Dreizylinder? Das waren doch die Motoren, die man damals in diesen Daihatsu Cuore verbaute. Stimmt. 2021 treibt man mit einem Dreizylinder mal eben einen 2,3 Tonnen schweren SUV an. Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass der Hubraum von 850 Kubikzentimeter beim Cuore inzwischen auf 1,5 Liter angewachsen ist. Und nein, wir sprechen hier nicht vom japanischen Kei-Car, sondern von einem ausgewachsenen Jaguar. Der E-Pace ist nun auch als PlugIn-Hybrid erhältlich und verfügt dann auf der Verbennerseite über ebenjenen Dreizylinder.
Der kleine Racker kommt auf 200 PS und 280 Nm, was doch ausreichend ist. Doch weil ausreichend für einen Jaguar kaum passend ist, kommt dann noch die elektrische Leistung von 80 kW dazu. So ergibt sich eine Systemleistung von 309 PS. Passt.
Passt auch zum Auftritt, der dieser als R-Dynamic SE optisch hinlegt. Ganz in Weiss mit schwarzen Akzenten sieht er richtig knackig aus. Selbst die Modellbezeichnung wurde in edlem Schwarz angebracht. Logisch, dass auch die Felgen (20 Zoll) in der dunkelsten aller Farben daherkommen. Fährt er denn auch so toll, wie er ausschaut?
Dazu muss er überhaupt erst mal gestartet werden. Und das ist beim Testwagen nicht immer ganz einfach. Wohl wegen einer schwachen Batterie im Funkschlüssel klappt es selten im ersten Anlauf. Der klobig geratene Sender muss an die Lenksäule gehalten werden, dann klappt es im x-ten Versuch doch noch. Als Erstes soll gleich die elektrische Reichweite getestet werden, denn der Ionen-Tank ist prall gefüllt. 15 kWh passen rein. Interessant: Obwohl nicht der reine Elektromodus (EV) gewählt wurde, stromert der E-Pace ohne Hilfe des Verbrenners los. Später wechsle ich auf EV, um zu schauen, wie weit ich rein elektrisch komme. Tatsächlich liegen gute 50 Kilometer drin, obwohl auch ein kleiner Teil Autobahn mit 120 km/h dabei ist. Der Dreizylinder hat Pause, schaltet sich auch bei zügiger Beschleunigung nicht ein.
Jetzt wo der Akku leer ist, kann er aber nicht anders. Er erwacht und grüsst mit kernigem Klang. Der Übergang ist praktisch nicht spürbar, was auch der feinen 8-Gang-Automatik zu verdanken ist. Bei Vollgas gibt’s dann zwar nicht gerade Cuore-Feeling, aber so richtig passt der Klang nicht in das ansonsten sehr edle Fahrzeug. Und doch ist die Kombination stimmig. Denn der E-Pace ist kein Sport-SUV à la Macan. Er ist gemacht für die geschmeidge Fortbewegung ohne mit übertrieben sportlichen Ambitionen zu nerven.
Das schöne Interieur mit dunklem Leder, grossem Screen und guter Verarbeitung ist ein Highlight. Mit dem Facelift ist die neueste Generation des JLR-Multimedia-Systems eingezogen: Pivi Pro. Ein grosser Schritt zum Vorgänger, nicht nur grafiisch, sondern auch von der Geschindigkeit und vor allem von der Bedienbarkeit her. Wenn jetzt noch die Lenkradtasten für den adaptiven Tempomaten schön ansprechen würden, hätte ich an der Bedienung noch etwas weniger auszusetzen.
Weiterhin toll ist die zielgenaue Lenkung. Die Bremsen könnten besser dosierbar sein. Es scheint so, als sei da die Abstimmung zwischen Rekuperation und tatsächlichem Bremsen noch verbesserungswürdig. Das Fahrwerk schlägt sich mit den 20-Zöllern und relativ kurzem Radstand respektabel. Allenfalls könnte hier die aufpreispflichte adaptive Version noch etwas mehr Komfort bringen.
Die Platzverhältnisse sind vorne weiterhin angenehm, während hinten vor allem der Zugang etwas beschwerlich ist. Die dynamische Form fordert ihre Zugeständnisse. Wenn man drin sitzt, ist es zumindest auf den äusseren Plätzen bequem. Dort gibt’s auch beheizte Sitze. Der mittlere empfiehlt sich nur für Kurzstrecken, und dies nicht nur wegen der fehlenden Heizung. Die Aussicht ist übrigens auch im Fond gut, was am grossflächigen Glasdach liegt.
Und wie sind die Aussichten auf effiziente Vorwärtsbewegung? Nicht schlecht, wie der Test zeigt. Nach den elektrischen 50 Kilometer wird absichtlich nicht getankt, um den Verbrennerverbrauch zu ermitteln. Dieser beläuft sich auf 8,5 Liter. Das ist für einen 2,3-Tonnen Brocken vielleicht noch ok, trotzdem ist es deutlich sinnvoller, die elektrischen Reserven regelmässig zu befüllen.
Dann ist der als Testwagen 80’000 Franken teure Jaguar E-Pace R-Dynamic SE PHEV ein cooles Pendlermobil, das auch für weite Strecken taugt. Der wache Dreizylinder macht zusammen mit der E-Unterstützung auch ordentlich Radau in der Längsrichtung. Wer einen kurvenhungrigen SUV sucht, sollte trotz grosser Räder und dynamischer Optik eher anderswo schauen. Verwöhnaroma, coole Looks, Individualität und Co. stehen im Fokus? Go for it! Wer auf ein bisschen Luxus verzichten kann, für den gibt es den PlugIn-Hybrid E-Pace übrigens ab 67’500 Franken. Und ja, wer nur einen winzigen Bruchteil davon für einen Dreizylinder ausgeben möchte, der findet vielleicht noch irgendwo einen uralten Daihatsu Cuore…