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zuendung

3. Juli 2007

Audi gibt 8

Audi | 0 Kommentare

"Es ist das schönste Auto, das ich je gezeichnet habe", meinte Walter da'Silva zum ersten Audi Coupé seit Mitte der Neunziger Jahre. Da muss ich dem Grossmeister leider widersprechen, sein schönstes Auto ist der Alfa Romeo 156. Und ich denke mal, dass dies für alle Zeiten so bleiben wird. Klar sind das nur Oberflächlichkeiten. Doch […]

"Es ist das schönste Auto, das ich je gezeichnet habe", meinte Walter da'Silva zum ersten Audi Coupé seit Mitte der Neunziger Jahre. Da muss ich dem Grossmeister leider widersprechen, sein schönstes Auto ist der Alfa Romeo 156. Und ich denke mal, dass dies für alle Zeiten so bleiben wird. Klar sind das nur Oberflächlichkeiten. Doch gerade bei einem Coupé ist ein Kauf doch eher eine Bauch- denn eine Kopfentscheidung. Zwei Türen sind unpraktisch, der Zugang zu den hinteren Sitzen ist mühsam und von da wieder wegzukommen fast unmöglich. Coupéfahrer sind also Genussmenschen, die Ästhetik, Fahrgefühl, ja sogar olfaktorische und haptische Kriterien über reinen Praxisnutzen setzen. Deshalb holten die Deutschen sich wohl auch den renomierten italienischen Designer ins Boot. Wer könnte besser dazu geeignet sein, einen Gran Turismo zu zeichnen als ein Italiener? Und schliesslich stammt das letzte formal perfekt gelungene Coupé dieser Grösse auch aus einer italienischen Feder: Das Peugeot 406 Coupé von Pininfarina.

Doch trotz grosser Ankündigung da'Silvas: Der neue Audi S5 kann mit dem französischen Coupé nicht mithalten. Dafür fehlt es ihm einfach an jener Eleganz, die dem Concept Car Nuvolari noch zu eigen war. Der nach dem italienischen Rennfahrer Tazio Nuvolari benannte Wagen sollte das Audi-Design der Zukunft aufzeigen. Der gefrässige Singleframe-Kühlergrill ist inzwischen akzeptiert. Doch die Studie wartete auch mit einem herrlich eleganten Dachaufbau auf. Dieser wurde leider nicht in die Serienversion übernommen. So ist der S5 zwar sofort als Audi zu erkennen, Begeisterungsstürme bleiben beim Betrachter aber die Ausnahme. Abgesehen von den L-förmig angeordneten Tagfahrlichteinheiten und der im R8-Stil über den Radhäusern geschwungenen Seitenlinie ist das Auto reichlich unspektakulär, ja fast ein wenig plump.


Unspektakulär: Der Audi S5 macht eher auf Understatement

Doch Audi vertraut natürlich nicht nur auf die optischen Qualitäten der neuesten Ingolstädter Schöpfung. Eine brandneue Plattform ermöglichte es den Ingenieuren, die vordere Achse um 15 cm weiter nach vorne zu verlagern. Optisch macht sich das vor allem in einem klar kleineren vorderen Überhang bemerkbar. Neu ist zudem die Fünflenker-Vorderachse. Diese Neuerungen sollen nicht nur die Achslastverteilung merklich verbessern, sondern sich primär in einem bei Audi nie dagewesenen Fahrgefühl äussern. Kurz: Das Untersteuern soll endlich der Vegangenheit angehören. Nachteilig ist, dass die Umstellung auf die neue Plattform eine Neukonstruktion aller Getriebearten erfordert. Deshalb werden aktuell nur der hier vorgestellte S5 sowie die die Dreiliter-Diesel-Variante des A5 angeboten. Die von vielen Fans des sportlichen Fahrens sehnlichst erwartete Kombination von S5 und automatisiertem Getriebe wird ab dem 1. Quartal 2008 in den Verkaufsräumen stehen.


Bequem: Die S5-Ledersitze können mehr als nur gut aussehen

Um den 4,2-Liter V8 zu starten, muss man auch im neuen Audi S5 den inzwischen schon etwas abgedroschen wirkenden Startknopf betätigen. Immerhin entfällt das Schlüssel-ins-Schloss-stecken, wenn man den entsprechenden Aufpreis zu zahlen gewillt ist. Der Direkteinspritzer ist sofort hellwach und bereit für alle möglichen Schandtaten, die sich so auf Landstrassen verüben lassen. Tatsächlich dreht der Motor blitzschnell hoch, bei knapp über 7000 Umdrehungen lauert der gnadenlose Begrenzer. Dann muss geschaltet werden. Es ist tatsächlich ein Müssen. Die Kupplung geht zwar leicht, der Schleifpunkt ist aber schlecht definiert. Das Getriebe ist hakelig, schnelles Schalten erfordert hundertprozentige Konzentration.


Donner: Gibt der Pilot Gas, entweichen hier schöne V8-Klänge

Doch nicht nur die Schaltung spielt Spassverderber. Auch die Lenkung will nicht zum sportlichsten A5 passen. Die geschwindigkeitsabhängige Servotronic gehört im S5 zur Serienaussattung. Das Einparken vereinacht sie ganz sicher. Doch in Kurven wäre Gefühl vonnöten, dass leider fast gänzlich durch Abwesenheit glänzt. Dazu kommt, dass die Lenkung für sportliche Fahrer viel zu indirekt ausgelegt sein dürfte. Ich jedenfalls hatte auf der Strecke hoch auf den Menzberg meine liebe Mühe, entspannt schnell unterwegs zu sein. Dazu kommt, dass der Beifahrer bei jedem Schaltvorgang mächtig durchgeschüttelt wird. Sicher, ein Teil des Schüttelns nehme ich auf meine nicht ganz perfekten Zwischengasstösse. Der grössere Teil stammt aber defitniv vom schlecht zu bedienenden Getriebe. Hier muss Audi unbedingt nachbessern. Sonst werden die Kunden auf das S-Tronic-Getriebe warten oder einen BMW kaufen.


Nackt: Endlich zeigt man uns die Motoren wieder – Das S5-Aggregat braucht sich nicht zu verstecken

Natürlich ist der S5 nicht nur schlecht. Ganz im Gegenteil. Sein sportliches Fahrwerk verwöhnt die Insassen mit einem Komfort, der geradezu nach langen Reisen schreit. Die sehr schönen Sitze passen wie angegossen und vermitteln angenehmen Seitenhalt. Das Untersteuern konnte dem Coupé tatsächlich praktisch ganz ausgetreiben werden. Schnell angegangene Kurven durcheilt der schnelle Zweitürer extrem neutral. Ausserdem verwöhnt der V8 mit einem dezenten aber bei etwas Last stets hörbarm V8-Gurgeln. Dazu mischt sich das gewöhnungsbedürftige Pfeifen der Direkteinspritzung. Weiter ist da das Bedienkonzept, eine Art iDrive, das bei Audi aber MMI heisst. Wie bei der aktuellen Version des BMW-Systems, ist die Bedienung ziemlich intuitiv und auch für Technikabstinenzler leicht zu verstehen. Die Grafik ist noch etwas verspielter als die von BMW. Weitere Gimmicks sind die Gangempfehlung oder die elektronische Handbremse. Erstere wird relativ klein im Zentraldisplay zwischen Drehzahl und Tacho angezeigt. Und irgendwie wirkt sie bei einem Auto, dass mit seinen 354 PS nicht gerade nach Umweltschutz riecht doch ein wenig deplatziert. Die Handbremse als kleines Schalterchen hat mein Vertrauen noch nicht ganz gewinnen können. Ein richtiger Hebel wirkt hier einfach glaubwürdiger.


Gefrässig: Der Singleframe-Kühlergrill schaut hungrig drein

Die Fahrer eines Audi S5 werden vor allem lange Autobahnetappen schätzen. Dort profitieren sie vom satten Drehmoment (440 Nm) und müssen nicht schalten. Auch die indirekte Lenkung stört da nicht. Umso mehr schätzen die Passagiere dann den Komfort des Coupés, das formal nicht vollends zu überzeugen mag. Die neue Plattform hält, was sie verspricht, die Untersteuerneigung ist tatsächlich verschwunden, was aber die wenigsten S5-Fahrer jemals merken werden. Sie werden mit dem Zweitürer trotz quattro-Antrieb eher in die Toscana gleiten, als die kurvige Strecke zum Silfser Joch hoch und runter zu rasen. Der Basispreis für einen S5 liegt zwar bei 85'000 Franken, mindestens weitere 15'000 werden aber die meisten Käufer investieren. Schliesslich sind sie Coupéfahrer, Genussmenschen, die nicht so sehr auf den Geldbeutel schauen müssen.