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zuendung

23. Januar 2006

Big Brothers

Nissan | 0 Kommentare

Einige Zeitgenossen, ordnen wir sie einmal als potenzielle Toyota Prius-Kunden ein, beharren darauf, dass Sportwagen völlig unsinnig seien. Auf Pick-ups hacken sie nicht herum. Obwohl diese Fahrzeuggattung in unseren Breiten eine mindestens ebenso geringe Daseinsberechtigung hat – aber mindestens ebenso männlich rüberkommt. Illusion: Unendliche Weiten gibt's hierzulande kaum. Schlappe 5,13 Meter ist der Nissan Navara […]

Einige Zeitgenossen, ordnen wir sie einmal als potenzielle Toyota Prius-Kunden ein, beharren darauf, dass Sportwagen völlig unsinnig seien. Auf Pick-ups hacken sie nicht herum. Obwohl diese Fahrzeuggattung in unseren Breiten eine mindestens ebenso geringe Daseinsberechtigung hat – aber mindestens ebenso männlich rüberkommt.

Illusion: Unendliche Weiten gibt's hierzulande kaum.

Schlappe 5,13 Meter ist der Nissan Navara King Cab lang. Gepaart mit einem Wendekreis von 13,8 Metern empfiehlt sich der japanische Lastenesel als nur bedingt als Stadtwagen – trotz eines beeindruckenden Kofferraums. Auch die hinten angeschlagenen Hecktüren, die die B-Säule überflüssig machen, gehen noch als praktisch durch. Das war's dann allerdings. Sieht man einmal von den ausladenden Maßen ab, macht der Navara durchaus Spaß, selbst wenn kein dicker V8-Benziner unter der Haube blubbert. Denn im Gegensatz zu seinen amerikanischen Vorbildern werkelt unter der Haube ein relativ kleiner, aber dank- an US-Maßstäben gemessen – moderner Technik äußerst kräftiger 2,5-Liter-Common-Rail-Diesel. Der raubeinige Selbstzünder leistet 174 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von 403 Newtonmeter bei 2.000 Umdrehungen. Mit übermäßigem Verschleiß beim Getriebe dürfte daher kaum zu rechnen sein. Nach dem Anfahren den sechsten Gang einlegen und gut is'. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass selbst bei frostigen Temperaturen die Gangwechsel auf ihren langen Wegen gut flutschen.

Grillsaison: Manchmal muss es eben Chrom sein.

Soviel Drehmoment führt zu einer souveränen Fahrweise. Der Eindruck, es gehe zäh voran, täuscht. Der zwei Tonnen-Laster kommt schnell in Schwung, Tempo 180 ist kein Problem – sehr zur Verwunderung mancher Golf-Fahrer, in deren Rückspiegel formatfüllend das selbstbewusst dimensionierte Nissan-Logo zum Räumen der linken Spur mahnt. Der Truck-Treiber sollte sich in diesen Geschwindigkeitsbereichen jedoch bewusst sein, dass sein Pick-up an der Hinterachse nur über Trommelbremsen verfügt. Zuendung.ch hat zwar keine Verzögerung gemessen, Werte deutlich unter der vierzig Meter-Marke dürften aber kaum zu erwarten sein.

Abstellkammer: Die hinteren Klappsitze sind selbst Kindern nur bedingt zuzumuten.

Beim Navara-Schwestermodell ebenso wenig. Der Siebensitzer verfügt zwar rundum über innenbelüftete Scheiben, wiegt allerdings auch 200 Kilo mehr. Dementsprechend hinterlässt auch der dCi-Motor keinen ganz so kräftigen Eindruck wie im Pick-up – schwungvolle Drifts fallen deutlich schwerer. Dafür bietet der Pathfinder allerlei Komfort-Features. Ein DVD-Navi beispielsweise, dessen Monitor auch die Bilder der Rückfahr-Kamera überträgt. Oder Xenon-Scheinwerfer. Oder ein Keyless-Entry-System. Oder eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung. Eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik und elektrische Fensterheber bieten beide Modelle, das Cockpit mit 350Z-Anleihen ebenfalls. Beim Antrieb wird die unterschiedliche Marktpositionierung von Navara und Pathfinder wiederum klar ersichtlich. Der Pick-up muss mit einem zuschaltbaren Allrad auskommen, dafür gibt's eine Hinterachssperre. Der Pathfinder regelt wahlweise die Kraftverteilung von selbst, kann aber auch nur mit Heckantrieb, 50/50-Verteilung oder mit Untersetzung gefahren werden. Bei beiden knirscht es jedenfalls im Gebälk, wenn Wendemanöver mit aktiviertem Allradantrieb absolviert werden. Eine gute Portion Geländetauglichkeit ist den Nissan-Brüdern aber nicht nur wegen der Untersetzung eigen, sondern auch wegen des bemerkenswert kurzen vorderen Überhangs.

Dampfer: Mit dem Pathfinder auf einer Züri-See-Fähre.

Kraxeln können sie also. On Road müssen allerdings neben den bereits erwähnten Abstriche im Stadtverkehr auch Komforteinbußen bei Überlandfahrten in Kauf genommen werden. Beim Pick-up bockt die Blattgefederte hintere Starrachse, beim Pathfinder wankt und rollt die massige Karosse. Immerhin ist Nissan so konsequent und hat bei beiden Offroadern das Attribut sport aus sämtlichen Marketing-Aktivitäten verbannt. Sowohl der 2+2-Sitzer mit Mega-Kofferraum (den es auch als Fünfsitzer gibt), als auch der Siebensitzer (den es auch als Fünfsitzer gibt) sind grundehrliche Lastenesel, die ihren Job zuverlässig erledigen und die mit durchdachten Details eine Konsequenz an den Tag legen, die den viel gepriesenen SUVs abgeht. Ihre Daseinsberechtigung für potenzielle Prius-Käufer heben diese Eigenschaften wohl kaum. Diejenigen, die Sportwagen begeistern können, finden in einem Nissan Navara oder Pathfinder einen wohltuend-geradlinigen Gegenpol.

Abwaschbar: Rustikales Navara-Cockpit mit Anleihen vom 350Z.