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zuendung

22. September 2012

Mission Europa

Lancia | 0 Kommentare

Vor 35 Jahren machte sich die Voyager 2 auf den Weg, die Grenzen unseres Planetensystems zu erkunden. Aktuell befindet sie sich knapp 15 Milliarden Kilometer entfernt von der Sonne. Dabei bewegt sie sich mit über 15 Kilometer pro Sekunde. Der irdische Voyager, bekannt unter dem Markennamen Chrysler, ist da weit gemütlicher unterwegs. Zu uns kommt […]

Vor 35 Jahren machte sich die Voyager 2 auf den Weg, die Grenzen unseres Planetensystems zu erkunden. Aktuell befindet sie sich knapp 15 Milliarden Kilometer entfernt von der Sonne. Dabei bewegt sie sich mit über 15 Kilometer pro Sekunde. Der irdische Voyager, bekannt unter dem Markennamen Chrysler, ist da weit gemütlicher unterwegs. Zu uns kommt die aktuelle Generation des Van-Dauerbrenners wie der 300C und der 200C als Lancia-Modell. Anders als bei Thema und Flavia macht man sich hier gar nicht erst die Mühe, das Fahrzeug neu zu benennen. Die Bezeichnung Voyager ist ja auch sehr geläufig, obwohl das ursprüngliche Modell einst als Dodge Caravan das Licht der Welt erblickte. In den USA hiess dann die Plymouth-Version Voyager, wobei es diese Marke inzwischen nicht mehr gibt. Beim Thema gelang die Adaption eines US-Fahrzeuges auf die hiesigen Ansprüche überraschend gut.


Lang: Mit 5,22 Meter sprengt der Voyager hiesige Vorstellungen.

Während in Europa die Grossraumlimousinen von ihren Massen her bei Espace, Sharan, Zafira Tourer oder Galaxy ihren Höhepunkt erreichen, spricht der Amerikaner da immer noch von einem Minivan. Der aktuelle VW Sharan, wahrlich kein kleines Auto, bringt es auf 4,85 Meter Länge. Der Lancia Voyager dagegen ist unglaubliche 5 Meter und 22 Zentimeter lang. Ob er damit der längste Fronttriebler überhaupt ist? Auf jeden Fall ist man längenmässig mit der Langversion der aktuellen Mercedes S-Klasse auf Augenhöhe. Die Breite von 200 cm sprengt die hiesigen Vorstellungen endgültig. Darf man damit in Autobahnbaustellen eigentlich noch auf der linken Spur fahren? Oder müsste er dazu einen Zentimeter schmaler sein?


Riesig: Sechs Personen und deren Gepäck finden locker Platz.

Gut, die Überholspur ist ohnehin nicht die Heimat des Voyager. Klar, unter der Haube findet sich die Topmotorisierung, davon merkt man aber nicht allzuviel. Nur gemächlich setzt sich der Trumm in Bewegung und der Sechszylinder heult bei Kickdown als wolle er gegen jegliche sportliche Avancen lautstark protestieren. Der V6 wird in ähnlicher Form auch im Thema verbaut, dort allerdings längs und mit einer Achtgangautomatik. Hier ist der 286 PS starke 3,6-Liter mit einer Sechsstufenautomatik verblockt, die über einen hoch verbauten Knüppel bedient wird. Diese Anordnung ermöglicht die Installation einer grossen Box zwischen den Sitzen, die neben zahlreichen voluminösen Ablagen auch Platz für zwei Funkkopfhörer hat. Schliesslich wollen die Passagiere in den hinteren Fauteuils ihre DVDs auf den zwei Screens in der Dachkonsole nicht ohne Ton gucken.


Lancia: Das Logo prangt stolz auf dem Grill.

Auch eine separate Steuerung der Klimaanlage für die hinteren Plätze ist installiert. Es gibt übrigens "nur" vier Sitze im Fond, die dafür nicht als Bank sondern als Einzelsessel ausgestaltet sind. Allesamt sind sie komplett in den Boden zu versenken. Wer es einige Male geübt hat, schafft die Origami-Übung innert weniger Sekunden pro Sitzreihe. Dank dem Verzicht auf Bänke sitzt man auch hinten einigermassen komfortabel, was für die wenigsten Vans gilt. Selbst bei Vollbesetzung bleiben im Voyager 938 Liter Kofferraumvolumen übrig. Ist man nur zu Zweit unterwegs, stehen fast unglaubliche 4000 Liter zur Verfügung. Auch die Zuladung von fast 600 kg scheint angemessen. So voll beladen wird der Van endgültig zur mächtigen Fuhre. Da spielt es keine Rolle mehr, dass die Elektromotoren für das Öffnen der Seitentüren und der Heckklappe nicht gerade bei der Diät helfen. Ausserdem ist es schon ziemlich cool, wenn die Türen schon aus der Ferne per Funkschlüssel geöffnet werden können. Nicht, dass man eine solche Funktion wirklich brauchen würde, aber sie passt perfekt zum Rundum-Glücklich-Paket.


Zeitlos: Der grosse Van versucht sich nicht im modischen Design.

Nicht so glücklich machte die Betankung des grossen Wagens. Sagenhafte 10 Liter gehen noch mühevoll in den Rachen, nachdem die Zapfpistole ein erstes Mal geklickt hat. Das ist umso bemühender, als der Lancia nicht sonderlich sparsam mit Brennstoff umzugehen scheint. Während des Tests genehmigte er sich 10,7 Liter auf 100 km, wobei er damit immerhin genau den vom Werk angegebenen Verbrauch erreicht. Selbst wer die Pedale (elektrisch) ganz weit von sich weg verstellen würde, wäre wohl nicht viel ökologischer unterwegs. Der Voyager bezahlt schlicht für sein Gewicht und seine schiere Grösse. Nicht zu den grössten gehört übrigens das Navigationssystem, das gerne mal den Kontakt zu den Satelliten verliert. Auf dem gleichen Bildschirm wird per Berührung auch das Radio gesteuert, das es dem Routenplaner insofern gleich tut, als dass es immer wieder des gewählten Radiosenders verlustig geht.


American Style: Hochgelegter Schaltstock, DVD zur Unterhaltung, reichlich elektrische Helfer.

Die Ladekapazität, der Komfort und der souveräne Antrieb machen den Voyager zum idealen Reisefahrzeug für das Erkunden eines ganzen Kontinents. Aber ob es der europäische sein müsste? Wer eine komfortable Variante eines wirklich grossen Transporters such, ist beim Chrysler by Lancia sicher nicht falsch. Er macht einfach mehr her, als es ein Vito, T5 oder Trafic je könnte. Er verwöhnt seine Insassen mit Unterhaltung und nimmt ihnen selbst das beschwerliche Öffnen der Schiebetüren ab. Ja sogar die hintersten Ausstellfenster lassen sich elektrisch öffnen. Doch mit seiner Leibesfülle passt er in kaum einen städtischen Parkplatz, ohne vorne und hinten noch ein paar Zentimeter der Nachbarslücken zu beanspruchen.

Der Preis des Testwagens steigt mit den Optionen Pack Techno (Navi, Xenon, Rückfahrkamera) und Pack Entertainment (DVD mit Fernbedienung) auf 56'650 Franken. Noch immer ein sehr faires Angebot. Und wenn wir hier über schier unendliche Highways und verlockend tiefe Spritpreise verfügen würden, man müsste den Lancia Voyager jedem ans Herz legen. Doch hierher passt das bequeme Reisemobil mit dem grossen Benzinmotor nicht wirklich. Die Entdeckungsmission des irdischen Voyager könnte zumindest in dieser europäisierten Variante ziemlich kurz ausfallen.