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5. Mai 2019

Anders ist besser?

DS | 0 Kommentare

DS7 Crossback 1.6/180 Performance Line  Anders ist besser? Citroën hat mit DS eine eigene Automarke begründet. Darin werden die Autos angeboten, die mehr – oder anders – sein sollen als übliche Brot-und-Butter-Autos. Wir haben uns mal das Topmodell DS7 Crossback näher angeschaut und wollen wissen, ob anders wirklich (immer) besser ist. André Citroën (1878 – […]

DS7 Crossback 1.6/180 Performance Line 

Anders ist besser?

Citroën hat mit DS eine eigene Automarke begründet. Darin werden die Autos angeboten, die mehr – oder anders – sein sollen als übliche Brot-und-Butter-Autos. Wir haben uns mal das Topmodell DS7 Crossback näher angeschaut und wollen wissen, ob anders wirklich (immer) besser ist.

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André Citroën (1878 – 1935) war ein begnadeter Autokonstrukteur. Er führte zum Beispiel den Vorderradantrieb ein (was dann glatt in den Konkurs führte), der Deux-chevaux ging auch noch auf ihn zurück, auch wenn der erst viel später auf den Markt kam. So kamen auch andere ausgefallene Ideen immer wieder von Citroën, die Luftfederung z.B. und die Citroën DS (ausgesprochen Déesse = Göttin.) Wer noch selber eine DS besessen hat oder gefahren ist, weiss aber noch, dass an diesen Autos nicht alles göttlich war. Aber das ist jetzt wahrscheinlich schon Gotteslästerung.

Die Zeit verklärt vieles und so erinnert man sich lieber an die guten Seiten der DS, an die Federung zum Beispiel. Oder anderes, das erstmals – und oft zu früh für das breite Publikum – in diesem sagenhaften Auto eingebaut wurde. Und dann nur umständlich und teuer repariert werden konnte. Solche Momente, die die ältere Generation etwas verklärt sieht und die Jungen nur vom Hörensagen kennen, muss dazu geführt haben, den Namen DS mit dem Hintergedanken der Déesse, der Göttin, wiederzubeleben und als eigene Marke zu bringen.

War DS zu Beginn nur Bestandteil des Namens von etwas ausgefalleneren Citroën-Autos, DS3 Racing zum Beispiel, wurden dann die Citroën-Winkel verbannt und nur noch DS auf die Autos geschrieben. Weil SUVs im Trend sind und boomen, musste auch DS ein solches Auto haben. Sie nannten es DS7 Crossback.

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Der DS7 ist nur 4.57m lang, aber 1.90m ohne und 2.10m mit Spiegeln breit und zudem 1.61m hoch. Ein ganz anständiger Trumm also. Erstaunlich, dass das so massig wirkende Auto dennoch nur 1‘595 Kg wiegt. Denn eingebaut sind alle Assistenzsysteme, die heute bekannt und angesagt sind.

Im Weiteren wurde aber von vorne bis hinten, oben bis unten, innen und aussen, Wert auf Design und Chic gelegt. Chic heissen auch die Ausstattungsvarianten des DS7, nämlich Chic, So Chic, Be Chic und – wie prosaisch – Performance Line. Nichts gegen Design. Gutes Design zeichnet sich ja dadurch aus, dass es nicht nur schön aber unpraktisch ist, sondern eben den Nutzen positiv unterstreicht. Das ist beim DS7 des öftern gelungen.

Das dreidimensionale Schuppenmotiv der Rückleuchten ist originell, anders, sieht gut aus, ist aber 100% funktional. Die senkrechten Tagfahrleuchten sind ebenfalls originell und anders. Auch der Seitenlinie des DS7 Crossback merkt man an, dass sich da Leute Gedanken gemacht haben und dabei die Praxis nicht vergessen haben. Zusammen mit den schwarzen 19“-Alu-Felgen mit den hellmetallenen Effekten wirkt der DS7 Crossback zwar immer noch wuchtig, aber auch gelungen.

Die Front ist ebenfalls eigen. Der grosse schwarze Kühlergrill mit den massiven Chromeinfassungen unterstreicht die Wichtigkeit des Autos. Beim Licht ist den Designern dann allerdings kurz die Phantasie durchgaloppiert: Wer normal von der Seite ans Auto geht und die Türe keyless öffnet, sieht das Lichtspiel vorne gar nie. Wer aber von vorne kommt und das Auto mittels Knopfdruck auf die Fernbedienung öffnet, erlebt, dass sich die je drei LED-Einheiten in den Scheinwerfern drehen, dabei purpurrot funkeln und noch einmal 180° zurückdrehen. Boah ey! Eine junge Frau, der wir das gezeigt haben, zeigte sich begeistert: «Ich will das auch!»

Alle 4 Türen und die Heckklappe kann man schlüssellos öffnen. Bei der Heckklappe hält man den Fuss unter das Heck und die Türe öffnet sich elektrisch. Praktisch, wenn man die Hände voll hat und es regnet. Die vier Türen öffnen sich, wenn man die Hand zwischen Griff und Türe hält. Sofort entriegelt sich das Auto.

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Fürs Interieur gibt es vier sogenannte Innenraumwelten, nämlich Bastille, Rivoli, Opéra und Performance Line. Sie sind weniger plüschig, als die Namen vermuten liessen. Nachdem es Citroën vor Jahren mal fertig brachte, Innenausstattungen Gewitter, Sturm und Orkan (orage, tempête, ouragan) zu nennen (die Polster sahen auch so aus!), darf «unserer» Innenausstattung durchaus das Prädikat «edel» verliehen werden. Die heiklen Alcantara-Verkleidungen dürften aber für kleine Choco-Banane- oder Triefnasen-Patschhändchen weniger geeignet sein. Kurz: Weniger geeignet für Leute mit kleinen Kindern. Aber schön sind sie, die Polster, das schon.

Die Sitze sind gross und bequem und bieten guten Halt. Sie müssen zwar in unserem Testwagen von Hand verstellt werden, aber das macht man ja nicht allzu oft. Die Lehnen der hinteren Sitze lassen sich – für längere Reisen – in der Neigung leicht verstellen. Wer Waren transportiert, kann sie 1/3 zu 2/3 abklappen und erhält dann einen recht grossen Laderaum (min. 555 Liter). 455 Kg können zugeladen werden. Diese müssen 76.4 cm hoch gehoben werden.

Einige, resp. die meisten Tasten, Schalter, etc. sind nicht dort, wo man sie von andern Autos her gewohnt ist. Nachdem man die rechteckige Engine-Start-Taste dann gefunden hat, dreht sich direkt darüber eine Analog-Uhr ins Blickfeld. Die französische Uhrenfirma BRM arbeitet mit DS zusammen. DS selber bezeichnet die Uhr als «wahres Juwel». Die gelochten Zeiger, die aussehen, als hätte sie der Enkel aus seinem Meccano-Baukasten beigesteuert, scheinen ein Markenzeichen von BRM zu sein. Wir haben niemanden (in Zahlen Null, Zero) getroffen, dem diese Uhr gefallen hätte. Nun, über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Aber der Motor läuft nun und nun gehen die Lichter an am Armaturenbrett. Bling-Bling, wo man hinschaut. Das Radio läuft. Im erfreulich grossen Bildschirm wird sehr sehr viel angezeigt, da wäre weniger sicher mehr. Einen Knopf für die Lautstärke sucht man vergebens. Nur der Fahrer kann lauter oder leiser stellen, am Lenkrad.

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Bei den Anzeigen, die der Fahrer vor sich hat, haben die Designer wieder voll zugeschlagen. Von «charismatischem Design» ist da wenig zu sehen. Die aus diagonal verlaufenden Strichen bestehenden Drehzahlmesser, Geschwindigkeitsanzeigen, Temperatur- und Benzinfüllstandsanzeigen sind sicher anders, aber sicher nicht leicht ablesbar. Gerade in einem Modell, das «Performance Line» heisst, ist das eher eine Zumutung.

Im Übrigen ist der Aufbau der Tastatur gar nicht so abwegig. Im Peugeot 508 ist sie im Prinzip genau gleich aufgebaut, aber übersichtlicher und – ohne Brille – besser zu bedienen.

Es ist eiskalt am frühen Morgen: Den Knopf für die Lenkradheizung suchen wir – leider – vergeblich, ebenso die Tasten für die Sitzheizung (und –lüftung). Das müsste offenbar irgendwo in den Tiefen der Menüs im Touchscreen verborgen sein. Wir wollen nun noch die Aussenspiegel einstellen. Wir finden den Einstellungsknopf weit unten links, fast beim Knie: ergonomisch schlecht.

Die Fensterheberschalter sind in der Mittelkonsole, in einer Art Zickzack angeordnet, brauchen viel Platz und die Vertiefungen sind Schmutz-/Staubfänger. Das ist noch ein Beispiel von Design, das nur unpraktisch ist.

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Nun kann’s losgehen: Wir sitzen gut und wir sitzen hoch, was einen guten Überblick über das Verkehrsgeschehen gibt. Erhaben sozusagen. Der Motorsound ist vernünftig kraftvoll. Da haben wir aus demselben Konzern schon Schlimmeres erlebt. Die 180 PS, resp. die 250 Nm des 1600er Motors ziehen fleissig. Wir fahren komfortabel.

Auf unserer üblichen Teststrecke im Jura kann nun auch einmal die andere Fahrwerkseinstellung, Sport, getestet werden. Das Auto wird nun fast richtig giftig, nein, nicht giftig, eher aggressiv. Wer hätte das dem doch von der Form her eher weichgespülten DS 7 Crossback zugetraut. Aufgrund des Wetters gingen wir nicht zu weit, aber das Fahrgefühl in engen Kurven war immer gut und sicher, die Kraftentfaltung immer genügend.

Da, wo das optische Design keine Rolle spielt, ist der DS 7 also absolut bei den Leuten.

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Nun, was kostet denn sowas? Gerade haben wir auf der Website von DS Automobiles gesehen, dass die Preise für alle Benziner und Diesel per 1. Mai 2019 um CHF 1‘500 erhöht wurden! Die jetzt hier genannten Preise galten demnach nur bis 30. April.

Der billigste DS7, ein 1200er Benziner mit 130 PS, handgeschaltet, in der einfachsten Ausführung Chic, kostete bisher 34‘550 Franken, neu demnach 36‘050. Der billigste Diesel, ein 1500er mit ebenfalls 130 PS, kostet mittlerweile über 38‘000 Franken.

Unser Testwagen, ein 1600er Benziner mit 180 PS, 250 Nm/1‘650 U, in der Performance Line – Ausführung, kostete ab CHF 46‘850, neu ab 48‘350.

Es gäbe ihn dann auch noch mit dem 225 PS-1600er und als Plug-In-Hybrid (300 PS). Da legt man dann schon um die 52‘000, resp. 64‘000 Franken aus. Immer mit dem 8-Gang-Automaten, aber ohne Optionen!

Der DS7 ist serienmässig schon sehr gut ausgerüstet. Eine ganze Vielzahl an Optionen war auch eingebaut, auch solche, die man in so einem Auto eigentlich als Standard erwarten würde, z.B. schlüsselloser Zugang mit Heckklappe 1‘400 Franken. Oder Sitzheizung vorn 400 Franken. Es gilt auch, aus einer Vielzahl an Kombinationen von Farben und Materialien auszulesen (gegen Aufpreis!), womit der DS7 personalisiert werden kann und damit (fast) zum Unikat wird. Jeder nach seinem Geschmack (und Portemonnaie).

Die Motoren erfüllen, gemäss Techn. Daten, die Abgasnorm 6.2 oder 6.3 (Testwagen).

Wenn wir schon grad bei den Technischen Daten sind. Auch beim DS7 fragen wir uns, warum man auf Papier nicht ehrlichere Werte angeben kann. Beispiel: Leergewicht gemäss Prospekt 1‘425 Kg, gemäss Fahrzeugausweis 1‘595 Kg. Da das Gesamtgewicht an beiden Orten mit 2‘050 Kg angegeben ist, kann man herrlich «bschiisse» mit der Zuladung. Fiktiv 625 Kg, echt aber nur 455 Kg.

Gemäss Tech. Daten läuft der DS7 Crossback 220 Km/h. 100 Km/h erreicht er in 8.9 Sekunden, wenn’s denn stimmt.

Nach alter Norm (NEFZ) gemessen, sollte der DS7 kombiniert 5.9 Liter verbrauchen. Wir haben allerdings wesentlich mehr verbraucht, was aber sicher nicht auf die Fahrweise zurückzuführen ist.

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Fazit

Etwas pummeliger SUV, markante Front und eher beliebiges Heck. Viele gut gelungene Designmerkmale, aber auch viel ChiChi (sich drehende LED-Lichter z.B.).

Sitze sehr bequem und Halt gebend, vorne wie hinten.

Grosser Touchscreen. Der Vorteil der Grösse wird durch Einblendung von zu viel Unnötigem und zu viel BlingBling wieder zunichte gemacht. Die aus mehrheitlich diagonalen «Strichen» bestehenden Anzeigen vor dem Fahrer sind nur Design und verhindern den raschen Überblick. Nur die digitale Geschwindigkeitsanzeige ist «wie üblich», ist bewährt und gut.

Andere Einstellmöglichkeiten versteckt angeordnet, unpraktisch. Unpraktisch angeordneter Tempomat (versteckt hinter dem Lenkrad).

Bezüglich Vernetzung und bezüglich Assistenzsystemen (auch NightVision) bei den

Ergo: Anders ist manchmal ungewohnt, anders ist manchmal schön, anders ist oft unpraktisch, anders ist selten besser. Aber anders ist anders und wer sich abheben will von der Masse, soll sich mal eineCrossback zusammenstellen. Denn das Personalisieren ist eine der Stärken des DS7 Crossback.

Heiny Volkart, VOLKARTpress

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