Seite wählen

zuendung

24. April 2011

Oben ohne

Infiniti | 0 Kommentare

Oben ohne Test Infiniti G37 Cabrio Nach der Allrad-Limousine G37x und dem Crossover-Coupé EX30d haben wir uns wieder einem G-Modell zugewandt, dem G37 Cabrio. Ein Cabrio zu testen in der ersten April-Hälfte ist riskiert, aber Petrus scheint Infiniti-Fan zu sein. Das 4,66m lange Cabrio könnte glatt mit dem Coupé verwechselt werden, wären da nicht die […]

Oben ohne

Test Infiniti G37 Cabrio

Nach der Allrad-Limousine G37x und dem Crossover-Coupé EX30d haben wir uns wieder einem G-Modell zugewandt, dem G37 Cabrio. Ein Cabrio zu testen in der ersten April-Hälfte ist riskiert, aber Petrus scheint Infiniti-Fan zu sein.

Das 4,66m lange Cabrio könnte glatt mit dem Coupé verwechselt werden, wären da nicht die drei verräterischen Schnitte im Dach, dort, wo sich das Dach beim Öffnen auseinanderfaltet und im Kofferraum verschwindet. Dass man das Cabrio mit dem Coupé verwechseln kann, bedeutet, dass es in geschlossenem Zustand ebenfalls schön, rassig, dynamisch und kraftvoll aussieht. Eins muss man dem Infiniti-Design-Team wirklich lassen: Sie schaffen es tatsächlich, bei aller Technikverliebtheit der Ingenieure, etwas Eigenständiges und Harmonisches zu schaffen, innen wie aussen. Infiniti ist ja zwar der Luxusableger von Nissan, wirkt im Auftritt (und im Vertrieb) aber viel eigenständiger und selbstbewusster als die Luxusmarken anderer Grosshersteller. Gewisse Mängel, z.B. in der Kommunikation im und aus dem Infiniti-Centre, wie die Verkaufsstellen genannt werden, muss man dann wohl einfach akzeptieren. Oder Kunde sein.
Aber bezüglich Auto ist man sich einig: Das G37 Cabrio sieht (auch geschlossen) sehr gut aus.

Über Sinn und Unsinn eines Cabriolets braucht man nicht zu streiten. Es finden sich Dutzende Gründe, die im Vergleich Limousine / Cabrio gegen das Cabrio sprechen – und trotzdem kann man Fan sein. Ein ganz klein wenig Nutzwert sollte allerdings auch ein Cabrio haben, man will ja vielleicht auch mal irgendwo übernachten und braucht deshalb ein Köfferchen oder eine Reisetasche.


Bei offenem Dach hat ausser der Zahnbürste nicht mehr viel Platz, vielleucht eine zweite Zahnbürste …

Der Kofferraum des G37 ist aber auch bei geschlossenem Dach eine Lachnummer. Zwar ist da ein wenig Platz vorhanden; der Kofferraumboden darf aber nicht mit einem Koffer belegt werden (grosser Kleber am Boden mit rot durchgestrichenem Koffersymbol), für ein paar Jacken und den Fotoapparat bleibt aber Platz. Bei geöffnetem Dach ist gerade noch Platz für zwei kleine Badzimmer-Necessaires oder zwei Paar nicht zu grosse Halbschuhe. Wie Infiniti da auf die offiziell genannten 366 Liter bei geöffnetem Dach kommt, ist nicht nachvollziehbar. Das stimmt nicht mal fürs geschlossene Dach.
Glücklicherweise ist das G37 Cabrio vierplätzig. Und da hinten eh nie jemand sitzt, ist da genügend Platz fürs Wochenendgepäck. Aber richtig verstauen! Sonst liegt’s bei forscher Fahrt dann auf der Strasse.
Die Gurten für die Vordersitze werden über die Schultern der wunderschönen und bequemen Ledersitze geführt und von einer mit zwei Druckknöpfen versehenen Lederschlaufe gehalten. Die müssen gelöst werden, wenn mal jemand hinten einsteigen kann. Die Druckknöpfe bringt man kaum zu und wenn dann doch, dann halten sie nicht, so dass man den Sicherheitsgurt recht fummelig und mit verdrehtem Arm hinten unten suchen muss. Aber eben, als Cabriofan nimmt man etliches (gerne) in Kauf.

Zum Motorstart wie üblich einfach auf die Fussbremse und den Startknopf drücken und schon erwacht der 3,696 ccm grosse V6 etwas knurrig zum Leben, was bereits Umstehende zum Kopfdrehen bringt. Ziel erreicht! 
Zwar wird das beste Drehmoment von 360 Nm erst bei 5‘200 U/min erreicht, aber der Anzug aus dem Stand und wenig Drehzahl ist trotzdem sehr beeindruckend. Da spürt man die 320 Pferdchen des G37. Das nächste Auffallende ist dann der Lärm, den die montierten Bridgestone Winterreifen veranstalten. Das ist jetzt aber echt nicht infiniti-like. 


's isch eifach es schöns Auto.

Das Getriebe, eine elektronisch gesteuerte, autoadaptive, 7-Gang-Automatik, erkennt den Fahrstil und passt die Schaltvorgänge entsprechend an. Wenn man die 6,4 Sekunden, die der 1,925 Tonnen schwere G37 offiziell von 0 bis 100 braucht, erreichen will, drückt man das Gas voll durch, worauf sich vor allem das Motorengeräusch ins Unangenehme steigert. Ein gequältes und lautes Aufheulen, das in nichts mehr an das souveräne Grummeln bei niedrigen Touren erinnert, lässt wiederum Köpfe von Passanten herumschnellen, diesmal weniger zur Freude des G37-Piloten.

Ausser dem Spurhalteassistenten verfügt auch das G37 Cabrio über den Tempomaten mit dem Abstandsradar, an das man sich auf langen Strecken sehr gerne verlässt. Bei Regen kann das System dann aber offenbar nicht mehr zwischen Gischt und vorausfahrendem Auto unterscheiden und schaltet sich dauernd aus, nicht ohne vorher gepiepst zu haben.

Bei geschlossenem Dach halten sich übrigens sowohl Aussengeräusche als auch Eigengeräusche (Klappern) sehr im Rahmen, resp. glänzen durch Abwesenheit. Aber das schöne Wetter soll ja genutzt werden; das Dach wird geöffnet. Eben soll der G37 stehen, still stehen muss er, der Motor soll laufen und der Kofferraum entriegelt sein. Und dann bleibt man fast eine halbe Minute (25 bis 28 sec.) mit dem Zeigfinger auf dem Knopf, bis das Dach endgültig verschwunden ist und ein Piepston ertönt ist. Das Schliessen erfolgt sinngemäss.

Damit ändert sich der Charakter des Autos, er reizt zum Cruisen. 80 Km/h sind immer noch angenehm, ein von Fauchen begleiteter kurzer Gasstoss genügt, um innerorts nach Abbremsen wieder auf 50 oder 60 zu kommen und wieder drehen sich Köpfe, was durchaus beabsichtigt ist (Heja, wenn halt ein Kindskopf am Steuer sitzt ).

In Bivio gehen gerade die letzten Skifahrer von der Piste zurück zum Hotel und für den G37 fängt der Aufstieg zum Julier an, offen natürlich, obwohl das Thermometer nach jeder zweiten Kurve ein Grad weniger anzeigt und Schnee neben der Strasse liegt. In den teilweise engen Kehren (mit Rücksicht auf die Beifahrerin seehr anständig gefahren) zeigt sich wieder die Souveränität des V6, der die jetzt über 2 Tonnen doch mit Leichtigkeit um die Ecken zieht, pardon stösst, er hat ja Heckantrieb. Auch auf ausgesprochen holpriger Fahrbahn ist er nie ausgebrochen, sondern hat am Boden beklebt. Vermutlich kommt er umso heftiger, WENN er dann mal kommt.
Die Fahrweise kostet natürlich Expresszuschlag an der Tankstelle, der grossvolumige V6 ist eh schon kein Kostverächter. 16,4 Liter innerorts sind es gemäss Prospekt; 12,67 Liter haben wir gebraucht, sehr akzeptabel! Kombiniert sollen es 11,4 Liter sein, offen gefahren müssten es dann eher noch mehr sein. Im Engadin angekommen, waren wir doch eher erstaunt, dass der Bordcomputer nur 10,1 Liter anzeigte. Die Kurzstreckenfahrerei im Engadin brauchte dann wieder mehr Benzin, ebenso die Rückfahrt auf den Julier. Aber die 62,7 Liter, die wir wieder daheim für 627 Km tankten, also genau 10,00 Liter, erstaunten dann gleich zweifach: Einmal, dass wirklich nicht mehr Benzin durchgerollt war (immerhin 2x Julier) und zweitens, dass der Bordcomputer auch exakt diese 10,0 Liter anzeigte .

Fazit
Sehr sportliches Design, eigenständig, sieht geschlossen ebenso gut aus wie offen. Sehr gepflegtes harmonisches Design im Innern, sehr gediegen, Infiniti halt.
Die Ausrüstung ist (fast) vollständig, ein cooles Tagfahrlicht würde man sich z.B. wünschen. In der besten GT Premium-Ausführung ist die Aufpreisliste kurz, das rote Leder für 1‘600 Franken und die ICC (Intelligent Cruise Control) für 1‘400 Franken sind aber zu empfehlen.
Der Grundpreis für das handgeschaltete G37 Cabrio GT beträgt 78‘200 Franken. Als GT Premium und mit Automat (~3‘200) sind dann 86‘900 Franken fällig, zusammen mit den wenigen Extras rund 90‘000. Nicht wenig Geld und auch nicht gerade ein Schnäppchen, schon klar, aber verglichen mit andern Cabrios dieser Klasse stimmt das Preis-Leistungsverhältnis. In Sachen elektronische Assistenten bieten heute aber bereits Mittelklässler wie VW Passat oder Ford Focus gleich viel und mehr.


Sieht auch geschlossen sehr sehr gut aus.

Der 3,7 Liter Benzinmotor ist in Zeiten von Klimahysterie und steigenden Benzinpreisen nicht mehr ganz zeitgemäss. Er tönt zwar kraft- und verheissungsvoll, wenn niedertourig gefahren wird, kreischt aber unangenehm, wenn man ihm kräftig die Sporen gibt.
Zwar gibt es den 3.0-Liter-Diesel bei Infiniti, einen Supermotor ohne Zweifel, aber so ein Ölofen passt dann irgendwie doch nicht in ein feines Cabriolet. Also müsste mal ein zeitgemässerer Benziner kommen. Bei Nissan findet sich sicher eine Lösung, die Infiniti eigenständig sein lässt. Der Verbrauch des 3,7-Liters hält sich aber auf Langstrecken sehr im Rahmen, 10 Liter sind echt gut.
Dass die Blizzak-Reifen einen grausamen Lärm machten, war zwar schade, kann man aber nicht dem Auto anlasten.
Die Abstandsregelung, die bei Regen nicht mehr funzte, enttäuschte etwas. Im Handling nervte vor allem die Gurtführung mit den fummeligen Druckknöpfen, die sich immer wieder lösten.
Der Kofferraum ist schon bei geschlossenem Dach kaum brauchbar, bei offenem Dach ist er schlicht nicht mehr vorhanden, was den Nutzwert doch erheblich einschränkt.

Alles in allem trotzdem ein erfreuliches Auto, das überall gefällt, trotz harmonischen Linien auch auffällt, das gut ausgerüstet ist und viel Fahrspass bietet.

Text und Fotos Heiny Volkart
VOLKARTpress