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zuendung

26. Mai 2006

Gleitzahl: 70

Volvo | 0 Kommentare

Schon beim Einstieg ein Fauxpas: Jedes Kind weiss doch, dass Volvo mit Segeln zu tun hat und nicht mit Fliegen (das wäre die andere schwedische Marke). Aber zum neuen Volvo C70 T5 Automat passt eine hochgezüchtete Rennyacht irgendwie weniger, schon eher ein leise dahingleitendes Segelflugzeug, dessen Tragflächen die Thermik durchschneiden und lautlos für den Vortrieb […]

Schon beim Einstieg ein Fauxpas: Jedes Kind weiss doch, dass Volvo mit Segeln zu tun hat und nicht mit Fliegen (das wäre die andere schwedische Marke). Aber zum neuen Volvo C70 T5 Automat passt eine hochgezüchtete Rennyacht irgendwie weniger, schon eher ein leise dahingleitendes Segelflugzeug, dessen Tragflächen die Thermik durchschneiden und lautlos für den Vortrieb sorgen.

Um es nach dieser Einleitung vorweg zu nehmen, das Fahren dient beim offenen Nordländer nur als Mittel zum Zweck. Der Zweck ist der Genuss mit allen Sinnen. In der gefahrenen Ausstattungslinie "Summum" inklusive Navigation wird schon fahrzeugseitig einiges dafür geboten: Lederausstattung, Highend-Soundanlage, Klimaautomatik, Navigation und einiges mehr. Diese standesgemässen Accessoires (wir reden von einem Auto in der 70'000CHF-Klasse) ergänzen das Konzert für die Sinne: Vogelzwitschern, duftende Rapsfelder, warme Sonne auf den Armen. Einfach nur geniessen. Die Stärke des C70.

Im vergangenen Herbst angekündigt, sorgte der Ableger der Baureihe 40/50 bereits von Anfang an für Furore. Jedenfalls beim Autor, aber auch in der Fachpresse. Von schönem schwedischen Design war die Rede (man achte beispielsweise auf die Mittelkonsole), von einem technischen Meisterwerk (das Blechdach klappt dreiteilig in den Gepäckraum) und, nachdem erste Pressetermine stattfanden, von einem beinahe perfekt gelungenen Cabriolet. In der Tat, Anmutung, Ausstattung und Verarbeitung sind auf allerhöchstem Niveau. Die Karosserie ist stabil, kein Verwinden erinnert an das fehlende Dach. Auch die Technik vermag zu begeistern, wobei abgesehen von den cabriospezifischen Elementen keine Stricke zerrissen werden. Die Motoren sind aus oben genannter Baureihe bestens bekannt. Der getestete 5-Zylinder-Turbomotor mit 220PS hat im 1725kg schweren Cabrio und in Verbindung mit der Automatik nicht sehr viel Pfeffer. Doch das wünschen wir uns nicht, wir lenken einen Gleiter.

Ein sanfter Westwind streicht über die Gräser – eine Metapher für den Fahrkomfort im C70. Man schwebt satt über der Strasse, kein Fahrgeräusch dringt an unser Ohr. Bei 120km/h und geschlossenen Seitenscheiben ist eine Unterhaltung in der normalen Lautstärke problemlos möglich. Wer alleine gleitet, lauscht vermutlich eher der Dynaudio-Soundanlage, die mit ihren maximal 7×130 Watt nicht nur den Hörsinn anspricht. Mit diesem Feature muss man nie auch nur eine Sekunde einen Gedanken an Zubehör-HiFi verschwenden, diese Wumme ist einfach perfekt. Sogar Dolby Surround kann die Anlage. Simply stunning! Auch der Preis: 2'500 CHF. Doch: für solche akustischen Eskapaden schliesst man jedoch von Vorteil das Dach, zu sehr haftet intensivem Musikgenuss (ausser vielleicht Beethoven) der Prolo-Nachgeschmack an. Das ist in 30 Sekunden auf Knopfdruck elektrisch erledigt und führt gleich zu einer weiteren Schokoseite des Schwedenhappens.

Zum guten Glück hat C70-Chefdesigner Fedde Talsma einen derart guten Job gemacht, dass auch die geschlossene Karosserievariante den Sinnen schmeichelt. Obiges Bild zeigt das Resultat, wenn man, wie Talsma es anging, erst ein Coupé zeichnet und sich dann erst ums Aufschneiden kümmert. Man kann ihm nur gratulieren.

Ebenfalls geschafft hat es, wer sich seinen persönlichen Gleiter (sei es jetzt in der Luft, auf dem Wasser oder eben in Form des C70 auf der Strasse) kaufen kann. Der Autor hofft, das Modell wird/bleibe erfolgreich, so dass a) das Strassenbild aufgewertet wird und b) in einigen Jahren aus guten Gebrauchten ausgewählt werden kann. Denn: Wenn die so schöne Natur an einem so schönen Automobil vorbeigleiten kann, gibt es doch eigentlich gar keine Alternativen! Oder? Nein!

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Centralgarage Barth AG, Bern.