliste zu lehnen, kriegt eine erstklassige Ausstattung. Vom Papi-Image trennt sich ein Passat aber nicht so schnell. Das "faszinierender denn je gestaltete" (VW) Äussere teilt weder eine klare "wow"-Nachricht mit, noch knüpft es an die bisherige Normalität an. Ohne grosses VW-Logo ginge Nummer sechs auch als Asienimport durch. Warum besinnt sich VW nicht auf Passat Nummer eins von 1973, als die einwandfreie Technik vom italienischen Chefgestalter Giugiaro eingekleidet wurde?

Den Testwagen stellte uns die freundliche und unkomplizierte AMAG Kloten zur Verfügung.