Man erkennt den neuen Renault Captur E-Tech Plug-in 160 sofort, wenn man ihn auf der Fahrerseite betrachtet. Dort findet sich nämlich jetzt die Tankklappe für das Verbennerfutter. Das ist insofern überraschend, als sie sich bei den reinen Verbrennern auf der Beifahrerseite befindet. Dort hat nun die Steckdose ihren Platz gefunden. Im Kofferraum liegen die beiden Kabel für Wallboxen und die heimische 220V-Dose, hübsch verpackt in einer hippen Tragtasche. Wobei ich mich sogleich frage, wohin ich denn die Kabel würde tragen wollen.
Ich nehme Platz im Captur und blicke auf den Getriebewählhebel. Wie im Clio E-TECH bedient man damit das reichlich komplexe Multimode-Getriebe. Im Unterschied zum kleineren Bruder handelt es sich hier aber um einen PlugIn-Hybriden, dessen Akku sich am besten durch das Einstecken an einer Wallbox laden lässt. 9,8 kWh fasst die Batterie.
Die PlugIn-Hybrid-Technik steht nicht erst aber vor allem in jüngerer Zeit in der Kritik. Während ursprünglich vor allem moniert wurde, dass man das Gewicht des „doppelten Antriebs“ nicht durch die bessere Effizienz ausgleichen würde, ist nun das Hauptproblem, dass Nutzer:innen die Stecker-Hybrid-Autos nur selten laden. Somit wird dann der grösste Vorteil des PlugIn-Konzepts – nämlich, dass man auch bei leerer Batterie noch weiterfahren kann – zum Nachteil.
Mit voll geladenem Stromspeicher fahre ich auf die Autobahn und staune schon wieder über das Ineinandergreifen der Antriebsaggregate. Im Captur geht es noch ein bisschen edler und grosszügiger zu also im Clio. Dazu kommen 20 zusätzliche PS, die man gerade bei der Einfahrt auf die Autobahn durchaus spürt. Sobald ich die signalisierte Geschwindigkeit erreicht habe, geht der Captur immer mal wieder in reinen Elektrobetrieb. So ist der Stromvorrat zwar schnell verbraucht, doch die Zeit zum ersten Stopp an der Tankstelle wird verlängert.
Übrigens bleibt der Captur auch mit Elektrounterstützung ein Fronttriebler. Wer einen Allradler sucht, wird bei diesem kleinen SUV also nicht fündig. Dafür kann er mit anderen praktischen Dingen punkten. Wo sonst gibt es ein Handschuhfach, dass in der Tat eine Schublade ist? Der variable Innenraum mit verschiebbaren Rücksitzen ist ebenfalls nicht die Norm. Im Kofferraum gibt es trotz der grossen Batterie noch ein Fach unterhalb des Laderaums. Der Captur ist also auch in PlugIn-Form ein Held für Kleinfamilien.
Wer dagegen heldenhaft sparen möchte, muss taktisch fahren. Ich lade jeweils über Nacht, fahre den Autobahnteil im E-Save-Modus, der mir für den restlichen Teil der Strecke vollelektrisches Fahren ermöglicht. Dass der E-Save-Modus auf dem Touchsscreen, der reine EV-Modus dann über einen Knopf unterhalb des Bildschirmes gewählt werden will, gehört zu den Bedieneigenheiten von Renault. Ein eingängigeres und intuitiveres Bedienen wäre wünschenswert. Ebenfalls auf der Wunschliste: Verstellbare Rekuperation. Zwar kann via Getriebehebel auf B für stärkere Rückgewinnung geschaltet werden, doch ist der Übergang etwas ruppig. Eine Lösung über Lenkradpaddel könnte da Abhilfe schaffen, vor allem wenn es fein abgestuft möglich wäre. Auch so beeindruckt die Zahl, die der Bordcomputer als Durchschnittsverbrauch angibt: 3,0 Liter. Dazu kommen allerdings noch 14,4 kWh, was dann nicht mehr ganz so rosig ist.
Ausserdem wissen wir, dass Bordcomputer ein bisschen parteiisch sind. Also will ich es am Testende ganz genau wissen. Ursprünglich zeigte mir der Captur eine Reichweite von 430 Kilometer an und zwar im gemischten Betrieb. Dadurch, dass er immer wieder geladen wurde, stehen auch nach über 700 km noch mehr als 250 Kilometer Restreichweite im Display. Der Stromverbrauch lag bei 14,4 kWh, der Benzinverbrauch bei 3,6 Liter auf 100 Kilometer. Somit hat der Renault Captur E-Tech Plug-in 160 bewiesen, dass ein PlugIn-Hybrid durchaus seine Berechtigung hat. Es gelten zwei Regeln: 1. Das Profil muss stimmen, eine Überlandpendlerstrecke ist dazu sicher ideal und 2. muss der Akku regelmässig geladen werden.
Es wird das Geheimnis der Presseabteilung von Renault Schweiz bleiben, warum (wie bereits im Clio E-TECH) auf den adaptiven Tempomaten verzichtet wurde. Das entsprechende Paket für 950 Franken bringt ausserdem den Totwinkelassistenten und das beheizte Lenkrad mit sich und kann somit als sehr günstig bezeichnet werden. Für den PlugIn-Captur als Ganzes mag das nicht wirklich gelten. Locker kommt der Testwagen knapp über 40’000 Franken. Damit ist er für seine Grösse und sein Temperament dann vielleicht doch eher zu teuer für manche der anvisierten Familien. Denn für diesen Preis gibt es schon den allergünstigsten Seat Alhambra. Doch der kann weder teilweise, geschweige denn kurze Strecken ganz elektrisch fahren. Und er ist auch nicht so klein und wenig wie ein Captur. Zudem geht ihm die Coolness eines SUV komplett ab.
Insofern kann man den Renault Captur als PlugIn-Hybrid all jenen empfehlen, die einen kleinen SUV suchen, der nicht nur gut ausschaut, sondern auch in Sachen Technik etwas zu bieten hat. Sein Antrieb begeistert, wenn man sich auf ihn einlässt mit der versprochenen Sparsamkeit. Und dass man ihn nicht sofort als Teilzeitelektriker erkennt, muss in Zeiten von abenteuerlichen Designexperimenten definitiv kein Nachteil sein.