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zuendung

25. November 2005

Ihre Monströsität

Chrysler | 0 Kommentare

Kleine, kompakte Autos mit einem niedrigen Leistungsgewicht finde ich toll. Ja, so ein Opel Astra OPC oder ein Ford Focus ST machen ungeheuer Spaß. Aber manchmal, da muss es eben Mumm sein – das weiß sogar schon die Werbung und die weiß neben Mutti ja alles. Wenn Mumm dann auch noch so aussieht, kennt die […]

Kleine, kompakte Autos mit einem niedrigen Leistungsgewicht finde ich toll. Ja, so ein Opel Astra OPC oder ein Ford Focus ST machen ungeheuer Spaß. Aber manchmal, da muss es eben Mumm sein – das weiß sogar schon die Werbung und die weiß neben Mutti ja alles. Wenn Mumm dann auch noch so aussieht, kennt die Freude über soviel politische Unkorrektheit nahezu keine Grenzen.

So steht der Autor vor der mächtigen Kühlerfront des Chrysler 300C Touring und jubiliert innerlich über den unmissverständlich zur Schau gestellten Amerikanismus. Groß, breit, massig. Endlich einer, der nicht ums Verrecken europäisch sein will. Das hat nie geklappt (Dodge Neon, Chevrolet Alero) und wird auch nie klappen (Cadillac BLS). Der 300C ist ganz klar Quarter Pounder und nicht Putenschnitzel. Erst recht, wenn unter der Haube der V8 in der klassischen 5,7 Liter-Konfiguration thront. Der Kühlergrill ist schließlich nicht zum Spaß da. 340 PS und 525 Newtonmeter – Heimwerkerkönig Tim Taylor jubiliert. Ein echtes Männerauto.

Kleingeister könnten nun behaupten, dass ein Kombi ja schon ziemlich europäisch wäre und die Zylinderabschaltung beim Spritsparen helfen soll. Also doch weiche Charakterzüge? Mitnichten. Es gibt wohl kaum einen Kombi mit einer mieseren Raumökonomie und derart schmalen Schießscharten-Fenstern. Und die Zylinderabschaltung? Ich möchte nicht wissen, wie viel der Panzer ohne dieses Feature saufen würde. Der 80 Liter-Tank reicht jedenfalls kaum für 400 Kilometer, ohne freilich wesentlich schneller als 160 km/h unterwegs gewesen zu sein. Yeah, der Chrysler zelebriert seine Erbanlagen. Daran können auch der Mercedes-Multifunktionshebel und der Parkpiepser aus dem Sternen-Regal nichts ändern.

Ein forscher Druck aufs Gaspedal und schon flackert die ESP-Leuchte. Das Anfahren auf geschlossener Schneedecke ohne schwänzelndes Heck erfordert schon mächtig viel Zehenspitzengefühl. Grobmotorikern sei hier dringend die Allrad-Version empfohlen. Hat sich das Heck wieder beruhigt, reckt sich die endlose Haube empor, der Achtender brüllt und die Zwei-Tonnen-Fuhre schiebt druckvoll an. Dabei sollte sich kein Smart-Fox-Aygo dem 300C in den Weg stellen. Er würde einfach angesaugt, verbrannt und ausgepufft werden.

Ist das Fünf-Meter-Schlachtschiff in Schwung, bügelt es alles Platt, was deutsche Straßen an Fahrwerksgemeinheiten bereithalten. Manchmal macht's eben doch die Masse allein. Beim Bremsen gilt das eher als hinderlich, dennoch kommt der Familien-Panzer überraschend schnell zum stehen. Stehen ist aber doof. Cruisen kommt geiler, auf ausladenden Ledersesseln flänzend, lässig mit zwei Finger am rieseigen Holz/Leder-Lenk…, nein Steuerrad. Ich kenne übrigens keinen zweiten Kombi, in dem klassisches Cruising Spaß macht. Auch wenn dabei der gleichnamige Massive-Töne-Track aus der 276 Watt-Boston-Accoustics-Anlage wummert. Peinlich? Quatsch. Manchmal muss man eben Mumm haben.