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zuendung

21. Juli 2013

Der Langweiler vom Dienst

VW | 0 Kommentare

Es ist seit Jahrzehnten dasselbe: Ein neuer VW Golf erscheint und gewinnt alle möglichen Vergleichstests. Doch gelingt das auch in der siebten Auflage des Kompakten wieder? Optisch macht er auf den ersten Blick nicht allzu viel her. Er schaut eher aus, als hätte man dem Sechser ein nicht mal speziell heftiges Facelift verpasst. Dabei war […]

Es ist seit Jahrzehnten dasselbe: Ein neuer VW Golf erscheint und gewinnt alle möglichen Vergleichstests. Doch gelingt das auch in der siebten Auflage des Kompakten wieder? Optisch macht er auf den ersten Blick nicht allzu viel her. Er schaut eher aus, als hätte man dem Sechser ein nicht mal speziell heftiges Facelift verpasst. Dabei war der nicht als eine verbesserte Variante der 5. Generation. Bei Golf Nummer 7 handelt es sich dagegen um eine echte Neuheit. Er steht auf der neuen Plattform, die den VW-Konzern über einige Zeit prägen dürfte. Seat, Audi und Skoda werden diverse Modelle darauf aufbauen und dem Kürzel MQB (Modularer Querbaukasten) Inhalt verleihen.

Beim Inhalt des Golf hat sich auch einiges getan. Lange fuhr man in Sachen Assistenzsysteme hinterher. Doch Volkswagen ist bekannt dafür, gerne etwas länger zuzuschauen, um am Schluss nicht nur alles besser zu machen, sondern das dann auch noch besser zu verkaufen. Darum ist zum Beispiel die Müdikeitserkennung im neuen Golf serienmässig, obwohl es sie in der letzten Generation nicht einmal gegen Aufpreis gab. Das Fahrzeug "erkennt" also anhand verschiedener Parameter, wenn der Fahrer zu müde zum Fahren ist. Gegen Aufpreis gibt es natürlich noch einige kleine Helferlein, die das Leben am Steuer angenehmer, sicherer und entspannter machen. So gibt es im Testwagen beispielsweise den Abstandstempomaten mit integrierter automatischer Notbremse, die man bei VW "Citystopp" nennt. Der Lane Assist hilft beim Halten der Spur und der Park Assist nimmt einem die Last des Parkens ab.

Eine schwere Last hat jeweils auch der Designer eines neuen Golf zu tragen. Weil man bei Volkswagen beim Klassiker der Kompaktklasse auf Kontinuität setzt, sind grösser Veränderungen Tabu. Genau deshalb wirkt die siebte Generation auf den ersten Blick so ähnlich wie ihr Vorgänger. Schaut man genauer hin, entdeckt man die messerscharfen Linien, die dem Golf zum ersten Mal eine sehnige, sportliche Form verleihen. Einst zögerlich geschnittene Heckleuchten weisen nun ein klar geometrische Gestaltung auf, die sogar einen Hauch Sportlichkeit erahnen lässt. Nicht einmal den Tankdeckel hat das VW-Designteam dem Zufall überlassen. Der Rhombus in der rechten C-Säule dient als einfaches Erkennungszeichen für den 7er. Vorne Springt der Chromstreifen im Grill ins Auge, der durch die Scheinwerfer weiterfliesst, um schliesslich als Fuge in den Radlauf überzugehen. Alles in allem überzeugt der Golf mit einer strengen aber sehr gekonnten Formensprache. Wie der aktuelle Polo wird auch dieser Golf als zeitloser Entwurf in die Designgeschichte eingehen.

Noch lange nicht Geschichte ist das Doppelkupplungsgetriebe, das mittlerweile seit 10 Jahren für ruckfreie Schaltvorgänge in VW- und Audi-Modellen sorgt. Im Testwagen leitet es die Kraft des 1,4 Liter Turbomotors an die Vorderachse. 140 PS stellt der Direkteinspritzer zur Verfügung, wobei im Teillastbereich sogar noch zwei Zylinder abgeschaltet werden. Was akustisch kaum wahrnehmbar bleibt, den Verbrauch aber auf einen Normwert von 4,7 Liter senken helfen soll. Doch es geht noch besser: Im Eco-Modus wählt das Getriebe während der Fahrt den Leerlauf, um die Drehzahl und damit auch den Spritverbrauch zu senken. An die fehlende Motorbremse bei Bergabfahrt muss man sich allerdings zuerst gewöhnen. Ein weitere Hilfe bei diesem Unterfangen ist die Start-/Stopp-Automatik. Steht der Motor an der Ampel still, geht er auch beim Loslassen der Bremse nicht gleich wieder an. Das Fahrzeug wird derweil von der automatisch aktivierten elektrischen Handbremse gehalten. Gerade bei längeren Rotphasen eine sehr entspannende Lösung. Sehr entspannend wirkt übrigens auch der ergoActive Sitz, der den Fahrerrücken zumindest im unteren Bereich mit ordentlicher Kraft durchknetet. Solche Ausstattungsdetails fand man bis vor wenigen Jahren nur in der Luxusklasse. Ähnliches lässt sich über die sogenannte Fahrprofilauswahl sagen. Klingt ähnlich holprig wie der Fahrerlebnisschalter von BMW? Ist auch ähnlich. Motorkennlinie, Widerstand der Lenkung, Verhalten des DSG, Härte des adaptiven Fahrwerks und sogar das Ansprechen der Klimaanlage werden darüber geregelt.

Nur schade, dass der Druck auf den mit Mode beschrifteten Knopf nicht ausreicht. Danach muss man am Touchscreen noch den gewünschten Modus wählen. Dabei ist der Bildschirm und die Menüführung darauf gut umgesetzt. Trotzdem kann die Ergonomie nicht restlos überzeugen. Ein gutes (oder eben schlechtes) Beispiel dafür ist sicher der Abstandstempomat. Er wird über die Tasten auf der linken Seite des Lenkrads bedient. Jedoch ist das so umständlich, dass die Bedienung bis zum Testende nicht auf Anhieb gelingen wollte. Nicht einmal die Grafik im Display zwischen Tacho und Drehzahlmesser ist selbsterklärend. Das lösen andere Hersteller (bspw. Ford) deutlich besser. Überhaupt ist das Lenkrad mit sage und schreibe 18 Tasten total überladen. Immerhin fasst es sich gut an.

Das kann man aber nicht über den gesamten Innenraum sagen. Auch bei VW gibt es Sparbemühungen, was sich in harten Kunststoffen im unteren Bereich des Interieurs zeigt. Insgesamt macht der Golf aber einen sehr robusten Eindruck. Das bestätigt sich auch beim Fahren, wo alles derart souverän und unspektakulär abläuft, dass man ihm höchstens eine gewisse Langweiligkeit vorwerfen muss. Die 250 Newtonmeter, die ab 2500 Umdrehungen anliegen ermöglichen stets anständigen Vortrieb. Spass am Fahren mag ob all der Perfektion aber irgendwie nicht aufkommen. Bremse, Gas, Getriebe, Fahrwerk – Alles passt wunderbar, berührt aber kein bisschen. Alles scheint ein wenig zur blassen grauen Lackierung des Testwagens zu passen, die im VW-Jargon Limestone Grey heisst.

Im Test wurde der VW Golf 1.4 TSI meist im Eco-Modus bewegt. Mit 6,3 Liter blieb er relativ genügsam, konnte aber die Werksangabe nicht annähernd erreichen. Der Fünftürer kommt in der Highline-Ausstattung mit einigen Extras auf einen Gesamtpreis von fast 45'000 Franken, wobei der Basispreis bei 37'500 Franken liegt. Damit ist er ganz bestimmt nicht supergünstig, aufgrund der inzwischen recht reichhaltigen Ausstattung auch nicht überteuert. Wer einen zuverlässigen Begleiter mit moderner Ausrüstung sucht und auf keinen Fall auffallen will, macht mit dem Golf auch weiterhin nichts falsch. Damit ist auch klar, dass der Dauersieger auch in der neusten Generation nicht vom Thron der Kompakten gestossen werden kann. Ein richtiger Langweiler eben.