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zuendung

24. Mai 2011

Flügellahmer Sportvan

Ford | 0 Kommentare

"Bei Tempo 50 fahren wir im höchsten Gang" Den Fahrlehrerspruch, vorgetragen im Stile einer sich sorgenden Krankenschwester, habe ich immer noch im Ohr. Fuhr man früher die Dorf-Geschwindigkeit im dritten Gang, schaltet man heutzutage viel früher hoch. Obwohl es nicht so toll klingt, und obwohl man damit kaum je die Aufmerksamkeit des weiblichen Zielpublikums erhalten […]

"Bei Tempo 50 fahren wir im höchsten Gang" Den Fahrlehrerspruch, vorgetragen im Stile einer sich sorgenden Krankenschwester, habe ich immer noch im Ohr. Fuhr man früher die Dorf-Geschwindigkeit im dritten Gang, schaltet man heutzutage viel früher hoch. Obwohl es nicht so toll klingt, und obwohl man damit kaum je die Aufmerksamkeit des weiblichen Zielpublikums erhalten wird: Ökonomisch und ökologisch gesehen ist der sparsame Umgang mit den Umdrehungen natürlich sinnvoll. Aber was hat das alles nun mit dem Ford C-Max zu tun?

Der von uns getestete "kurze" Van lässt alte Zeiten aufleben. Denn der 1.6 TDCi 16V hat zwar 115 PS unter der Haube, kommt aber beim Ampelstart kaum vom Fleck. Rollt die Fuhre, sollte man erst am Dorfausgang überhaupt darüber nachdenken, den fünften von sechs gut schaltbaren Gängen einzulegen. Das Getriebe ist enorm lang übersetzt, zwingt einem so längst vergessen geglaubte Schaltgewohnheiten auf. Doch wozu diese seltsame Auslegung? Hat Ford hier etwa die praxisnahe Sparsamkeit möglichst tiefen Normwerten geopfert? Unser einwöchiger Test wird zeigen, ob die Durchschnittsmarke von 4,6 Liter erreichbar ist.

Alles andere denn sparsam ist die Ausstattung des Testwagens. Nicht nur Leder und Navi, sondern auch Parksensoren rundum, Totwinkelwarner und ein DAB-Radio sind mit dabei. Selbst einparken übernimmt der C-Max für den Fahrer. Die Fülle an Komfortausstattung lässt den Preis des Diesel-Vans von 36'300 auf 47'900 Franken ansteigen. Keine Frage, dieser Ford nimmt es mit dem Markenmotto "Feel the difference" sehr genau. Wenn wir schon bei Unterschieden sind: Die Preisdifferenz zum Grand C-Max beträgt nur gerade 1200.- Franken. Dort gibt es gegenüber dem 4,38 m langen Fünfplätzer nicht nur 14 Zentimeter mehr Aussenlänge, sondern auch die begehrten hinteren Schiebetüren.

Dafür schaut der kürzere "Normaltürer" definitiv stimmiger und auch sportlicher aus. Das gilt besonders im Heckbereich. Dort kommt dem Kurzen die abfallende Dachlinie zugute, die für einen dem Mondeo Station Wagon nicht unähnlichen harmonischen Abgang sorgt. Das Ladevolumen hinter der schöneren Klappe ist mit 471 Liter nur gerade um 4 Milchtüten kleiner. Damit beeindruckt man keine Lieferwagen, mit dem elektrischen Schliessmechanismus dagegen schon eher. Vor allem, weil dieser auch auf Fernbedienungsknopfdruck reagiert. Für die kleine Familie reicht der Platz natürlich locker aus, zumal auch die hinteren Plätze mit gut gepolsterten Sitzen und trotz ansteigender Fensterlinie akzeptabler Aussicht locken.

Fahrwerkseitig lässt sich Ford seit einigen Jahren nichts vormachen: Kein anderer Hersteller hat Vans mit derart neutralem Fahrverhalten im Programm. Papi muss also gar nicht lange nach einem schnellen Focus schreien, da er auch im vermeintlichen Pampersbomber sportlich um die Ecken fliegen kann. Ein anderes Thema ist wie bereits angetönt der durch das zu lange Getriebe behinderte Motor. So vergeht dem sportlich orientierten Piloten der Spass an Landstrassen relativ schnell wieder. Eher zuhause ist der C-Max dann auf langen Autobahnetappen. Eine solche – von Luzern nach Sion und zurück – habe ich mit ihm auch unternommen. Speziell praktisch sind die Totwinkelwarner in den Seitenspiegeln. Allerdings müsste man bei Ford diese Assistenten noch so programmieren, dass sie die Leitplanken nicht als Auto wahrnehmen.

Und was ist nun mit dem Dieselverbrauch von nur gerade 4,6 Liter? Leider nicht viel: Auf über 1000 Testkilometern hat sich der praktische Ford-Van durchschnittlich 6,4 Liter vom feinen Öl gegönnt. Das ist für die schleppende Leistungsentfaltung deutlich zu viel.

Ansonsten ist Ford da ein richtig gutes Familienmobil gelungen, gerade weil es auch nicht unbedingt so ausschaut. Denn bei aller durchdesignten Dynamik ist im Innenraum mehr als genügend Platz vorhanden. Die sportliche Abstimmung und die gegen Aufpreis erhältlichen Gadgets machen ihn auch als emotionaler Perspektive begehrenswert. Packt man nicht zu viel von der Optionsliste rein, bleibt er auch in einem als fair zu bezeichnenden Preisrahmen. Und wäre er nicht ziemlich unübersichtlich, auch einige Fahrlehrer kämen nicht um den neuen Ford C-Max herum.