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zuendung

23. November 2005

Ich (g)rolle

Ford | 0 Kommentare

Eigentlich heißt "ich rolle" ins Lateinische übersetzt Volvo – doch wem erzähle ich das. Genau so wenig müsste ich daran erinnern, dass der schwedische Autobauer zum Ford-Konzern gehört. Es weiß eigentlich auch jeder Auto-Interessierte, dass Ford seine Plattformen fleißig unter den Konzerntöchtern aufteilt. So basieren der Mazda 3 und die Volvos S40/V50 auf dem Focus. […]

Eigentlich heißt "ich rolle" ins Lateinische übersetzt Volvo – doch wem erzähle ich das. Genau so wenig müsste ich daran erinnern, dass der schwedische Autobauer zum Ford-Konzern gehört. Es weiß eigentlich auch jeder Auto-Interessierte, dass Ford seine Plattformen fleißig unter den Konzerntöchtern aufteilt. So basieren der Mazda 3 und die Volvos S40/V50 auf dem Focus. Doch jetzt wird's interessant: In Köln haben die Ingenieure das Potenzial des Volvo-Fünfzylinders erkannt: Der Zweieinhalb-Liter mit Turbo-Aufladung darf im sportlichen Topmodell der Focus-Reihe die OPCs und GTIs dieser Welt zum Duell bitten.

Damit diese nie behaupten können, sie hätten die Aufforderung überhört, wurde der Focus ST ins Tonstudio geschickt. Nun darf der Turbo-Schweden-Jecke klingen, wie es weder Abba noch BAP können und wie es nur alte Audis mit löchrigem Auspuff ansatzweise hinbekommen: Tief und böse grollend, mit jener pubertären Unwucht in der Stimme, wie sie Motoren mit ungraden Zylinder-Zahlen eigen ist. Die Farbe des Testwagens, Electric Orange, schreit ebenfalls – Geschmacksache. Das dezente Dunkelblau des Vorgängers RS hat mir besser gefallen.

Ach, der RS. Sperre an der Vorderachse, Rennschalen, Starterknopf, Turbo-Genickschlag und ein Durchschnittsverbrauch, den nur Joschka Fischer unter die 20 Liter-Marke gedrückt hätte. Joschka und der RS sind (teure) Geschichte und der ST kann alles mindestens genau so gut. Zumindest lässt sich das nach einem kurzen Ausritt im oberpfälzischen Jura nahe Regensburg bestätigen, wo die öffentlichen Straßen das Limit setzen. Ja, der ST gibt seine Leistung unspektakulärer ab. Dafür klingt er ungleich rockiger als der alte Blasebalg. Die Recaros spendieren ordentlichen Seitenhalt, sehen allerdings ziemlich verquollen aus. Es gibt den ST jetzt auch fünftürig, da man nun auch guten Gewissen einen Familienausflug im Ford unternehmen kann. Mutti und die Kinder bekommen nicht jedes Mal ein Schleudertrauma, nur weil Papi verpennt hat, bei 3000 Umdrehungen rechtzeitig das Gas ein wenig zu lupfen.

Der Turbo setzt jetzt schon viel früher und weicher ein, dem Weißbierglas mehr Hubraum sei Dank. Das Fahrwerk fördert ebenfalls der Familien-Harmonie, ohne dass Papi auf gelegentliches Kurven-Wetzen verzichten muss. Dabei beißen die angetriebenen Vorderräder erstaunlich konsequent in den Asphalt, so wie es zuvor nur die Zähne des Sperrdifferenzials getan haben. Beim kräftigen Beschleunigen gibt der ST dann mit heftigem Gezerre in der Lenkung wieder ganz den Fronttriebler – immer untermalt vom zutiefst gutturalem Geknurre aus den fünf Töpfen. Zum Ausrechnen des Verbrauchs blieb leider keine Zeit, doch auch hier dürfte der ST dem RS überlegen sein.

Also kein Grund mehr, das Internet nach einem RS zu durchsuchen? Zumal der Neue schließlich schon für 24.200 Euro in Komplettausstattung in der Preisliste parkt und die Ford Bank durchaus für ihre Großzügigkeit bekannt ist. Nun, so ganz mag der Zeigefinger auf der Maustaste doch keine Ruhe geben. Dem ST fehlen trotz des fantastisch klingenden Motors ein paar emotionale Kanten, an denen ich mich reiben kann. Irgendwie hatte der RS einfach den Charme des kompromisslosen Exoten in der Verpackung eines Alltags-Langweilers. Schluss jetzt, ich muss mal kurz ins Netz…