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zuendung

31. Juli 2009

Grande Fiesta?

Ford | 0 Kommentare

Auf den ersten Blick könnte man den Ford Fiesta mit dem Fiat Grande Punto verwechseln. Ob die Fahrt im zweitkleinsten Ford zur Grande Fiesta wird, will ich nun herausfinden. Mit knapp unter vier Meter Länge darf sich der Fiesta zu der Klasse der Kleinwagen zählen. Zudem ist er mit 1100 kg erfreulich leicht, der Benziner […]

Auf den ersten Blick könnte man den Ford Fiesta mit dem Fiat Grande Punto verwechseln. Ob die Fahrt im zweitkleinsten Ford zur Grande Fiesta wird, will ich nun herausfinden. Mit knapp unter vier Meter Länge darf sich der Fiesta zu der Klasse der Kleinwagen zählen. Zudem ist er mit 1100 kg erfreulich leicht, der Benziner wiegt nochmals 50 kg weniger. In Zeiten von zwei Tonnen schweren Cabrios auf jeden Fall erfreuliche Werte. Als ich den Wagen zum ersten Mal entere, traue ich meinen Augen kaum: Da gibt es tatsächlich hinterschäumte Kunststoffabdeckungen. Also Materialien, die selbst in der Mittelklasse noch längst nicht überall zu finden sind.


Glänzend: Die Titanium-Ausstattung bringt einige Chromakzente mit sich.

Auch das Design im Interieur mit eigenwilligen modernen Formen überrascht. Die Bediensicherheit ist trotz futuristischem Styling jederzeig gegeben. Der frische Wind tut gut, graue langweilige Kunststofflandschaften gibt es genug. Je nach Ausstattung trägt der Armaturenträger sogar echte Farben. Natürlich hat es keinen direkten Einfluss auf die Fahrt mit einem Auto, ob dessen Armaturenbrett rot oder blau ist, aber inzwischen geht es auch bei den Kleinwagen immer mehr um Emotionen. Und anstatt sich einfach das Wort in den firmeneigenen Marketingclaim einzuverleiben, geht man das Kapitel "Emotionen wecken" bei Ford offensichtlich lieber über die gefühlte Qualität des Produkts an. Nicht der schlechteste Weg.


Blinzelnd: Die angriffig schauenden Augen passen zum sportlichen Wesen des Fiesta.

Ich fühle mich jedenfalls sehr wohl im Fiesta. Das ist auch gut so, steht doch die Fahrt nach Bellinzona an. Während die Holländer und Belgier vor dem Tunnel stehen, schwinge ich den kleinen Ford über den Gotthard. Im Tessin warten warmes Wetter und heisse Pizza auf mich. So jedenfalls sieht das in meiner Fantasie aus. Zunächst wollen noch einige Kilometer im tristen Grau weggefressen werden. Regensensor und Lichtautomatik helfen im Zusammenspiel mit dem bequemen Gestühl und der Soundanlage, die Anfahrt auf das Alpenmassiv erträglich zu gestalten.


Passend: Noch selten wurden in einem Kleinwagen Kunststoffe in dieser Qualität verbaut.

Und tatsächlich: Die Wohnwagenarmada kämpft am ersten Aufstieg gegen die Wohnmobilmeute. Der blaue Fiesta fährt dagegen rechts vor, um die Autobahn für die landschaftlich schönere Strecke zu verlassen. Leider tuckern auch einige unverbesserliche Flachländer über den wichtigsten Transitpass des schweizerischen Nord/Süd-Verkehrs. So kann der Kölner seine Talente noch nicht wirklich zur Schau stellen, denn für waghalsige Überholmanöver sind 90 PS dann doch zu wenig. Also spare ich etwas Sprit und gleite der knusprigen Pizza entgegen. Das Restaurant Croce Federale erfüllt meinen Wunsch perfekt. Nach etwas Sightseeing und dem Besuch eines Fussballspiels steht die Heimfahrt an. Dieses Mal soll alles besser werden: Ich weiche auf die historische Tremola-Strecke aus, die von ängstlichen Touristen kaum gewählt wird.


Lachend: Aufgrund des erfreulich tiefen Verbrauchs schmunzelt der Fahrer ebenso wie der Kühlergrill.

Der Fiesta ist in seinem Element. Das anständige Drehmoment von 212 Nm hilft, den Ganghebel meistens in der Position links hinten zu belassen. Nur in ganz engen Kehren muss der erste Gang bemüht werden. Trotz Kopfsteinpflaster bleibt es im Innern relativ ruhig, was die Kurvenhatz auch für Beifahrer erträglich macht. Ein 200 PS starker Seat Leon Cupra ist ebenfalls zackig unterwegs, wird den blauen Keil an seinem Heck aber nicht los. Das mag auch an der feinen Lenkung liegen, mit der ich die Fuhre präzise an den Steinmauern entlang in die Kurven werfe. Ein bisschen beginne ich mich wie Marcus Gröhnholm zu fühlen; und sowas in einem 90 PS Diesel-Kleinwagen. Ok, ich bin nicht Marcus Gröhnholm und der Gotthard ist nicht der Pikes Peak, aber immerhin fahren wir beide einen Ford Fiesta. Da Ford von der aktuellen Fiesta-Generation keine ST-Version plant, wird der 120 PS Benziner das Spitzenmodell bleiben. Schade, wenn ich daran denke wie viel Spass das Fahrwerk schon in der Kombination mit dem Diesel macht.


Gleichend: Ähnlichkeiten zum Grande Punto sind vorhanden, auch wenn der Fiesta mit dem Mazda 2 Komponenten teilt.

Eine Kombination, die im Falles des Testwagens 27'500.- CHF kostet. Doch in der getesteten Titanium-Version sind auch Goodies wie die Automatische Klimaanlage, ein anständiges Soundsystem sowie ein Multifunktionslenkrad an Bord. Die gute Ausstattung samt Navi von Garmin (660.-) relativiert also den hoch wirkenden Preis. Zudem ist der von uns ermittelte Verbrauch mit 5,3 Liter recht anständig. Für vier Personen ist genügend Platz vorhanden. Für die Grande Fiesta müsste man aber dann wohl doch in ein geräumigeres Lokal umziehen. Die Käufer werden sich neben dem munteren und doch sparsamen Dieselaggregat vor allem am modernen Styling innen und aussen erfreuen. Mutige werden zu den Farben Hot Magenta oder Squeeze (Giftgrünmetallic) greifen und sich über ein bisschen Nonkonformismus freuen. Die Scheuen werden in ihren silbernen Fiesta einfach ab und zu mit zufriedener Miene einen Finger auf das weiche Armaturenbrett drücken.