So ein Jeep Wrangler ist ein wahres amerikanisches Monument. Freiheitsstatue, Grand Canyon, Golden Gate, Wrangler. Und somit ist er auch etwas, das man auf der ganzen Welt kennt und mit so manchem assoziiert. Quasi der Auto-gewordene Marlboro Man. Und der soll jetzt als PlugIn-Hybrid vorfahren? Ist das also sozusagen die woke Version des Urgesteins? Mehr Genderstern als Sheriffstern? Auf den ersten Blick passt der moderne Antrieb auf jeden Fall nicht zum Klassiker.

Legende: Ein Blick und man weiss, das ist ein Jeep
Immerhin ist er optisch noch ganz der Alte, wobei er bei uns inzwischen nur noch als 5-Türer vorfährt. Der PickUp, der im Prinzip auch ein Wrangler-Modell ist, läuft als eigenständige Variante unter dem Namen Gladiator. Die Ur-Jeep-Silhouette bleibt zwar noch erkennbar, jedoch halt in merklich gestreckter Form. Mit 4,88 Meter passt er noch gut in Normparklücken und auch die Breite von 1,89 Meter ist noch ziemlich alltagstauglich. Der Radstand von 3007 Millimeter spricht für äusserst kurze Überhänge. Übrigens: Wer eine kurze Variante des Wrangler sucht oder gar eine ohne Hybridantrieb, würde in den USA fündig. Dort wird aktuell sogar noch eine Version mit V8 angeboten. Doch zurück zum 4xe, der hierzulande die einzige erhältliche Motorisierung darstellt.

True: Ja, er ist tatsächlich ein Steckerhybrid
Der Verbrenner kommt als Zweiliter Vierzylinder mit 272 PS, dem ein Elektromotor zu einer Systemleistung von 380 PS verhilft. Letzerer sitzt im Getriebe anstelle des Drehmomentwandlers. Diese Konstruktion ermöglicht die verschiedenen Fahrmodi. Im rein elektrischen, der sinnigerweise „Electric“ heisst, sollen bis zu 55 Kilometer Reichweite möglich sein. Eine Schnelllademöglichkeit fehlt, was bei einer Batterikapazität von 17,3 kWh zu verschmerzen ist. Der Stromspeicher frisst übrigens keinen Laderaum, da er direkt unter den Rücksitzen montiert ist. Der Typ2-Anschluss findet sich vorne rechts neben dem Spiegel.

Silhouette: Bei uns wird nur noch der lange Wrangler angeboten, wobei die Seitenlinie klassisch bleibt
Zeit, den Wrangler zu entern und die Starttaste zu drücken. Es passiert… zunächst rein gar nichts. Im Hybridmodus startet der Antrieb unmerklich, doch sobald ich via klassischem Wählhebel den Rückwärtsgang einlege, rappelt es ordentlich. Bei Jeep hat man sich für eine – positiv formuliert – sehr gut hörbaren Soundtrack zur Fussgängerwarnung entschieden. Auch in den Tiefen der Menüs findet sich hier keine leisere oder dezentere Variante, es klingt immer leicht nach mechanischem Defekt, muss aber offenbar so sein. Da es kalt ist, geht der Stromvorrat ohnehin schnell zur Neige, der Benzinvertilger wird zugeschaltet. Jetzt wirkt er ziemlich spritzig, reagiert spontaner auf Gaspedalbefehle. Im Hybridmodus schiesst er übrigens in sechseinhalb Sekunden auf 100 km/h, ziemlich beeindruckend für einen solchen Brocken.

Kommandozentrale: Alles kann bestimmt auch mit Handschuhen ordentlich bedient werden
Eher nicht so des Wranglers Gebiet: Kurven. Die fetten Stollenpneus führen schon beim Geradeausfahren dazu, dass ich ständig etwas justieren muss. In den Bögen braucht es Gewöhnung, um flüssig zu fahren, denn die Lenkung gilt zunächst einmal als grobe Richtungsangabe. Früher, als noch nicht jedes Auto sportlich sein musste, war das normal. Heute fühlt sich so ein Fahrverhalten schon etwas seltsam an. Doch sollte man den Jeep Wrangler deswegen nicht zu sehr tadeln, schliesslich ist er ein echter Geländewagen, mit dem man sich (Achtung Wortspiel) auch tatsächlich ins Gelände wagen kann. Davon zeugt nur schon der zweite Wählhebel zur Aktivierung der Untersetzung. Für eine noch stärkere Achsverschränkung lassen sich zudem die Stabis aushängen. Im Test habe ich vor Ausflügen ins Unterholz abgesehen, bin aber überzeugt, dass er dort brillieren würde.

Sieht gut aus? Richtig. Aber wie sähe dieses Auto wohl als Cabrio aus?
Dafür hat sich die Möglichkeit zu einem anderen interessanten Experiment ergeben. Jeder Wrangler im Prinzip als Cabrio. Nur ist das Öffnen des Daches nicht wie heute üblich bloss einen Knopfdruck entfernt. Dafür braucht es etwas mehr, zumal auch Personal. Bei einer Ausfahrt zu Dritt bot sich die Gelegenheit, die dachlose Variante zu testen. Über den Vordersitzen können die Dachhälften noch simpel mit Schnellverschlüssen geöffnet und dann entfernt werden. Dann geht die Arbeit los. Das entsprechende Werkzeug zusammen mit einer einfachen Anleitung findet sich im Handschuhfach. Ganz hinten an der Kofferraumkante haben die US-Amerikaner zudem eine Ablage für die Schrauben installiert. Wir entscheiden uns für das volle Cabrio-Programm, was bedeutet, dass nicht nur das Dach, sondern auch gleich die Türen und die Frontscheibe weg sollen. Das bedeutet gerade bei den Türen etwas mehr Arbeit, da die Kabelübergänge abgetrennt werden müssen. Doch auch hier hat man bei Jeep vorgesorgt und alles verständlich und einfach de- aber auch remontierbar gestaltet. Für das Abklappen der Frontscheibe müssen noch die Scheibenwischer weg, dann legt man sie sanft auf die dafür vorgesehenen Bügel auf der Haube. Die komplette Übung nahm im ersten Anlauf etwa 45 Minuten in Anspruch, Trainierte dürften es auch in einer halben Stunde schaffen.
Selbstredend musste danach eine Probefahrt bei eisigen Temperaturen erfolgen. Da wir ohne Dach, Türen und Frontscheibe in Zürich unterwegs waren, ergaben sich einige witzige Begegnungen. Die meisten Passanten übten sich grossstadtlike im dezenten Wegschauen. Doch die zwei Damen im tiefergelegten Golf wollten wissen, ob uns heiss sei. Kinder zeigten auf den gestripten Wrangler und von einer Cayenne-Fahrerin gab’s den ausgestreckten Daumen. Die Polizei reagierte nicht auf den Tür- und auch Aussenspiegel-losen Jeep. Übrigens reichen bei diesem Wetter schon 45 km/h, um im Innenraum einen kleinen Eissturm anzurichten. Ein derartiges Fahrerlebnis, bei dem bis zu fünf Personen komplett den Elementen ausgeliefert sind, gibt es nirgends sonst. Drei breit grinsende Gesichter steuerten für den Rückbau zurück ins nicht ganz so kalte Parkhaus.

Im Cabrio-Wrangler durch Zürich gefahren: Check.
Ansonsten ist es natürlich nicht kalt im Innenraum. Dafür sorgen Sitzheizung und beheizbares Lenkrad. Wer trotzdem mit Handschuhen einsteigt, freut sich über die auch so bedienbaren Knöpfe und Schalter. Da passt es bestens ins Bild, dass es hier sogar noch einen Zigarettenanzünder gibt. Doch wie man schon beim Antrieb sieht, geht man bei Jeep mit der Zeit, daher gibt es auch USB-A- und -C-Anschlüsse ebenso wie Apple CarPlay und Android Auto. Digitale Instrumente lassen sich so konfigurieren, dass sie die Neigung, das Tempo oder auch die Assistenten anzeigen. Akustisch meldet sich insbesondere der Tempowarner auffällig zu Wort. Glücklicherweise lässt sich das Gepiepse leicht ausschalten. Aufgrund der gesetzlichen Bedingungen muss man dies aber bei jedem Neustart wieder erledigen.

Kanister: Mit etwas Fantasie sieht man ihn im Rückleuchtendesign, oder?
So, wie man wohl auch jedes Mal den Stecker abziehen wird. Denn gerade im Winter reicht die Batterikapazität bestenfalls für etwa 25 Kilometer. Fleissiges Laden ist also angesagt. Angesichts der 2,4 Tonnen Leergewicht und der Aerodynamik eines Reihenhauses bietet es sich an, alles für eine effiziente Fortbewegung zu unternehmen. Dazu trägt auch noch die verstärkte Rekuperation bei, die sich per Tastendruck einschalten lässt. Praktisch sind die beiden Kameras, die sich auch während der Fahrt einschalten lassen. Nach vorne ist der Jeep mit der raumgreifenden Stossstange und hinten mit dem Reserverad nicht ganz so einfach einzuschätzen. Trotzdem bleiben Parkhäuser ohne Schrecken, nicht zuletzt wegen den hochbordigen Reifen wegen denen Felgenschäden nicht zu befürchten sind.

Schau mir in die Augen, Grosser.
Eher heftig wird der Schaden in der Brieftasche beim Kauf eines Jeep Wrangler Rubicon 4xe. Der Einstiegspreis liegt bei 101’400 Franken, wobei momentan eine Aktion läuft, die den Preis auf 95’900 Franken senkt. Dazu kommt noch die Aussenfarbe, die noch 1200 Franken verschlingt. Ausnahmen: Rot gibt es kostenlos, den pinken Effektlack Tuscadero im Stile eines Autoscooters für 1400 Franken. Dafür erhält man massig Platz und ein sehr fähiges Geländefahrzeug, dass sich den Charakter trotz modernem Antrieb erhalten konnte. Dazu passt wohl auch, dass sich der Benziner trotz Elektrounterstützung ordentlich Nahrung gönnt. Obwohl ich bei jeder Gelegenheit Strom „getankt“ habe und dann jeweils solange wie möglich im E-Modus unterwegs war, sind am Ende des Tests doch 8 Liter auf 100 Kilometer durch die Einspritzdüsen gerauscht. Weit weg von woke, aber etwas vernünftiger ist der Wrangler in der aktuellsten Auflage doch geworden.