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amadefries

2. August 2015

Kia Soul im Praxistest

Kia | 0 Kommentare

Mag sein, dass man auf den ersten Blick gar nicht erkennt, dass hier der neue Kia Soul vor einem steht. Dabei handelt es sich hier um einen ganz speziellen Soul. Dieser Koreaner ist nämlich vollständig elektrisch angetrieben. Anders als der Leaf von Nissan oder Toyotas Hybridlegende Prius kommt der mit einer mutigen Form daher, die […]

Mag sein, dass man auf den ersten Blick gar nicht erkennt, dass hier der neue Kia Soul vor einem steht. Dabei handelt es sich hier um einen ganz speziellen Soul. Dieser Koreaner ist nämlich vollständig elektrisch angetrieben. Anders als der Leaf von Nissan oder Toyotas Hybridlegende Prius kommt der mit einer mutigen Form daher, die auch ein junges Publikum begeistern könnte.

Das Cross in Crossover

So ganz in Weiss sieht er ein bisschen gar unschuldig aus. Aber es stünden auch ein leuchtendes „Caribbean“ Blau und ein edles Schwarz mit „Inferno“-rotem Dach zur Auswahl. Warum gibt es eigentlich das mutige Orange nicht für den Elektro-Soul? Immerhin hat er den BMW i3 im Test ziemlich blass aussehen lassen. Den Vergleich in AutoBild gewann er vor allem wegen seiner 210 Kilometer grossen Reichweite. Dann wollen wir mal sehen, wie gut der Soul wirklich ist.

Kia Soul EV
Erste Ernüchterung beim Einsteigen: Die Gestaltung mit viel hellem Kunststoff wirkt zwar solid, aber auch ein bisschen amerikanisch. Wo bleibt der Mut, den man aussen mit Tigernase und angriffigen Scheinwerfern verströmt? Auch die steil aufragenden Rückleuchten und die ausgestellten Radhäuser machen auf dicke Hose. Aber man sitzt nun mal innen. Ein grossformatiger Screen informiert dort, wo früher die klassischen Rundinstrumente ihren Platz hatten. Die Zahl 165 sticht mir ins Auge. Das ist nicht etwa die Höchstgeschwindigkeit – die liegt mit 145 km/h nochmals deutlich tiefer. Es ist die Reichweite, die man als Elektrofahrer sowieso immer im Blick haben sollte. Zentral gibt dazu ein Touchscreen die verschiedensten Informationen preis. Unter anderem natürlich auch, wo sich die nächste Ladestation befindet.

Kia Soul EV
So mache nehme ich meinen Mut zusammen und mache mich auf, den Stromer ins mehr als 80 Kilometer entfernte Winterthur zu steuern. Über die Autobahn, wo er sicher einiges von seiner Reichweite wird hergeben müssen. Und ein bisschen durch die Stadt und den Gubriststau, wo er traditionell Vorteile gegenüber der Verbrennerfraktion hat. Den Überlandteil bringt der Soul EV lässig hinter sich. Auch wenn man im Eco-Modus fährt liegt immer genügend Drehmoment an, um rasant vorwärts zu kommen. Das Fahrwerk findet den angenehmen Kompromiss, die Lenkung gibt sich relaxt indirekt, was durchaus passt. Auch die etwas weicheren Sitze fügen sich in das Konzept ein. Sie lassen sich übrigens belüften und hinten immerhin heizen. Doch wie das bei E-Autos so ist: Praktisch jedes Komfortfeature kostet immer auch Reichweite.

parkhausladenkiasoulev

Draussen ist es immer noch sehr warm. Also was nun? Klimaanlage aus würde bestimmt noch ein paar Kilometer bringen. Andererseits sollte die Velostadt Winterthur bestimmt die eine oder andere Steckdose für uns frei haben. Also sind wir mutig, neben Klima bleiben auch die Audioanlage, das Licht und das Navi an. Am Gubrist erwartet uns dann der ganz normale Freitagabendwahnsinn. Nach einem Unfall unmittelbar hinter dem Tunnel steht der Verkehr während 20 Minuten komplett still. Die Leute steigen aus den Autos. Bei uns läuft nur noch die Soundanlage, so ein Stau will schliesslich unterhalten werden. Abgesehen von uns scheint niemand so richtig Spass zu haben. Der Soul macht irgendwie auch glücklich, wenn er gar nicht fährt.

Kia Soul EV

Schliesslich geht es dann doch weiter. Die verbleibenden Kilometer bis zum Tor zur Ostschweiz verlaufen problemlos. Im Parkhaus Teuchelweiher gibt es 8 Parkplätze mit Steckdosen. Kia Schweiz war so freundlich, dem Soul EV gleich drei verschiedene Ladekabel mitzugeben. Die füllen dann zwar den ganzen Bereich unter dem Ladeboden, sichern aber unseren Rückweg. Oder auch nicht. Denn passen tut nur der normale dreipolige Haushaltsstecker. Nun gut, wirwerden sehen wie viele der maximal 27 kWh uns dann für die Heimreise zur Verfügung stehen werden.

motor
Tatsächlich bringen die drei Stunden an der Leine nur einige wenige Kilometer ein. Also heisst es nun, die Tipps der sogenannten Hypermiler anzuwenden. 254 Kilometer hat ein Fahrer des Soul EV schon geschafft und dabei sogar noch drei Pässe bezwungen. Wir schleichen auf die Autobahn, fahren knappe 120 km/h und dies mit Tempomat. Die Klimaanlage bleibt aus, die Bremse wird nur im Notfall betätigt. Nur auf die Unterhaltung aus den Boxen möchten wir auch auf der Rückfahrt nicht verzichten. Auch deshalb, weil sie wie im konventionellen Soul mit farbigen LED-Ringen umrahmt sind, die im Rhythmus der Musik pulsieren. Zu cool.

Nicht so cool ist, dass die Reichweite schmilzt wie Eis an der Sonne – obwohl natürlich längst stockdunkle Nacht herrscht. So fröhlich die Musik auch ist, etwas unwohl wird uns in Anbetracht der kleiner werdenden Zahl im Tacho eben doch. Range Anxiety nennt man dieses Gefühl. Kein schönes Erlebnis. Doch ohne weiter zu dramatisieren kann ich sagen: Mit genau 12 verbleibenden Kilometern auf dem Reichweitencountdown kommen wir in Luzern an.

heck

Natürlich ist diese Tour nicht das, was man seinem Elektro-Soul normalerweise zumutet. Die meisten werden sich im Alltag kaum weiter als 50 Kilometer weg von zuhause trauen, ohne dass am Zielort mit Sicherheit eine Schnelllademöglichkeit auf sie wartet. Dennoch kann man konstatieren, dass der Kia Soul EV als absolut alltagstauglich betrachtet werden kann. Er sieht nicht aus wie ein Verzichtsmobil und er ist auch keines. Ok, bei einem Testwagenpreis von 39’900 Franken darf er das eigentlich auch nicht sein.