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zuendung

30. Juni 2010

Ist der Kleinste der Grösste?

BMW | 0 Kommentare

Am BMW-SUV-Programm lässt sich der Downsizingtrend bestens ablesen. Nach dem X5 wurde bald der kleinere X3 nachgereicht. Inzwischen gesellte sich der grosse X6 dazu, der aber eher eine Nische in der Nische bedient. Nun also der X1 als Abrundung der SUV-Palette. Diese vieldiskutierte Fahrzeuggattung bezeichnet BMW seit jeher als SAV – Sports Activity Vehicle. Trotz […]

Am BMW-SUV-Programm lässt sich der Downsizingtrend bestens ablesen. Nach dem X5 wurde bald der kleinere X3 nachgereicht. Inzwischen gesellte sich der grosse X6 dazu, der aber eher eine Nische in der Nische bedient. Nun also der X1 als Abrundung der SUV-Palette. Diese vieldiskutierte Fahrzeuggattung bezeichnet BMW seit jeher als SAV – Sports Activity Vehicle. Trotz der 1 im Namen ist er längenmässig näher am 3er Touring denn am fünftürigen Golfgegner 1er. Seine 4,45 Meter nehmen sich aber im Vergleich mit anderen Vertretern des Genres äusserst kompakt aus. Eine angenehme Sache, vor allem wenn man wie wir einen Kurztrip nach Italien plant.

Gerade wenn wir im Norden noch unter den Nachwehen des Winters leiden, bietet sich ein Abstecher ins wärmere Nachbarland natürlich an. Nehmen wir also platz in der fast 3000 Franken teuren Lederlandschaft. Obwohl man beim Begriff Magma eher an Rot denken würde, bezeichnet er bei den Bayern eine stilvolle braune Farbe. Das Interieur ist abgesehen vom wahrscheinlich hässlichsten Cupholder aller Zeiten sehr gelungen. Wie bei allen aktuellen Modellen der Marke wirkt auch dieser Innenraum äusserst aufgeräumt und modern.

An das Starten auf Knopfdruck hat man sich längst gewöhnt. In unserem Testwagen erwacht in der Folge die Topmotorisierung der Baureihe. Der Dreiliter Reihensechser bringt es hier auf 258 PS, die sich trotz Allrad und Automatik mit relativ schmalen 1685 Kilogramm herumschlagen müssen. Das ist doch mal 'ne Ansage. Und tatsächlich: Der X1 xDrive28i (was hat sich BMW bloss bei diesen neuen Namen gedacht?) geht richtig gut. Trotzdem ist er ein ziemliches Stück davon entfernt, ein Sportwagen zu sein. 6,8 Sekunden auf Hundert; das schaffen heute auch ambitioniertere Kompakte problemlos. Was diese abgesehen vom 1er aus gleichem Hause nicht bieten können, ist der sämige Lauf eines Reihenaggregats. Da entschuldigt man auch das für heutige Verhältnisse nicht gerade bärige Drehmoment von 310 Newtonmeter gerne.

Leider hatten die Alpenpässe zum Zeitpunkt der Testfahrt noch geschlossen. So wurde aus dem Abstecher nach Italien eine reine Autobahnfahrt. Dabei benahm sich der kleine Bayer äusserst anständig, verwöhnte die Insassen mit ausreichend Platz und vielen Komfortfeatures. Wer in der Innenstadt von Mailand eine Adresse sucht, ist trotz sehr auskunftsfreudigen Einheimischen froh um das überzeugende Navigationssystem. Und wenn aus zwei regulären Spuren wieder einmal vier werden, verfügt man im X1 die Übersicht, eine angenehm direkte Lenkung und nicht zuletzt kräftig zupackende Scheibenbremsen. Doch die Norditaliener behandeln uns zuvorkommend, trotz Nobelkarosse geniessen wir den Touristenbonus. Von einem Pannini, wie man es nur in Italien kriegt gestärkt ging es quer durch Mailands Innenstadt zurück zum San Siro. Nach einem grossartigen Spiel folgte die Rückfahrt durch die nicht gerade grossartigen Autobahnbaustellen, die den Weg zurück in die Schweiz pflastern. Praktisch ist der Fernlichtassistent, der nachts bei Gelegenheit das Volllicht einschaltet. Andere Assistenten, wie Spurverlassenswarner, Abstandsradar oder Totwinkelwarner findet man im kleinen SUV auch nicht gegen Aufpreis.

Obwohl also einige Optionen höherer Klassen fehlen – so zum Beispiel auch das sehr gute Head-Up-Display von BMW – kletterte der Peis unseres Testwagens von knapp 59'000 CHF auf relativ heftige 84'500 Franken. Da ist es eher ein Tropfen auf den heissen Stein, dass der Allradler mit 9,6 Liter Testverbrauch seinen Durst in Grenzen zu halten weiss. Und doch ist der Verbrauch ein entscheidender Faktor, der in einer nicht gerade SUV-freundlich gestimmten Umgebung in Diskussionen auch mal als Pro-Argument herhalten muss.

Rückblickend war es schon seltsam, dass die grossen europäischen Hersteller sich gleich mit den richtig dicken Brocken versucht haben. Warum hat man zum Beispiel bei BMW nicht mit einem X1 angefangen und die Palette nach und nach in Richtung Oberklasse erweitert? Natürlich hat diese Frage nur noch hypothetischen Charakter. Tatsache ist aber: Mit dem X1 ist den Bayern ein richtig gutes Auto für den Markt der alten Welt gelungen. Er ist nicht zu gross, nicht zu schwer, hat genügend Platz und sieht auch noch gut aus. Dass er sich preislich am oberen Ende der Skala bewegt, kennen wir von der Marke mit dem Propeller im Logo ja längst. Toll ist, dass man dem "kleinen" nicht nur sportliche Kurvenwetzerqualitäten, sondern auch echte Langstreckentauglichkeit mitgegeben hat. Da macht die Fahrt nach Milano gleich doppelt Spass. Und im dortigen Verkehrsdschungel sind die Kleinsten ja sowieso die Grössten.