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amadefries

25. August 2022

Falsche Richtung

Kia | 0 Kommentare

„Falsche Richtung! Bitte umdrehen wenn sicher.“ Das war die erste von mir wahrgenommene Meldung des Kia Sportage der neuesten Generation. Und sie passte irgendwie zu meinem allerersten Eindruck, den ich vom Design hatte, als ich die Präsentationsbiler sah. Was war aus der Tigernase, die Peter Schreyer einst eingeführt hatte geworden. Sie kann als Symbol für […]

„Falsche Richtung! Bitte umdrehen wenn sicher.“ Das war die erste von mir wahrgenommene Meldung des Kia Sportage der neuesten Generation. Und sie passte irgendwie zu meinem allerersten Eindruck, den ich vom Design hatte, als ich die Präsentationsbiler sah. Was war aus der Tigernase, die Peter Schreyer einst eingeführt hatte geworden. Sie kann als Symbol für die Lichtjahre an Fortschritt gesehen werden, die das Kia-Design unter ihm vollziehen konnte. Und jetzt? Ein riesiger Schlund, flankiert von seltsamen Scheinwerfern und Tagfahrlichtsäbeln? Darüber die zu einem schmalen Schlitz reduzierten, dafür praktisch über die ganze Fahrzeugbreite laufende Tigernase? Tatsächlich wollte sich die Richtungswarnung mit dauerndem Gebimmel nicht mehr einkriegen, ich war kurz davor, den Wagen zum nächsten Vertragshändler zu bringen. Dann, nach einer kurze Pause, war die Warnung plötzlich weg. Ganz ähnlich verhielt es sich auch mit dem Design-Eindruck.

Falsche Richtung? Anfangs zeigt sich die Kia-Assistenz verwirrt

Wenn der neue Kia Sportage nämlich in diesem hübschen Experience Green vor dir steht, ergibt das Design auf ein Mal Sinn. Was auf den Bildern etwas wirr wirkt, scheint nun (fast) aus einem Guss zu sein. Selbst die Evolution der Tigernase stört nun nicht mehr, sie fügt sich vielmehr in eine stimmige Gesamterscheinung ein. Und als ich neben einem roten Sportage der Vorgängergeneration parkiere, wird noch viel deutlicher, was für einen Sprung die Optik gemacht hat. Besonders attraktiv scheint mir die 3/4-Heckansicht, wo nicht nur die messerscharfen Heckleuchten, sondern auch die schön herausgearbeiteten Flächen der Seitenpartie ihre Wirkung zeigen.

Side by Side: So alt schaut der Vorgänger neben dem neuen Kia Sportage aus

Pure Panel, Infinity Screen, Curved Display… die Hersteller haben die tollsten Namen für die Aneinanderreihung von LCD-Bildschirmen gefunden. Das System im Kia Sportage hat keinen mir bekannten Namen, fällt aber gegenüber der Konkurrenz überhaupt nicht ab – Im Gegenteil. Formschön ins Interieur integriert und mit gelungenen Grafiken überzeugt es optisch. Die Bedienung ist wie bei allen Touchscreens vor allem im Stand überragend. Sobald man fährt, wünschte man sich ab und zu grössere Icons und klarer gezeichnete Strukturen. Bedienungsmässig die meiste Gewöhnung fordert aber die Klima- und Audiosteuerung, die über die gleichen Tasten mit wechselnder Belegung gesteuert wird. So dient das Rad zur Temperatureinstellung auch zur Lautstärkeregulierung. Also braucht es jeweils einen Schritt mehr als unbedingt nötig, aber natürlich gewöhnt man sich daran.

Lichtgestalt: An den schön gestalteten Rücklichtern erkennt man ihn auch von hinten

An den Innenraum des neuen SUV gewöhnt man sich indes gern. Genügend Platz, bequeme Sitze, ausreichend Ablagen und Ausstattung en masse. Bei sommerlichen 30°C ist man froh um die klimatisierten Sitze und die wirkungsvolle KLimaanlage. Die Assistenten sind vielfältig und funktionieren (mit Ausnahme der oben beschriebenen Fahrt) eingängig und zuverlässig. Besonders hervorgehoben sei auch im Sportage das Bild der Kamera im Seitenspiegel, das immer dann im Tachobereich eingeblendet wird, wenn man den Blinker setzt. Eine besseren Schutz vor Fahrzeugen im Toten Winkel gibt es nicht, zumal auch noch ein konventioneller Totwinkelwarner an Bord ist.

Mini-Tigernase: Peter Schreyers Designelement ist geschrumpft

Auch an die Generation Smartphone denkt man bei Kia. Klar, der Sportage kann CarPlay und Android Auto, aber das ist gar nicht gemeint. Wer noch nie an einer roten Ampel oder im Stau auf das Handy geguckt hat und dabei den wieder losfahrenden Verkehr für eine Sekunde verpasst hat, hebe jetzt die Hand. Eben. Darum haben die Koreaner für genau jenen Moment ein sanftes Klingeln eingebaut, das zusammen mit einem optischen Hinweis auf das losgefahrene Fahrzeug vor einem aufmerksam macht. Clever und sehr pragmatisch. Auf Autobahnen wird man durch den HDA (Highway Driving Assistant) unterstützt. Der regelt neben der möglichst mittigen Spurhaltung auch das Tempo. Dies natürlich mit eingestelltem Abstand zum Vorderwagen, aber auch mit Berücksichtigung der angezeigten Limiten. Funktioniert in der Praxis wunderbar. Ich hätte mir aber gewünscht, dass der HDA auch um ein paar km/h höhere Geschwindigkeiten akzeptiert, da man mit präzise 120 nach Tacho halt etwas gar gemächlich unterwegs ist.

Generell liegt dem Sportage entgegen seines Namens die gemütliche Gangart aber sowieso besser. Getriebe, Lenkung und Fahrwerk sind allesammt nicht sportlich ausgelegt. Besonders die gefühllose Lenkung hat da noch Verbesserungspotenzial. Dafür wird der Komfort grossgeschrieben. So gibt es selbst hinten Sitzheizung und bei der Einfahrt in den Tunnel stellt das System automatisch auf Umluft. Damit sich die Insassen auch bewusst sind, was für sie gemacht wird, steht im Display „Umluft für mehr Komfort“. Die Passagiere hinten können die Klimaanlage selber regulieren und beschallt wird der ganze Innenraum von einem Harman/Kardon Soundsystem.

Mehr Schein als Sein: Die optische Dynamik setzt der Sportage nicht in besonders zackige Fortbewegung um

Wer jetzt sagt, das sei ja wahrscheinlich auch nicht ganz gratis, zumal der Sportage wie jeder Kia auch noch mit 7 Jahren Garantie kommt, hat natürlich recht. Die Zeiten eines supergünstigen Kia Sephia sind zum Glück lange vorbei. Der Kia Sportage kostet als 1,6 Liter Hybrid mit Allrad in der Ausstattung GT Line 52’750. Was dann beim Testwagen noch dazu kam: Das Panoramadach und der sehr hübsche schimmernde Lack Experience Green. 55’040 Franken sind kein absolutes Sonderangebot mehr, gehen aber in anbetracht der überaus reichhaltigen Ausstattung und der gebotenen Qualität völlig in Ordnung.

Schokoladenseite: Besonders attraktiv erscheint er aus diesem Winkel in genau dieser Farbe

Der optisch, zumal auf den zweiten Blick, sehr gelungene SUV fährt nicht sonderlich sportlich. Er ist kein Fahrerauto, sondern glänzt mit Alltagsqualitäten wie Platz, Komfort und eingängiger Bedienung. Dank des Hybridantriebs landen wir beim Testverbrauch bei 6,5 Liter, was sogar um einen Zehntel unter der WLTP-Werksangabe liegt. Sparsam ist er also auch noch, dafür nicht ganz günstig in der Anschaffung. Das wird wiederum durch die umfassenden Ausstattung GT Line erklärt, die praktisch keine Wünsche offen lässt. Am Ende war der Kia Sportage dann also definitiv in der richtigen Richtung unterwegs.