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zuendung

15. Juni 2007

Göttin aus Frankreich

Voxan | 0 Kommentare

Vor bald zwei Jahren erblickte ich zum ersten Mal eine Voxan. In Paris. Obwohl ich eine Woche in der Capitale verbrachte, blieb das mein einziges Rencontre mit einem solchen moto française. Als Unwissender ging ich davon aus, dass die Franzosen sich einen japanischen V2 geschnappt und ein ansehnliches Kleid darüber gestülpt hatten. Doch weit gefehlt! […]

Vor bald zwei Jahren erblickte ich zum ersten Mal eine Voxan. In Paris. Obwohl ich eine Woche in der Capitale verbrachte, blieb das mein einziges Rencontre mit einem solchen moto française. Als Unwissender ging ich davon aus, dass die Franzosen sich einen japanischen V2 geschnappt und ein ansehnliches Kleid darüber gestülpt hatten. Doch weit gefehlt! Motos made in France steht stolz auf der kleinen Broschüre. Aus einer Motorenschmiede sei nach und nach ein kleiner Motorradhersteller geworden, erklärt mir der Verkäufer mit dem gewinnenden französischen Accent.


Göttlich: Bei diesem Anblick im katholischen luzerner Hinterland hat sich der Titel fast angeboten…

Der Motor, ein 72°-V2, ist eine komplette Eigenkonstruktion. Er ist wassergekühlt und verfügt über 2 x 2 obenliegende Nockenwellen. Man vertraut also auf Vierventiltechnik. In der bereits erwähnten Broschüre schlagen die Werber grosse Worte an und sprechen von der "wahrscheinlich längsten Motorrad-Tradition der Welt". Nun die Tradtion mag zwar lang sein, heutzutage halten sich aber nur noch die Scooter von Peugeot mit angemessenen Stückzahlen in den Verkaufsranglisten. Da möchte Voxan auch gar nicht hin. Zu spezifisch bedient die Marke die Indivudalbikerszene. Die von zündung.ch gefahrene Roadster 1000 ist dafür ein gutes Beispiel.


Zyklopin: Wie die meisten Naked Bikes vertraut die Roadster 1000 auf ein einzelnes rundes Auge.

Die, wie auch die anderen Voxan Modelle, komplett in Handarbeit aufgebaute Nackte gleicht nur auf den ersten Blick ähnlichen Produkten aus Japan und Italien. Sitzhöhe (800mm) und Radstand (1455) sind der Ducati Monster sehr ähnlich. Doch durch die relativ weit oben angeordneten Rasten, nimmt man eine eher sportliche Sitzposition ein. Und dann ist da der Klang. Während untenrum eher Triumph-mässiges Gepfeife angesagt ist, geht der V2 über 4000 Umdrehungen eher in Richtung typischen Ducatisounds.


Chic aber nicht parfait: Schöne Armaturen, aber fehlender roter Bereich.

Anders als in der Töffbranche momentan üblich, geht es den Voxan-Technikern nicht um Leistung um jeden Preis. Ihr Ziel ist ein hohes Drehmoment über ein möglichst breites Drehzahlband. Und tatsächlich: Schaltvorgänge werden auf der Roadster 1000 zu seltenen Ereignissen. Locker surft man auf der Drehmomentwelle, die bei 6500 Touren mit 91 Nm ihren Höhepunkt erreicht. Das Fahrwerk mit dem untenliegenden Hinterraddämpfer unterstützt das Cruising bestens. Keine Spur von übertriebener Aggressivität.


Elegance: Die Franzosen haben das Gefühl für die Ästhetik noch nicht verloren.

Was den Fahrer dennoch etwas aggressiv machen könnte, sind die Vibrationen, die vor allem um 4000 Umdrehungen herum relativ stark auftreten. Beim Testexemplar waren schöne Rückspiegel aus dem Zubehör installiert. Diese verstellten sich jeweils bei der erwähnten Tourenzahl von selbst. Dann doch lieber die grossen Mickey-Mouse-Ohren-Rückspiegel aus der Serie. Neben den Vibrationen störte mich noch eine andere Kleinigkeit. Es gibt keinen roten Bereich auf dem Drehzahlmesser. Da die Roadster wohl nur selten bis in den Begrenzer gedreht wird, liessen die Designer die Farbe vielleicht mit Rücksicht auf die klassische Ästhetik der Instrumente weg.


Rare: Die Voxan Roadster 1000 wird in der Schweiz eine seltene Erscheinung bleiben.

Die Voxan Roadster 1000 ist ein erstaunlich ausgereiftes Bike. Es passt mit ihrem sportlich verstandenen Cruisergedanken bestens in eine Zeit, in welcher Raser fast schon den Status von Kriminellen erhalten. Lieber gemtülich über die Landstrasse gleiten und ab und zu den V2 ein bisschen brüllen lassen. Für 18'500 CHF erhält der Individualist ein Motorrad, dass schön verarbeitet ist und dazu noch lecker aussieht. Am meisten freuen wird ihn aber die Tatsache, dass er damit fast bis nach Paris der Einzige ist.