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zuendung

14. Februar 2009

Kronjuwel

Jaguar | 0 Kommentare

Jaguar XF 2.7 D Premium Luxury Zwar hat Ford die britischen Kronjuwelen (Jaguar) nach Indien verkauft, aber davon merkt man weder beim Betrachten noch beim Fahren des neuen XF etwas. Der XF ist ein Juwel. Die Schweizer Kunden sind normalerweise diejenigen, die immer die stärksten und teuersten Versionen kaufen. Beim beinahe 5 Meter langen XF […]

Jaguar XF 2.7 D Premium Luxury

Zwar hat Ford die britischen Kronjuwelen (Jaguar) nach Indien verkauft, aber davon merkt man weder beim Betrachten noch beim Fahren des neuen XF etwas. Der XF ist ein Juwel.

Die Schweizer Kunden sind normalerweise diejenigen, die immer die stärksten und teuersten Versionen kaufen. Beim beinahe 5 Meter langen XF (4,96m) wäre das der 416 PS starke 4,2 Liter V8 Supercharged mit 560 Nm Drehmoment, der trotz rund 2 Tonnen Leergewicht in 5,4 Sekunden von 0 auf 100 sprintet. Nun, es gibt auch eine "normale" 4,2-Lt-Version (298 PS) und einen 3-Liter-"Bünzli"-V6. Am meisten fahren die Schweizer aber erstaunlicherweise auf etwas ab, das vor wenigen Jahren wohl völlig undenkbar gewesen wäre: Fast die Hälfte der Kunden kauft einen Jaguar mit Dieselmotor. Und genau den ist auch die Testcrew ausführlich gefahren.

Der Motor, ein V6-Diesel mit 2,7 Litern Hubraum, eine von Peugeot zusammen mit Ford entwickelte Konstruktion, ist bereits aus diversen Peugeot- und Citroën-Modellen bekannt (z.B. 407, 607, C6), aber auch aus andern Jaguar-Modellen. Die 207 PS, vor allem aber die 435 Nm Drehmoment bei 1'900 Umdrehungen machen ihn zu einer standesgemässen Motorisierung, deren Fahrleistungen die des 3-Liter-Benziners übertreffen.

Die kraftvolle Eleganz der XF-Carrosserie, die bei einer Gesamtlänge von fast fünf Metern einen Radstand von 2,91m aufweist, gefällt durchwegs. Mit einer Höhe von 1,46m, einer Breite von 1.88, resp. 2.05 (ohne/mit Spiegeln), macht er einen sehr stattlichen Eindruck.

Der Diesel und der kleine Benziner kosten gleich viel, nämlich ab Fr. 74'900. Das Premium-Paket lässt sich Jaguar mit Fr. 6'900 bezahlen. Die beiden V8-Versionen kosten 95'000 und 120'000 Franken.
Unser Testwagen verfügte über viel zusätzliches Zubehör (siehe Tabelle) und kostete dann knapp einen Hunderter. Viel Geld an und für sich und damit sicher nicht das Volumenmodell jeden Flottenbesitzers, aber in Zeiten steigender Treibstoffpreise der vernünftige Jaguar.

Gefallen haben das Design sowie die erstklassige Verarbeitung. Gefallen hat auch der sehr laufruhige Motor, dessen Leistung absolut genügt. Um zu begeistern, müsste es dann schon der aufgeladene V8 sein, nur würde der dann auch über 5 Liter mehr saufen! Die Grund-ausstattung ist recht umfangreich (darf man für 82000 Franken zwar auch erwarten). Das stilvolle Interieur, aber auch zum Beispiel das auf drei Arten zu schaltende Getriebe, haben gefallen. Auch an Kleinigkeiten, serienmässigen und zugekauften, haben wir Freude gehabt: Der Sensor, der das Handschuhfach elektrisch öffnet, aber nicht beim zufälligen Drüber-fahren, sondern nur wenn der Finger von vorne kommt, die Sitzventilation, die angenehm kühlt, wenn man auf langer Fahrt eigentlich mal eine Pause einlegen sollte. Vor allem auch die Totwinkelanzeige in beiden Aussenspiegeln fanden wir toll, gibt es doch etliche Jaguarfahrer, die in einem Alter sind, wo sie den Kopf nicht mehr gerne nach hinten verdrehen, obwohl sie wissen, dass man in den Spiegeln nicht alles sieht.
Erwähnenswert ist auch die 440-Watt-Musikanlage von Bowers and Wilkins. Zur Ausreizung der Möglichkeiten wäre allerdings eine längere Testdauer vonnöten.

Nun, die Testfahrer fahren auch im übrigen Leben immer wieder ausserordentliche Fahrzeuge, von A wie Audi über F wie Ferrari, L wie Lamborghini bis Z wie… – nein, den Zastava nicht und sind deshalb vor dem XF nicht vor Ehrfurcht erstarrt.

Es ist eben nicht alles nur toll an diesem Auto; für 100'000 Franken darf man auch etwas verlangen: Zwar genügen die 440 Kg Zuladung gerade noch so, der Kofferraum ist aber relativ klein und es gibt auch keine Ski-Durchreiche und auch der Zugang dürfte grösser sein. Dass man die Kofferklappe von Hand schliessen muss statt elektrisch, ist nicht stil¬gerecht und hätte man beim Peugeot (und andern!) abschauen können.
Die Sitze sind relativ hart, aber bequem und vielfältig elektrisch einstellbar.
Zwar hat man zum Rückwärtsfahren eine Kamera, aber die Sicht nach hinten dürfte trotzdem besser sein (eingeschränkt wegen des hohen Hecks), die Kopffreiheit für die hinten Sitzenden ist für die Grösse des Autos überraschend gering.

Über das eine oder andere Feature (oder Gag) kann man auch streiten: Beim Abstellen des Motors schliessen sich alle vier Lufteinlässe am Armaturenbrett und beim Anlassen gehen sie wie von Geisterhand wieder auf, was die Passagiere verblüfft. Aber das braucht ja vier Elektromotörchen, die kosten und kaputt gehen können …

Das GPS war einfach zu bedienen. Die Staumeldungen, die es brachte, mit Umfahrungs-empfehlung, wurden allerdings vom Radio nie erwähnt, sodass wir die Umfahrung ablehnten. Wir taten gut daran, die Staus waren inexistent!

Sparsam
Die V8 verbrauchen standesgemässe 11,1 und 12,6 Liter im Gesamtverbrauch, was im Kurzstrecken- und Innerortsverkehr locker 17 bis 20 Liter ergibt. Am C02-Ausstoss von 264 und 299 g/km hätten die "Jungen Grünen" denn auch gar keine Freude, an der Energie-effizienzkategorie G freut sich aber eh niemand.

Der starke V6-Diesel verbraucht gesamthaft 7,5 Liter (städtisch 10,4, ausserstädtisch 5,8 lt.). Ein Testfahrer brauchte 8,2 Liter, der andere 7.9 Liter, mit viel Autobahn, aber auch forscher Bergfahrt im Wallis. Der Bordcomputer gab sogar nur 7.5 Liter an, was vermutlich richtig war, da der Tank evtl. nicht ganz voll war bei Übernahme des Wagens.
Ob 7,5, 7,9 oder 8.2 Liter: Hervorragende Werte für einen 5 Meter langen 2-Tönner.

Resumé
Mit dem XF Diesel erhält man ein Auto, mit dem man ohne schlechtes Gewissen seinen Mitarbeitern gegenüber im Büro vorfahren darf (Preis unter 100k, Verbrauch unter 8 Liter, CO2 unter 200 g/km.). Man beweist auch guten Geschmack und eine Portion Individualis¬mus (wer fährt schon ein indisches Auto? ähem).
Die "Mängel" halten sich im Rahmen und werden auch nicht von allen Leuten als solche empfunden. Der Zukunft von Jaguar geben wir Chancen, denn die ehemalige britische Kolonie Indien wird dem Kronjuwel Jaguar sicher Sorge tragen.

Heiny Volkart, VOLKARTpress