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27. Oktober 2009

Ich nehm heute den Bus …

Mercedes-Benz | 0 Kommentare

Ich nehm‘ heute den Bus … Test: Mercedes SPRINTER 315 CDI 4×4 Kombi Standard Sagt diesen Satz ein Chauffeur zu seinem Chef, dann muss sich dieser Mitarbeiter wohl einige Fragen gefallen lassen, zum Beispiel, wie lange er denn keinen Ausweis mehr habe oder wo er denn um soviel zu schnell gefahren sei. Dabei will der […]

Ich nehm‘ heute den Bus

Test: Mercedes SPRINTER 315 CDI 4×4 Kombi Standard

Sagt diesen Satz ein Chauffeur zu seinem Chef, dann muss sich dieser Mitarbeiter wohl einige Fragen gefallen lassen, zum Beispiel, wie lange er denn keinen Ausweis mehr habe oder wo er denn um soviel zu schnell gefahren sei.
Dabei will der Mitarbeiter ja nur sagen, dass der neue Sprinter-Bus mit Allrad-antrieb so schön zu fahren sei, dass er ihn nicht nur freudig fahre, sondern am liebsten auch noch mit ins Wochenende nähme. Aber alles der Reihe nach.


Kommt überall durch

Allradtechnik hat bei Mercedes-Benz eine lange Tradition. Baustellenfahrzeuge, typische Geländefahrzeuge und Personenwagen überzeugen seit vielen Jahren mit hervorragenden Fähigkeiten auf schwierigem Untergrund. Mit dem Vito 4×4 und dem Sprinter 4×4 stehen die Vorteile des Allradantriebs auch Transportern von Mercedes zur Verfügung: für bessere Traktion und mehr Fahrsicherheit. Anstelle von herkömmlichen Differentialen mit mechanischen Sperren wird die Kraftverteilung beim Allradantrieb intelligent über das elektronische Traktionssystem 4ETS geregelt.

Natürlich gibt es den Sprinter in unzähligen Varianten, mit drei Radständen, als Châssis/Kabine, mit normaler oder mit Doppelkabine, als Sattelzugmaschine, als Kasten-wagen, normal oder mit Hochdach und letztlich auch als Kombi, ebenfalls in allen Varianten und mit Hochdach oder normal hoch. Dazu sind, mit fast allen Karrosserievarianten kombinierbar, mehrere Diesel- und Benzinmotoren erhältlich und nicht zu vergessen, mit dem 1800er Erdgasmotor mit 156 PS.


Auch bei Vollbesetzung noch viel Platz für Gepäck

Uns stand ein Sprinter 4×4 zur Verfügung, aber nicht einfach ein dröger Kasten oder Kipper, sondern ein exklusiver Reisebus. Mit dem mittleren Radstand (366,5 cm) und dem 2148 ccm-Diesel kostet das ab 55‘900 Franken (alle Preise exkl. MwSt.). Mit dabei sind da zwei Einzelsitze vorn für Fahrer und Beifahrer, sowie eine Dreierbank und zwei Zweier-kombinationen hinten für weitere 7 Passagiere. Alle Sitze sind mit Rollgurten, Armlehnen und individuell verstellbaren Kopfstützen ausgerüstet. Sowas Personaltransporter zu nennen, wäre eine Beleidigung.

Die Rechnung für dieses Fahrzeug umfasst vier A4-Seiten! Ein grosser Teil der aufgelisteten Ausrüstung ist serienmässig, nicht nur Sicherheitsfeatures, sondern auch dem Komfort dienende Dinge. Von den aufpreispflichtigen Optionen schlägt der Allrad mit Fr. 16‘300 zu Buche. Die Klimaautomatik für die vorn Fahrenden kostet Fr. 2‘100, die zusätzliche Klima-anlage für den Fond nochmals Fr. 2‘600. Und so werden munter Optionen hinzugezählt, der Automat zum Beispiel (+ 1‘935), anderes wird gutgeschrieben (Wegfall Tachograph – 1‘035), die einen Optionen machen das Fahren bequem und sind vom Preis her günstig, anderes wiederum ist doch recht teuer. Zum Schluss resultiert ein Totalpreis von 87‘340 Franken, resp. rund 94‘000 Franken mit der MwSt. Die Preisliste, um sich einen Wunschsprinter zusammen zu stellen, umfasst übrigens 45 Seiten!


Wie gewohnt: Aufgeräumt, praktisch, bequem, …

Der Test
Unheimlich hochbeinig steht er da, unser knapp 6 Meter langer Testwagen (5,91m). Trotz Zukunftstechnologie braucht die Allrad-Technik halt irgendwo ihren Platz. Aber auch die Höhe von bis 2,72 m plus den Aufbau für die Fonds-Klimaanlage bedeuten fast Lastwagen¬mass. Kein Wunder, dass man den untersten Tritt zum Einsteigen auch erst auf knapp 60cm Höhe findet. Wenn man sich dann behende ins Cockpit gehievt hat, staunt man über den vielen Platz, den dieses Auto auch innen bietet. Mit einer Innenhöhe von 1,84m laufen auch grössere Herren nicht Gefahr, den Kopf anzuschlagen. Die Passagiere, die durch die elektrische Schiebetüre rechts (+Fr. 1‘350) einsteigen, finden sehr bequeme Sitze vor, können die Kopfstützen anpassen, Dreipunkt-Rollgurten montieren und finden sich in einem sehr angenehmen Ambiente mit Zusatzheizung, mit Klimaanlage, mit Radiolautsprechern. Ohne mitgeführtes Schemeli muss das Omi oder der Skifahrer mit dem eingegipsten Bein allerdings zurückbleiben. Der Einstiegstritt befindet sich 59 cm über dem Boden. Das schaffen ältere oder handicapierte Leute nicht.


Die Passagiere geniessen mindestens den Komfort, den sie von einem Reisebus her gewohnt sind.

Nach kurzem Vorglühen setzt sich der auch aus den 220er Pkw her bekannte 2148 ccm Common-Rail – 4-Zylinderdiesel in Gang. Anfangs vernehmlich, mit zunehmender Temperatur aber so gedämpft wie man es von so einem Fahrzeug nie erwartete.

Dank der von aussen fast undurchsichtig schwarzen Fenster, die von innen aber gute Sicht nach aussen vermitteln, ist das rückwärts Rangieren mit dem Sprinter-Bus ein Kinderspiel. Das Einlegen der Gänge (P, R, N, D) mittels Schalthebel am Armaturenbrett, so halb Stock-, halb Lenkradschaltung, ist „chli es Glödel“, da die Führung nicht ganz klar ist.

Die Aussenspiegel enthalten beidseitig Zusatzspiegel für die toten Winkel. Man sitzt sehr hoch, viel höher als Busfahrer in «richtigen» Bussen, das vermittelt nicht nur Souveränität, sondern vor allem eine gute Verkehrsübersicht. Das Fahren ist sehr angenehm. Der Allrad lässt sich mittels Knopfdruck am Armaturenbrett zuschalten, worauf am Display zu lesen ist, der Allrad sei aktiv. Die Mitteilung bräuchte es nicht, denn das Heulen der Differenziale ist gut zu hören.
Bei Bedarf kann man nun Böschungswinkel von 28° vorn und 21° hinten meistern (Rampen-winkel 22°), die Steigfähigkeit wird um 20% verbessert

Unser Bus ist leer 2‘650 Kg schwer. Wegen der Beschränkung auf 3,5 to Gesamtgewicht, können nur 850 Kg geladen werden. Für 8 normalgewichtige Passagiere und ihr Gepäck reicht das gerade. Der Laderaum hinter den Sitzen ist grösser als er scheint. Wir haben da problemlos grosse Umzugscartons geladen und sogar einen Fahrradanhänger quer verstaut.
Wird mehr Platz benötigt, kann ein Anhänger mitgeführt werden, der immerhin 2‘800 Kg schwer sein darf. Das Gesamtgewicht des Zuges darf also 6,3 Tonnen betragen. Und das alles mit dem normalen Pw-Ausweis!


Macht auch von hinten einen guten Eindruck.

Wer kann so einen Bus brauchen? Natürlich jeder, der Leute bequem auch über grössere Strecken transportieren will oder muss. Aber primär denken wir an das Hotel im Oberland, das seine Gäste im Winter am Flughafen abholt und mit Ski und Gepäck in die Ferien-destination bringt. Nur den Tritt (oder das Leiterli) darf der Fahrer nicht mitzunehmen vergessen, sonst muss er die Passagiere ins Auto heben. Es ist auch zu empfehlen, dass der Fahrer keinen Hüft- oder Rückenschaden hat, denn mehrmals täglich «vom Bock springen» geht ganz schön auf die Hüften.
Aber das Fahren entschädigt für alle echten und gedachten Nachteile und wir haben Verständnis für den Mitarbeiter, der sagt: «Ich nehme heute den Bus!»

Text und Fotos Heiny Volkart, VOLKARTpress