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zuendung

27. März 2010

Japanischer Baby-Hummer

Toyota | 0 Kommentare

Ein bisschen schaut er doch wie ein geschrumpfter Hummer aus, zumindest von schräg hinten. Vorne blickt er aber dann fast etwas zu nett, um sich als kleiner Verwandter des us-amerikanischen Wüsten-Haudegen zu profilieren. Dabei fährt der Toyota Urban Crusier bei Bedarf durchaus mit Allradantrieb. Aber eben nur bei Bedarf. Im urbanen Dschungel braucht der kleine […]

Ein bisschen schaut er doch wie ein geschrumpfter Hummer aus, zumindest von schräg hinten. Vorne blickt er aber dann fast etwas zu nett, um sich als kleiner Verwandter des us-amerikanischen Wüsten-Haudegen zu profilieren. Dabei fährt der Toyota Urban Crusier bei Bedarf durchaus mit Allradantrieb. Aber eben nur bei Bedarf. Im urbanen Dschungel braucht der kleine Japaner keine zusätzliche Traktion. Der Frontantrieb sollte mit den 90 Diesel-PS locker fertig werden.

Ein richtiger Offroader will der 3,93 Meter kurze Sprössling also nicht sein. Aber was dann? Mit einem einfachen Zug am Türgriff öffnet sich die Pforte, auch der Motor startet schlüssellos, was eindeutige Premium-Ansprüche manifestiert. Innen geht es weiter mit einem aus anderen Toyota Modellen bekannten Touchscreen-Navigationssystem, das sehr gut funktioniert. Auch die Anbindung von MP3-Player und Telefon ist kein Problem. Natürlich schätzen Kunden jeder Altersklasse solchen Komfort, doch zusammen mit der trendigen äusseren Hülle scheint es offensichtlich, dass man hier auf die begehrte junge, dynamische Generation zielt.

Die Jungdynamiker werde es dem Allradler hoffentlich verzeihen, dass er in Sachen Materialauswahl nicht gerade Premiumcharakter versprüht. Die Kunststoffe sind ausnahmslos von der harten Sorte. Lichtautomatik oder selbsttätig einschaltende Scheibenwischer gibt's ebenso wenig wie den heute üblich gewordenen Tippblinker für das Spurwechseln. So bleibt die Positonierung etwas unklar, zumal der Testwagenpreis von 38'000 CHF durchaus einiges erwarten lässt.

Die Erwartungen werden zunächst enttäuscht, wenn man den Motor startet. Gut hörbart arbeitet da vorne ein etwas rauer Geselle, der erst nach der Warmlaufphase die gebotene Laufkultur zu bieten vermag. Auch im warmen Zustand stolpert man über die ausgeprägte Anfahrschwäche des Dieselaggregats. Merke: Beim Ampelstart stets genügend Gas geben, sonst wird's eventuell peinlich. Einmal in Fahrt ist die Performance anständig, die 90 PS können als ausreichend bezeichnet werden. Fahrdynamisch zerreisst er natürlich keine Stricke, ist aber jederzeit sicher zu beherrschen.

Schade ist, dass die Start-Stopp-Automatik nur für den Benziner erhältlich ist. Damit wären bestimmt noch weitere Deziliter an Sprit einzusparen. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 5,3 Liter landete das Testauto nahe am Laborwert nach ECE-Norm (4,9 L). Natürlich sorgt ein Partikelfilter für das Wegbleiben der schwarzen Wolke am Heck. Auf die moderne D-CAT-Technologie, die vor allem auch den Ausstoss der Stickoxide reduzieren würde, muss der Urban Cruiser aber verzichten. Nicht verzichten muss man auf hintere Türen. Eine Tatsache, die nicht zuletzt auch die nicht mehr bediente Kundschaft des dreitürigen RAV4 anlocken könnte.

Die unklare Positionierung scheint das grösste Problem des putzigen Toyota Urban Cruiser zu sein. Ist er nun ein SUV oder ein einfacher Kleinwagen mit Allradantrieb? Soll er im Premiumsegment wildern oder lieber sparsamen Käufern gefallen? Soll die junge Familie angesprochen werden oder doch eher das ältere Ehepaar? Es ist wohl in allen Fällen von beiden Extremen ein wenig. Daraus resultiert ein schwammiges Gesamtkonzept, das aber durchaus mit praktischen Tugenden zu überzeugen weiss. Dafür, dass an einigen Stellen offensichtlich der Rotstift angesetzt wurde, liegt der Preis zu hoch. Die äussere Form wird nicht jedem gefallen. Mir ist die heute selten gewordene friedfertige Erscheinung durchaus sympathisch. Und hey: Spätestens beim Verbrauch wird ganz sicher jeder Hummer-Fahrer eifersüchtig.