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2. März 2010

First, Business, Eco

VW | 0 Kommentare

First, Business, Eco So heissen in absteigender Reihenfolge die Klassenqualitäten in Flugzeugen. Das muss bei Autos nicht sein. Jedenfalls hat der getestete Passat Variant Eco Fuel einen First Class – Eindruck hinterlassen. Als wir vor vier Jahren erstmals ein mit Erdgas betriebenes Auto testeten (Mercedes E200 NGT) war die Auswahl noch klein, die Autos teuer […]

First, Business, Eco

So heissen in absteigender Reihenfolge die Klassenqualitäten in Flugzeugen. Das muss bei Autos nicht sein. Jedenfalls hat der getestete Passat Variant Eco Fuel einen First Class – Eindruck hinterlassen.

Als wir vor vier Jahren erstmals ein mit Erdgas betriebenes Auto testeten (Mercedes E200 NGT) war die Auswahl noch klein, die Autos teuer und/oder zu lahm und die Tankstellendichte ungenügend. Die Kosten für das Einrichten einer Erdgas-Zapfsäule wurden mit mindestens einer Viertelmillion Franken beziffert. Heute ist das Tankstellennetz so, dass man mit wenigen Ausnahmen praktisch ausschliesslich mit Gas durch die ganze Schweiz fahren kann (ca. 120 Tankstellen). Die Fahrzeug-Auswahl wurde ebenfalls breiter und nachdem vor rund einem Jahr zum Beispiel Opel dem meistverkauften Erdgas-Zafira mittels Turboladung einen Schuh in den Hintern gegeben hat (150 PS), gilt die Ausrede von zu wenig Leistung auch nicht mehr. Zwar ist bei etlichen Erdgasautos noch immer der Gastank zu klein, aber auch da ist etwas im Tun und oft können bei Bedarf zusätzliche Gastanks geordert werden (Sprinter NGT zum Beispiel). Trotzdem waren in der Schweiz Ende 2009 gerade mal 9‘000 mit Erdgas betriebene Autos im Verkehr. Bei einem Bestand von rund 4,5 Millionen eine lächerlich geringe Anzahl, vor allem angesichts der vielen Lippenbekenntnisse zu Umweltschutz und dem Gejammer über Klimaerwärmung wegen zu viel CO2 und so fort.

Ob da der Passat Eco Fuel, immerhin nun auch schon bald ein Jahr im Verkauf, etwas ändern kann? Es wäre zu hoffen. Wir fuhren den Passat als gegenüber der Limousine um 1‘850 Franken teureren Kombi (Variant) und in der mittleren Comfortline-Ausstattung.
Downsizing ist wohl das «Autowort des Jahres» und VW macht da an vorderster Stelle mit.
Der mit 4,77 Meter doch beachtlich lange und mit einem Leergewicht von 1‘643 kg auch nicht gerade federleichte Passat Variant wird von einem 1390 ccm kleinen Motörchen angetrieben. Aber dieses Triebwerklein leistet 150 PS und weist ein maximales Drehmoment von 220 Nm auf zwischen 1500 und 4800 Touren.
Fr. 46‘250 sind für die handgeschaltete Version mit 6-Ganggetriebe hinzublättern. Unser Testwagen, mit dem 7-Stufen-Automat (DSG) kostet noch einmal unbescheidene 3‘300 Franken mehr (49‘550).

Dafür erhält man schon sehr viel Auto, sowohl was Sicherheit betrifft: zum Beispiel ESP, ABS, EDS, ASR, Airbags vorn, hinten, seitlich, Dreipunktgurten auf allen Sitzen, als auch was den Komfort betrifft, 2-zonige Klimaanlage, Radio/CD, elektrische Parkbremse und vieles mehr.
Markentypisch ist die Auswahl an gegen Aufpreis lieferbaren Ausstattungen ausserordentlich gross und wenn man nur ein paar nützliche Ausstattungen wählt, die man von andern Marken her gewohnt ist (Xenonlicht, Parksensoren, Navi, etc.), dann ist man bald bei 55‘000 oder 60‘000 Franken. Aber der Gegenwert relativiert den auf den ersten Blick vielleicht hoch scheinenden Preis. Immerhin, ab 44‘150 wäre man mit der günstigsten Ausstattungslinie Trendline dabei.

Dafür ist bei diesem Auto vieles selbstverständlich, was bei andern noch nicht einmal im Ansatz verwirklicht ist: Energieeffizienz-Kategorie A, Euro 5 bei der handgeschalteten wie bei der DSG-Automatik-Version und nur 121 Gramm CO2-Ausstoss pro km.

Statische Beurteilung
Der Laderaum ist mit 1‘716 Litern (588 mit Sitzen oben) gross und trotz der zusätzlichen Gastanks nur gerade 15 Liter kleiner als im herkömmlich angetriebenen Passat. Die Zuladung von 557 Kg ermöglicht den vernünftigen Einsatz beim Flottenbesitzer, der auch schwerere Waren zu transportieren hat. Ein Meter zwischen den Radkästen, bis 1,95 m Länge und maximal 83 cm Höhe sind vernünftige Werte. Auch sonst (Ladekante z.B.) fällt da hinten gar nichts negativ auf. So einen Passat hätte man sich vor 20 Jahren schon gewünscht.

Der Zugang zu allen Sitzen ist gut, der Fahrer sitzt komfortabel. Die Lehne beim Testwagen lässt sich elektrisch verstellen, das Vor- und Zurückstellen macht man manuell. Das Interieur ist funktionell und nüchtern. Statt eines Schlüssels steckt man das ganze (etwas gross geratene) Kästchen ins Armaturenbrett, stösst es ganz hinein und startet damit den Motor. Einfach und effizient.

Die Handbremse wird per Knopfdruck gelöst, der Parkpilot zeigt beim Wegfahren, an welcher Ecke ggfs. etwas im Wege steht, die 5-stufige (!) Sitzheizung wärmt recht schnell, das Radio zeigt am grossen Display an, was an Sendern zur Verfügung steht, das Licht ist automatisch angegangen. Das Einzige, was jetzt gestört hat ist, dass die DSG-Automatik es offenbar nicht ermöglicht, passagierfreundlich abzufahren, also auch bei sanftem Gasgeben ohne Ruck abzufahren. Beim Anfahren in Kurven dreht sogar das kurveninnere Rad oft kurz durch! (Wozu dienen jetzt auch schon wieder ESP und ASR?) Einmal in Fahrt sieht man dann aber fast nur noch an der Schaltanzeige an (D4, D5, D6, …) dass geschaltet wurde und in welchem Gang das Fahrzeug rollt.
Über Schaltpaddel am Lenkrad wäre es möglich, von Hand zu schalten, was aber nur in Ausnahmesituationen Sinn macht (steile Passagen z.B.) oder wenn man ohne Rücksicht auf den Verbrauch «sportlich» fahren will.

Zum Fahrverhalten gibt’s nicht viel zu sagen. Beim normalen Fahren kommt man noch lange nicht an die Grenzen des Fahrwerks. Die montierten 16-Zoll-Leichtmetallfelgen mit 215/55 Winterreifen ermöglichten komfortables Fahren. Noch komfortabler wäre das Fahren mit einem automatischen Scheibenwischer (Regensensor). Den gäbe es, kostet aber Aufpreis.
Gäbe es im Armaturenbrett ein kleines grünes Lämpchen, dann wüsste man, ob man mit Licht fährt oder nicht. Es muss ja nicht nur Nacht sein oder in einem Tunnel, um wissen zu wollen, ob Licht brennt oder nicht.

Der Verbrauch
Die angegebenen Normverbräuche entsprechen leider meist nicht dem Effektivverbrauch. Das gilt auch für Angaben für Erdgasverbrauch. Wir waren deshalb sehr gespannt, wie hoch der Verbrauch des nie angestrengt wirkenden 1400ers sein würde.
Mit 22 Kg Gas plus 31 Liter Benzin fährt der Passat Eco Fuel zwar eh sehr weit, aber es ist halt schon der effektive Verbrauch, der bestimmt, wie weit man kommt.
Der Passat EcoFuel ist so eingestellt, dass er immer mit Benzin startet, in kaltem Zustand fährt er auch die ersten wenigen Kilometer mit Benzin und schaltet dann automatisch auf Gas um. Im Erdgasbetrieb bleibt er, bis die Gastanks leer sind und schaltet erst dann auf Benzin um.
Je nach Quelle (Prospekt, offizieller Pressebericht, Preisliste, Technische Daten) soll der Gasverbrauch 4,4 bis 4.9 Kg Gas betragen. Da 1 kg Erdgas 1,47 Liter Benzin entspricht, wären das 6 ½ bis 7,2 Liter Benzinverbrauch. Nun, überragend ist das nicht.
Während der Testfahrt zeigte der Bordcomputer immer einen Langzeitwert (inkl. Fahrten unserer Vorgänger) von 4,3 Kg an. Obwohl der Testfahrer sonst nicht gerade zu den sparsamen Fahrern gehört, war er beim Auftanken doch sehr erstaunt, dass neben einem knappen Liter Benzin gerade mal 3,6 Kg Erdgas pro 100 Km Platz fanden. Das entspricht sagenhaften 5,3 Litern, mit dem bisschen Benzin zusammen sagen wir 5,5 Liter. Zwar meistens leer gefahren, aber mit vielen Kurz- und Bergstrecken – und mit Winterpneus. Super!
Die Reichweite, Gas und Benzin, entspricht also je nach Fahrweise 800 bis 1‘000 Km.

Was spart man? Wir haben’s mal umgerechnet: Mit dem, was wir für Gas und die paar Dezi Benzin bezahlt haben, müsste ein reiner Benziner mit 4,2 Liter Durchschnitt fahren, ein Diesel mit 4,0 Liter. Kann man vergessen mit einem über 1,6 Tonnen schweren Kombi.

Andererseits darf man den Preisunterschied des Eco Fuel-Modells zum Diesel oder Benziner nicht vergessen. Ein vergleichbarer Benziner wäre rund 4000 Franken günstiger zu kaufen, der Verbrauch wäre 2 Liter höher. Ein Diesel wäre je nach Version zwischen gleich teuer und 2‘500 Franken günstiger, bei Verbräuchen, die gemäss Liste um einen halben Liter bis 0.7 Liter höher wären. Alle diese Alternativen hätten aber einen um 30 bis 50 Gramm höheren CO2-Ausstoss.

Garantien
Gewähren gewisse Koreaner heute schon 7 Jahre Werksgarantie, deutsche Premiummarken 10 Jahre Gratisservice, auch französische Alltagsautos 3 Jahre oder 100‘000 Km Gratiswartung, -unterhalt und –reparaturen, ist Volkswagen noch immer beim absoluten Minimum von 2 Jahren Werksgarantie. Dazu gibt’s dann eine ganze Anzahl Zusatzgarantien von unterschiedlichstem Umfang und Dauer (3 Jahre Lackgarantie, 12 Jahre gegen Durchrostung, 2 Jahre auf Austauschteile, lebenslängliche Mobilitätsgarantie).

Aber ehrlich: VW muss ja kein Billigpreisimage verteidigen. Bei der Qualität, die diese Fahrzeuge heute bei allen Typen aufweisen, wäre eine kundenfreundliche All-inclusive-Garantie bis 100‘000 Km, sinngemäss wie BMW, Mercedes oder Peugeot, sehr zu begrüssen und läge kostenmässig sicher drin.

Fazit
Ein AMAG-Mann sagte: Den musst Du fahren. Das ist das weltbeste Auto! Ihn auszulachen dafür, das sage jeder Markenvertreter, war falsch. Einem umweltbewussten, aber eher nüchternen Fahrer, der nicht von italienischem oder französischem Design schwärmt, der viel Platz braucht, hohe Qualität verlangt, sehr sicher, sehr sparsam, aber auch komfortabel unterwegs sein will und der auch bereit ist, in Grenzen etwas Geld auszugeben dafür, für den ist der Passat Variant Eco Fuel genau DAS Auto.

Text und Fotos: Heiny Volkart, VOLKARTpress