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zuendung

31. Juli 2009

Japanischer US-Cruiser

Nissan | 0 Kommentare

Ich kann mich gut daran erinnern: Im März 2003 fuhren wir nach Schönenwerd um den Nissan Murano bei der Garage Bloch zu bestaunen. Der SUV war damals nur als Grauimport aus den USA zu haben und deshalb auf schweizer Strassen rarer als ein Rolls Royce. Zu diesem Zeitpunkt hatte kein Hersteller einen mittelgrossen SUV auf […]

Ich kann mich gut daran erinnern: Im März 2003 fuhren wir nach Schönenwerd um den Nissan Murano bei der Garage Bloch zu bestaunen. Der SUV war damals nur als Grauimport aus den USA zu haben und deshalb auf schweizer Strassen rarer als ein Rolls Royce. Zu diesem Zeitpunkt hatte kein Hersteller einen mittelgrossen SUV auf dem Markt. Dazu kam, dass das Design von einem anderen Stern war. Später wurde der Murano dann doch noch offiziell importiert. Inzwischen steht, sechs Jahre nach meiner ersten Begegnung, der Nachfolger bereit. Auch er wurde für die USA gebaut. In der Schweiz ist er exklusiv als 3,5 Liter V6 zu haben, der mit der stufenlosen Automatik namens Xtronic gekoppelt ist.


Bartenwal: Am Grill ist auch die zweite Murano-Generation sofort zu erkennen.

Optisch gefiel mir der Vorgänger irgendwie besser, aber der Neue ist dafür sehr speziell. An der Front ein Grill wie die Schnauze eines Bartenwals, am Heck dynamische aber eher unpersönliche Designelemente und dazwischen ein massiver Körper der auf ein Gewicht von deutlich über zwei Tonnen schliessen lässt. Die Tasten auf den Türgriffen sind dafür richtig süss. Durch einen Druck darauf schliesst man die Zentralverriegelung auf. KeylessEntry und KeylessGo sind nur zwei von unzähligen Komfortfeatures an Bord der 71'200 Franken teuren Executive-Variante.


VIP: Die wichtigsten Leute sitzen hinten und gucken TopGear.

Als ich den Motor per Druck auf den Startknopf starte, wird mein Sitz nach vorne gefahren, die Lenksäule senkt sich mir entgegen. Um Licht und Scheibenwischer brauche ich mich ebenfalls nicht zu kümmern, um die Gänge sowieso nicht. Lenken darf man im Murano immerhin noch selbst. Und das sollte dringend nötig sein: Wegen eines Unfalls auf der vorgesehenen Strecke musste ich für die Reise nach Sion auf die Route via Brünig und Grimsel ausweichen. Da sollte der SUV dann gleich mal zeigen können, wie sportlich er tatsächlich ist. Am Grimsel fährt ein dynamischer Einheimischer vor mir, leistungsmässig hält der Murano souverän mit. 256 PS und 334 Nm sind selbst für ein Gewicht von über 1900 kg ausreichend. Sobald aber Kurven umrundet werden wollen, zeigen sich die Schattenseiten der komfortablen Abstimmung: Die Lenkung ist zu indirekt und bietet wenig Rückmeldung, die Sitze bieten keinen Seitenhalt und die unübersichtliche Karosserie macht ein Anpeilen der Scheitelpunkte zur Lotterie. Erstaunlich ist dabei aber das stets sichere Fahrverhalten.


Hübsch: Das Heck ist attraktiv gestaltet, aber durch die kleine Heckscheibe unübersichtlich.

Die Unübersichtlichkeit der Karosserie ist auch der Grund dafür, dass der Murano nicht nur eine Rückfahrkamera, sondern auch eine seitliche Parkkamera im rechten Aussenspiegel besitzt. So ist das rechte vordere Fahrzeugende bei langsamer Fahrt immer im Blick und Feindkontakt kann elegant vermieden werden. Die Passagiere auf der Rückbank mit verstellbarer Neigung wird das nicht gross beschäftigen. Sie schauen gerade eine TopGear-DVD auf dem eingebauten Entertainmentsystem.

Wegen ihres übermässigen Verbrauchs sind die SUVs bekanntermassen vielerorts sehr unbeliebt. Wie sieht es da mit dem Nissan Murano aus? Erstaunlich gut: Im zündung.ch-Test braucht der grosse Allradler im Schnitt 10,5 Liter Benzin. In Anbetracht der Leistung und des Gewichts ist er schon fast als sparsam zu bezeichnen. Nicht sparsam war Nissan wie bereits erwähnt beim Zusammenstellen der Serienausstattung: Auf der Fahrt nach Sion werden unsere Ohren von einem Bose-Soundsystem verwöhnt, das über einen 6CD-Wechsler im Armaturenbrett verfügt. Und wäre es im Wallis nicht gerade 30° C, hätte die Sitzheizung (auch auf den Rücksitzen) bestimmt gute Dienste geleistet. So fächerte uns die Klimaautomatik kühle Luft zu und die etwas demotivierte Stimme aus dem Navigationssystem wies uns den Weg. Die Bedienung all dieser Gadgets ist nicht schwierig aber auch nicht intuitiv.


Spion: Die Kamera im Seitenspiegel ist sehr praktisch.
Gehilfe: Bedient man die Taste, richten sich die Rücksitze von Zauberhand auf.

Nicht ganz vergessen wollen wir das U für "Utility" in der Genrebezeichnung, praktisch wollen sie ja auch sein, die SUVs. Mit gerade einmal 400 Liter Kofferraumvolumen zerreist der Murano in diesem Kapitel aber keine Stricke. Immerhin sind die Sitze einfach umlegbar, ein Zug am Griff im Kofferraum genügt. Dabei gleitet das Sitzkissen in den Fussraum, womit sich eine ebene Fläche ergibt. Selbst hier hat Nissan noch ein paar Elektromotoren verbaut: Neben dem Griff findet sich eine Taste, die die Sitze wieder aus ihrer Versenkung holt. Da kann es kaum mehr überraschen, dass auch die Heckklappe elektrisch geschlossen werden kann. Per Fernbedienung versteht sich.


Crusier: Auch weil keine riesigen Niederquerschnittsreifen montiert sind ist der Murano ein angenehmer Reisebegleiter.

Der Nissan Murano ist besonders in der Executive ein Automobil mit Verwöhnaroma. Ein Cruiser für die Autobahn und eine Reisemobil für den Urlaub mit den Kids. Seine sportlichen Talente halten sich trotz flott drehendem V6 sehr im Rahmen. Dafür profitieren alle Mitfahrer von der überkompletten Ausstattung. Für den Schweizer Markt wäre eine Dieselvariante wünschenswert. Da der Crossover aber primär für den US-amerikanischen Markt bestimmt ist, kann man damit leider nicht rechnen. So wird er diesseits des Atlantiks wohl ein komfortables, ziemlich sparsames und dazu preiswertes Individualmobil im weiter wachsenden Pool der "kompakten" SUVs bleiben.