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8. Oktober 2007

Ein Picasso nicht fürs Museum

Citroën | 0 Kommentare

Citroën Grand C4 Picasso 1,6 HDI Dynamique Ein Picasso nicht fürs Museum Citroën hat sich entschlossen, seine Automodelle einfach durchzu-nummerieren. Die Zeit der Zungenbrecher à la Xsara oder Xantia ist also vorbei. So wie Audi heute A2 und A3 bis A8 heissen, fängt Citroën mit dem kleinen C1 an. Dann folgen C2, C3, C4, C5 […]

Citroën Grand C4 Picasso 1,6 HDI Dynamique

Ein Picasso nicht fürs Museum

Citroën hat sich entschlossen, seine Automodelle einfach durchzu-nummerieren. Die Zeit der Zungenbrecher à la Xsara oder Xantia ist also vorbei. So wie Audi heute A2 und A3 bis A8 heissen, fängt Citroën mit dem kleinen C1 an. Dann folgen C2, C3, C4, C5 und 6 und man ist jetzt auch bei der 8, dem C8, angelangt.
Diese Art des Nummerierens führt dann dazu, dass man nichts mehr dazwischen schieben kann. So ging es Citroën mit dem C4. Es musste doch wieder ein Wort zur Unterscheidung nachgeschoben werden. In diesem Fall Picasso. Und wenn dann noch einmal ein Fahrzeug genau dort dazwischen geschoben werden muss, dann heisst der Wagen dann nicht mehr C4 Picasso, sondern Citroën C4 Grand Picasso. Und genau der war diesmal unser Testwagen.

C4 Picasso und C4 Grand Picasso sind gleich breit und gleich hoch, der Grand ist aber 11 cm länger (4.59 m) und hat einen 76 Liter grösseren Kofferraum (576 lt). Kinderreiche Familien haben beim Grand noch die Möglichkeit, zwei zusätzliche Sitze aus dem Untergrund zu zaubern und so total sieben Personen und Persönchen zu transportieren.
Aber äusserlich sehen die beiden Picassos überhaupt nicht wie Brüder aus, geschweige denn wie Zwillinge. Die Tester sind sich einig, dass "unser" Grand Picasso der Schönere und Elegantere ist.

Das typische Citroën-Gesicht wirkt hier eher verdriesslich

Citroën war schon immer bekannt für ausserordentliche Lösungen und Ingenieure hatten oft die Möglichkeit, sich auszutoben, oft, aber bei weitem nicht immer, zum Wohle der Kunden. Aber lassen wir die Vergangenheit ruhen.
Auch der Grand Picasso weist Spezialitäten auf, die man nicht in andern Autos findet. Als erstes fällt einem die riesige Frontscheibe auf, die bis ins Dach hinein gezogen ist. Dadurch erlebt man ein Raumgefühl, wie es auch die Riesenglasdächer bei Peugeot nicht vermitteln können. Aber kein Licht ohne Schatten. Dadurch brennt einem auch die Sonne mehr auf den Schädel, man muss die Sonnenblende herunter klappen oder ein Käppli tragen und man fragt sich, was denn die Riesenscheibe nun soll. Aber immerhin hat sie zu einem neuen Wort geführt. Citroën nennt das Auto statt Monospace nun Visiospace.
Aber zugegeben, durch das viele Glas rundum geniesst man eine ausgezeichnete Sicht nach draussen. Die A-Säule ist unten sogar geteilt, um tote Winkel möglichst klein zu halten.
Die äussere Linie des Fahrzeuges wirkt elegant, gestreckter als die 11 cm vermuten lassen, relativ einfach und doch mit Charakter.

Ob man einen serienmässigen Parfumspender benötigt, lassen wir mal dahin gestellt. Mehr Sinn macht die pneumatische Federung, mittels derer sich zum Beispiel auf Knopfdruck die Ladekante um bis zu 14 cm absenken lässt, was das Beladen vereinfacht und dem beladenen Fahrzeug eine konstante Bodenfreiheit verleiht. Leider ist das nur beim Exclusive serienmässig und bei den andern Varianten gar nicht erhältlich. Die Ladekante ist aber auch ohne diese Option angenehm tief.

Der Grand Picasso ist 11cm länger als der "normale" Picasso, was der Eleganz der Linie entgegen kommt.

Womit wir bei den Preisen und der Ausrüstung unseres Testwagens wären. Einen C4 Grand Picasso gibt es in der X genannten Basisausführung ab netto Fr. 30'200. Ein 1800er Benziner mit 127 PS treibt dann dieses Auto an.
Es folgen der SX, der Dynamique und der Exclusive. An Motoren sind zwei Benziner (1749 und 1997 ccm, 127 und 143 PS) erhältlich, sowie die zwei aus dem Peugeotregal stammenden 1600er und 2-Liter-HDi-Diesel mit 110 und 138 PS, beide natürlich mit Partikelfilter.
Der 2-Liter Exclusive kostet mit Automat erst Fr. 47'450. Ausgerechnet und nur beim schon gut ausgestatteten Topmodell Exclusive ist dann noch eine Vielzahl weiterer Ausrüstungspakete erhältlich, die bei den einfacheren Ausstattungen leider gar nicht angeboten werden (zum Beispiel Xenonlicht, Navigationssystem, heizbare Sitze, usf.)

Gemäss Mitteilung der Fleetabteilung von Citroën handelte es sich bei unserem Testwagen um einen 1600er Diesel Dynamique. Die mitgeteilte Ausstattung und die am Fahrzeug festgestellte Ausrüstung deckte sich jedoch nicht und war auch nicht ganz plausibel. Auch die Preise waren nicht identisch mit der Preisliste. Der Preis unseres Testwagens inkl. sequentielles 6-Gang-Getriebe mit Automatikfunktionen (1'200), Metalliclackierung (640), Zusatzheizung (600), Bluetooth (500) und Komfortausstattung (800) dürfte sich auf etwa Fr. 43'000 belaufen. Die serienmässige Komfort- und Sicherheitsausstattung ist dabei schon sehr gut und auf dem Stande teurerer Mitbewerber.
Im Gegensatz zu andern Citroëns werden einem hier aber (leider) nicht schon im Inserat versprochene mehrere Tausend Franken Rabatt nachgeworfen. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass sich dieser Fahrzeugtyp momentan gut verkauft.

Das Armaturenbrett ist nüchtern und sachlich. Die Lenkradnabe bleibt stehen, nur der Lenkradkranz dreht sich.

Das Interieur ist hell (viel Glas rundum) und die Instrumente und Armaturen gut ablesbar und aufzufinden. Das Schalthebelchen befindet sich nicht am gewohnten Ort, sondern wie beim DS vor 40 Jahren oberhalb des Lenkrades.
Die Türen öffnen weit und die Sitze sind auf den ersten Blick wunderbar bequem. Die Sitzumbauten sind relativ einfach zu bewerkstelligen, was die Variabilität und die Flexibilität doch sehr erhöht. Dazu trägt auch der variable Laderaum bei. Wenn auch die drei Sitze der zweiten Reihe auf den Boden geklappt werden – die dritte Reihe ist im Boden versenkt – entsteht ein Laderaum von 1'951 Litern! Aber auch unter normalen Umständen misst der Laderaum 576 Liter, resp. 893 Liter bis unters Dach gemessen. Mittels Gepäcknetzen kann alles bestens befestigt werden. Die Zuladung von 636 Kg verspricht, dass der Raum und die Variabilität auch tatsächlich genutzt werden können. Verglichen mit den teilweise lächerlich tiefen Zuladungen von Fahrzeugen anderer Marken sind die 636 Kg ein echtes Highlight.

Eine grosse Anzahl an teilweise voluminösen Ablagefächern steht zur Verfügung, einige davon beleuchtet und gekühlt, mit rutschhemmenden Materialien ausgestattet und oft in Reichweite des Fahrers.
Die Bedienung der Klimaanlage hat man statt in die Armaturenbrettmitte nach ganz links und rechts aussen verlegt. Durch einen 2-Sekunden-Druck auf die Automatiktaste kann der Fahrer auch die Klimatisierung für vorne rechts regeln.

Gegenüber dem 1560 ccm-Diesel mit 110 PS waren wir zu Beginn eher skeptisch eingestellt. Immerhin beträgt das Gesamtgewicht des C4 Grand Picasso 2'250 Kg. Das maximale Drehmoment von 241 Nm bei 1'750 U/min und der recht lebendige Motor liessen uns rasch aufschnaufen. Im Alltag ist der 1600 durchaus sehr gut brauchbar. Beladen und an längeren Bergpassagen vermisst man dann schon etwas Souveränität.
Die Lenkradnabe bleibt beim Lenken stehen und nur der Ring aussen dreht sich. Ebenfalls stehen bleiben die Schaltpaddel links und rechts, sodass man beim Betätigen mit eingeschlagenem Lenkrad die Hand vom Lenkrad nehmen muss, um manuell zu schalten (nach dem Umsteigen von einem Ferrari F355 fällt einem solches halt auf J ).

Nun, die Schaltung, ein Kapitel für sich. Wer in einem manuell geschalteten Auto fährt, geht beim Schaltvorgang vom Gas, drückt die Kupplung, legt den höheren oder tieferen Gang ein und lässt die Kupplung wieder kommen. Genau so sollte man es mit dem "automatisierten 6-Ganggetriebe mit Automatikfunktion" auch machen. Nur die Kupplung fehlt.
Wenn man, wie von einem Automatikgetriebe her gewohnt, einfach Gas gibt, dann nicken Fahrer und Passagiere bei jedem Schaltvorgang unangenehm und spätestens nach dem dritten Nicken erhält der Fahrer Schelte für sein nicht passagierfreundliches Fahren.
Es ist halt eben kein Automat, auch wenn man genau gleich automatisch fahren kann, es kostet aber auch nur die Hälfte einer Vollautomatik.
Die Handbremse ist auch gewöhnungsbedürftig. Sie ist nämlich automatisch und elektrisch. Das heisst, sie zieht sich nach dem Anhalten selber an und man fährt mit angezogener Handbremse los; sie löst sich nach Überwinden eines spürbaren Widerstandes beim Anfahren von selbst.

Die Frontscheibe ist bis ins Dach hinein gezogen. Das ergibt viel Raumgefühl, die hochstehende Sonne brennt dem Fahrer aber auf den Kopf.

Nach längerer Fahrt sind dann die anfänglich so bequemen Fauteuils nicht mehr so komfortabel. Sie sind zu weich und geben deshalb zu wenig Halt, was ermüden kann. Ein Testfahrer bemängelte ausserdem eine eher unpräzise Lenkung.
Das Fahrwerk hat uns aber einen sicheren und komfortablen Eindruck gemacht. Fast zu komfortabel bei forscher Bergfahrt auf Nebenstrassen.

Der von Citroën genannte Gesamtverbrauch soll 5,7 Liter betragen (Städtisch 6.8, ausserstädtisch 5,1 Liter). Unser Testverbrauch betrug 7,19 und 7.5 Liter, im gewogenen Schnitt 7,38 Liter, was für den grossen Wagen durchaus vernünftig ist. Nur der Sollwert ist unrealistisch. Die 150 g/km CO2 dürften deshalb Theorie sein. Ebenso ist die Treibstoffverbrauchskategorie A auch etwas zu tief.

An Garantien bietet der C4 nur das Minimum, nämlich die üblichen 2 Jahre, inkl. 2 Jahre Pannenhilfe. Dazu 12 Jahre gegen Durchrostung und 3 Jahre auf die Lackierung.
Gegen Aufpreis kann die Garantie allerdings um weitere 3 Jahre verlängert werden und ein Servicevertrag für bis zu 200'000 Km (5 Jahre) inkl. Verschleissteile abgeschlossen werden.

Die A-Säule ist der besseren Sicht wegen zweigeteilt.

Zusammenfassung
Der Citroën C4 Grand Picasso füllt eine Nische zwischen dem normalen C4 Picasso und dem grösseren C8. Die grossen Fensterflächen und die riesige bis ins Dach hinein gezogene Frontscheibe vermitteln ein sagenhaftes Raumgefühl. Mit dem Nachteil allerdings, dass dem Fahrer die Sonne unangenehm auf die Birne brennt.
Die Variabilität, 7 Sitze, versenkbar, abklappbar, verrückbar, machen den Grand Picasso für eine Vielzahl von Einsatzzwecken nutzbar, genau so, wie der Besitzer es gerade braucht.
Citroën ist eine innovative Firma. Interessante und unübliche Ausstattungslösungen wird man bald schätzen und nicht mehr hergeben wollen.

Der 1600er Diesel mit 110 PS hat sich als recht lebendiger Motor erwiesen. Er genügt für den Alltagsverkehr vollauf. Wer viel stark beladen und im Jura oder den Alpen fährt, zieht sicher den 2-Literdiesel vor. Einen richtigen Automaten (plus Fr. 1'350) würden wir der automatisierten Schaltung vorziehen.
Das Gestühl dürfte etwas mehr Halt bieten und das Fahrgestell ja nicht noch weicher werden. Dann macht der elegante Grand Picasso vor allem als Familienauto nicht nur Sinn, sondern ist sogar erste Wahl. Aber auch der Handelsmann, der das Auto an Werktagen zum Transportieren von Waren braucht und am Wochenende privat einsetzt, muss sich den Grand Picasso anschauen.

Für Zündung.ch: Heiny Volkart, Presseverantwortlicher des Schweizerischen Fahrzeugflottenbesitzer-Verbandes (sffv)

Heiny Volkart betreibt Fleet-Consulting und das Pressebüro VOLKARTpress in Aarburg (h.volkart@bluewin.ch)