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16. März 2025

Mandarine im März

Fiat | 0 Kommentare

Sun of Italy heisst der Lack, der mich eher an eine Mandarine erinnert. Doch was macht man mit einer Mandarine im Frühling, gehört die nicht eher in die Vorweihnachtszeit? Egal, ich teste den Fiat 600e, wobei das kleine E für die rein elektrische Version steht. Man findet es am Heck in Hellblau als einzigen Hinweis […]

Sun of Italy heisst der Lack, der mich eher an eine Mandarine erinnert. Doch was macht man mit einer Mandarine im Frühling, gehört die nicht eher in die Vorweihnachtszeit? Egal, ich teste den Fiat 600e, wobei das kleine E für die rein elektrische Version steht. Man findet es am Heck in Hellblau als einzigen Hinweis abgesehen vom fehlenden Auspuff.

Kennzeichen e: Der kleine hellblaue Buchstabe verweist auf den rein elektrischen Antrieb

Wer den 600 als Hybrid kennt, kennt also auch die Elektroversion, zumindest optisch. An seinem Beispiel erkennt man aber auch, dass Elektroautos deutlich teurer sind als Verbrenner. Im konkreten Fall heisst das: Als getesteter Hybrid la Prima kostete er 35’890 Franken, das aktuelle Testauto ebenfalls in der la Prima-Ausstattung kommt auf 44’190 Franken. Klar, der Elektriker ist um 20 PS kräftiger, ansonsten sind die Unterschiede auf den ersten Blick aber wenig frappant.

Charakter: Das 600er-Gesicht erinnert an den kleinen Bruder.

Dann mal los: Power-Knopf und D drücken. Wie im Plattform-Bruder Jeep Avenger braucht es auch hier Geduld, damit man dann auch tatsächlich starten kann. Das System scheint einen Moment zu brauchen, bis es tatsächlich „ready“ ist. Dann stromert er lautlos von dannen. Die Gasannahme ist dabei nicht so spontan, wie ich es gerne hätte. Daher schalte ich den Drive Mode auf Sport. Zudem bleibt die Rekuperation weit von einer Ein-Pedal-Lösung entfernt. Mittels Bremsmodus B gibt es wenigstens etwas mehr davon. Für die Lenkung gibt leider keinen Knopf. Sie bleibt superleichtgängig und ebenso gefühllos. Das kennt man von den Italienern so nicht, was auch jene des ebenfalls eng Verwandten Alfa Romeo Junior beweist.

Ganz in Weiss: Wie die helle Innenausstattung wohl nach 100’000 Kilometer aussehen mag?

Doch vielleicht ist die typische Kund:in gar nicht so sehr an den Fahreigenschaften interessiert. Bleibt auch noch festzuhalten, dass diese im Prinzip problemlos und alltagstauchlich, aber halt ein wenig seelenlos sind. Was zählt dann? Vielleicht die hübsche Schale des 600e. Wer die aktuelle Neuinterpretation des 500 mag, wird auch den 600 nicht hässlich finden. Das Gesicht ist bekannt, sein Blick holt überall Sympathiepunkte. Die Wimpern nicht unähnlichen LED-Streifen sind witzig. Auch hinten ist die Optik bekannt, auch wenn es sich um ein neues Fahrzeug handelt. Am Heck gibt es sogar eine elektrische Klappe, was man vom noch knuffigen kleinen Bruder nicht kennt.

Lidstrich und Radwerk: Der Fiat 600 ist voll mit Designdetails, die das Auge fesseln

Wir wechseln in den Innenraum, wo es noch andere Verwöhnextras gibt, die bei la Prima allesamt serienmässig sind. Der adaptive Tempomat kann heute fast ebenso erwartet werden, wie der manchmal etwas übereifrige Spurhalteassistent. Dinge wie die wählbare Farbe der Ambientebeleuchtung oder das helle Kunstleder mag man unter die Kategorie „nice to have“ ablegen, im Alltag zaubern sie mir aber immer mal wieder ein Lächeln ins Gesicht. Wer wegen eines zwickenden Rückens öfters mal das Gesicht verzieht, freut sich bestimmt über die Massagefunktion des Fahrersitzes.

In the City: Mit kompakten Ausmassen macht sich der Italiener sehr gut in der Stadt.

Vorne sind die Platzverhältnisse gut, hinten haben zwei Erwachsene Platz. In der Praxis dürften dort nicht selten Kindersitze montiert sein. Daher ist es für mich unerklärlich, weshalb die Gurtschnalle so nah am ISO-Fix-Spalt montiert ist, dass ein selbständiges Angurten fast nicht möglich ist. Es sind solche Details, die im Alltag nerven können. Dafür punktet der 600 mit praktischen Ablagen im Innenraum. Das unglaublich tiefe Handschuhfach wird von grossen Türtaschen und mehreren Ablagemöglichkeiten in der Mittelkonsole ergänzt. In Letzteren findet man die USB-Anschlüsse und die induktive Lademöglichkeit fürs Handy. Ja, CarPlay funktioniert kabellos.

State of the Art: Kabelloses Apple CarPlay in Aktion

Nicht ohne Kabel geht es dann zuhause. Schliesslich will der 600e ab und zu eingesteckt werden. Wie oft? Nun, im Winter kommt man mit dem 54 kWh fassenden Akku natürlich nicht ganz so weit. Um die 22 kWh verbrauchte ich bei tiefen einstelligen Temperaturen, was eine Reichweite von etwa 250 Kilometer ergibt. Bei wärmeren Bedingungen würde ich mit an die 300 Kilometer kalkulieren.

Tricolore: Wer genau hinschaut, sieht die italienischen Farben unten im Stossfänger

Für weitere Optionen braucht man bei la Prima übrigens nichts einzukalkulieren. Denn die gibt es nicht. Nur wenn man eine andere Farbe als Orange möchte, kostet das zusätzliche 900 Franken. Etwas zusätzliche Farbe gibt es übrigens am hinteren Stossfänger, wo man die italienischen Flaggenfarben eingearbeitet hat. Bis jetzt scheint sich die italienische Regierung anders als beim Alfa Romeo Milano, der jetzt Junior heissen muss, noch nicht eingeschaltet zu haben. Der Fiat wird nämlich wie seine Stellantis-Geschwister im polnischen Tychy gebaut.

Orange oder eher Mandarine oder „Sun of Italy“, hübsch ist die Farbe so oder so

Bis nach Polen möchte ich mit dem Fiat 600e nicht unbedingt fahren, dafür nervt mich die Lenkung zu sehr. Alltag kann er aber, Stadt sowieso und gut aussehen tut er auch. Wer tatsächlich weit fahren möchte, freut sich über die Schnelllademöglichkeit via CCS-Anschluss. 100 kW sind kein Spitzenwert, doch auch so ist die Batterie in einer halben Stunde von 10 auf 80 Prozent aufgefüllt.

Auf 100 beschleunigt der 600e in 9 Sekunden, absolut ausreichend. Wichtigere Zahlen: 360° (Kamera) und 10,8 (Wendekreis) und 380 (Kofferraum). Das bringt mich zurück zur wichtigsten: Die Preisdifferenz zum Hybrid kann man durch die ruhigere Art der Fortbewegung bei gleichzeitig etwas knackigerem Temparement rechtfertigen. Oder aber man rechnet sich aus, wie viele Kilometer man bis zur Ammortisation über den geringeren Energieverbrauch zurücklegen muss. Bis dahin haben die Mandarinen aber ganz bestimmt noch einige Male Saison.