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amadefries

6. April 2021

Magischer Hybrid

Renault | 0 Kommentare

Man könnte es sich einfach machen. Wie hat Jeremy Clarkson damals bei Top Gear den Turbolader erklärt: Magic Happens. Bei Renault erleben wir noch etwas mehr Magie, so dass eine Erklärung entweder ungenau oder dann sehr langfädig zu drohen wird. Um was geht es? Ich teste den brandneuen Renault Clio in seiner hoffentlich effizientesten Variante. […]

Man könnte es sich einfach machen. Wie hat Jeremy Clarkson damals bei Top Gear den Turbolader erklärt: Magic Happens. Bei Renault erleben wir noch etwas mehr Magie, so dass eine Erklärung entweder ungenau oder dann sehr langfädig zu drohen wird. Um was geht es? Ich teste den brandneuen Renault Clio in seiner hoffentlich effizientesten Variante. E-TECH nennt sich das von der Formel 1 inspirierte Technologiepaket. Zusammen mit der Leistung wird das Schlagwort dann zum Modellnamen. Vor mir steht der Renault Clio E-TECH 140 Edition One.

renaultclio-etech140-rear

Äusserliche Erkennungsmerkmale der aufwändigen Technik: Filets, wie wir sie aus unserer Jugend kennen. Und blaue Akzente im Kühlergrill und im hinteren Stossfänger. Wollen wir uns nun an die technischen Finessen wagen? Ok. Herzstück des Hybridantriebs ist das Multi-Mode-Getriebe. Wir lesen in der Renault-Pressemitteilung:

Für den Hauptelektromotor verfügt das Multi-Mode-Getriebe über zwei Untersetzungen und für den Verbrennungsmotor vier Untersetzungen, während der zweite Elektromotor konstant mit dem Verbrennungsmotor gekoppelt ist. Im rein elektrischen Antriebsmodus stehen daher zwei Gänge zur Verfügung. Im reinen Verbrennungsmodus sind es vier Gänge und im Hybridmodus zwei mal vier Fahrstufen. Hieraus ergeben sich einschliesslich Leerlauf insgesamt 15 Kombinationen, womit das Multi-Mode-Getriebe maximale Effizienz gewährleistet.

So weit alles unklar? Dachte ich mir.

renaultclio-etech140-sticker

Es führt kein Weg an einer Testfahrt vorbei. Und genau damit starte ich nun. Der Druck auf den Startknopf belässt den Benziner vorerst im Tiefschlaf. Ein elektrotypisches „Bing“ teilt mir mit, dass der Antrieb nun bereit ist. Den Wählhebel in D gelegt und vollelektrisch geht es los. Ganz links im Display steht die Akkuanzeige, ganz rechts die des Benzintanks.
Die 1,2 kWh fassende Batterie ist ganz gefüllt. Nutzbar sind aber nur 0,55 kWh. Es geht leicht bergauf, der Benziner springt an, jetzt also offenbar im parallelen Hybridmodus.

Jetzt fährt sich der Clio wie ein Prius. Just, als mir dieser Gedanke durch den Kopf geht, vernehme ich den Überflug eines Kleinflugzeugs. Nein, es klingt nur so, tatsächlich ist der Benziner jetzt in den Lademodus übergegangen. Die konstant relativ hohe Tourenzahl mag bei tiefem Tempo zunächst verwirren. Nach einigen Tagen mit dem Clio freue ich mich jedes Mal, wenn er seine Generatortätigkeit aufnimmt. Ebenfalls erfreutlich: Der Blick auf den Durchschnittsverbrauch. Wenn die
Angabe des Bordcomputers stimmt, liegen unter 5 Liter an, was in der Nach-Diesel-Zeit bei den Kleinwagen doch recht vielversprechend ist. Zumal ja 140 PS zur Verfügung stehen.

renaultclio-etech140-side

Tatsächlich kommen die 140 PS eher gemächlich auf Trab. Man merkt dem E-TECH-Clio an, dass hier vor allem Effizienz und nicht Sportlichkeit im Pflichtenheft stand. Mit 1295 Kilo ist er auch nicht unbedingt ein Leichtgewicht. So erklärt sich die gemütliche Beschleunigung von knapp unter 10 Sekunden auf Tempo 100. Allzu schnelle Autobahnetappen dürften schwierig werden, da der Benziner nur 91 der 140 PS bereitstellt. Weitere 49 kommen vom Elektromotor, 20 vom Startergenerator. Doch bei Fahrten über Land schwingt er sich locker durch seine verschiedenen Fahrmodi und macht nie den Eindruck, untermotorisiert zu sein.

Die Sitze sind bequem, die Bedienung über das Touchdisplay ist problemlos, Renault hat mit dem neuen Clio schlicht einen sehr guten Kleinwagen gebaut. Da kann es nicht überraschen, dass er nicht ganz günstig ist. Der Testwagen kommt auf ziemlich genau 30’000 Franken, wobei das immer empfehlenswerte Extra adaptiver Tempomat ebenso fehlt wie der Totwinkelwarner. Beides gäbe es im Paket für 800 Franken – am falschen Ort gespart. Ansonsten fühlt man sich schnell wohl und gewöhnt sich an die Antriebslaunen des topmodernen Hybridkonstrukts.

renaultclio-etech140-interior

Laune macht natürlich vor allem das komplett lautlose Parkhaushuschen oder das batterieladende Bergabfahren, das in Position B des Getriebehebels noch intensiver wird. Hier wäre allerdings ein sanfterer Übergang in die stärkere Rekuperation wünschenswert. Generell ist es einfach cool, ein Auto zu fahren, dem man so richtig anmerkt, dass wir an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter stehen. Die Verbrennerfraktion muss sich in den ihr verbleibenden Jahren richtig anstrengen. Und genau diesen Geist spürt man im E-TECH-Clio.

Da muss man halt verschmerzen, dass der Kofferraum um fast 100 Liter auf 250 Liter schmilzt. Ansonsten ist das Platzangebot mit jenem der konventionell angetriebenen Clio identisch. Vorne gibt es mehr als genug Platz, angenehme Sitze und gute Übersicht. Hinten finden zwei Personen eine bekömmliche Sitzposition, die dritte sitzt dann konzeptbedingt ziemlich beengt. Aussen erleichtern B-Segment-typische Länge (4,05m) und Breite 1,73m) das Parkieren. Nur schade, gibt es die etwas längere und dadurch vor allem für Flotttenbesitzer attraktive Kombiversion nicht mehr.

renaultclio-etech140-frontrenault

Am Ende geht es natürlich um die nackten Zahlen. Dass der Renault Clio E-TECH 140 Edition One nicht gerade ein Sonderangebot ist, haben wir bereits geklärt. Wie sieht es nun mit dem Verbrauch aus? Tatsächlich konsumierte der technisch ambitionierte Franzose im Test 4,9 Liter, was zwar 0,7 Liter mehr als die vom Werk angegebene Menge ist. Verglichen mit dem unlängst getesten Kia Rio Mildhybrid spart er aber bei mehr Leistung 0,9 Liter ein. Dies zeigt: Das Konzept überzeugt nicht nur auf dem Papier. Man könnte auch sagen, es ist ein bisschen magic.