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amadefries

19. März 2021

Orange? Oh, Range!

Renault | 0 Kommentare

„Der schaut aus wie eine Mango!“ Kindermund tut Wahrheit kund, oder? Was die Vierjährige da erblickt hat, ist der brandneue Renault Twingo Z.E. electric in: Jaune Mango. Treffer. Und ja, eine saftige reife Mango strahlt tatsächlich ziemlich genau in jenem Farbton. Das Highlight an diesem Twingo ist aber nicht die Farbe, sondern der völlig emissionsfreie […]

„Der schaut aus wie eine Mango!“
Kindermund tut Wahrheit kund, oder? Was die Vierjährige da erblickt hat, ist der brandneue Renault Twingo Z.E. electric in: Jaune Mango. Treffer. Und ja, eine saftige reife Mango strahlt tatsächlich ziemlich genau in jenem Farbton. Das Highlight an diesem Twingo ist aber nicht die Farbe, sondern der völlig emissionsfreie Antrieb. Z.E. steht für Zéro Emission und als wäre das noch nicht aussagekräftig genug, haut Renault noch eine „Electric“ obendrauf.

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Wenn man bedenkt, das Nicolas Hayek damals in den 1990er-Jahren mit der Idee des Swatch-Mobils in Zusammenarbeit mit VW bereits den Elektro- und Hybridantrieb angestrebt hatte, hätte man in der Zwischenzeit schon denken können, der legendäre Unternehmer sei damals daneben gelegen. Doch was dann unter Mercedes-Regie in dritter Generation als Smart zum Twingo-Zwilling wurde, ist nun doch noch als Elektroversion erhältlich. Tatsächlich geht man bei Smart noch weiter und will sich ganz vom Verbrenner abwenden. Bei Renault sind neben dem hier getesteten Stromer noch Benziner im Angebot. Ein Blick auf die Kapazität des Akkus macht auch klar, weshalb: 21,8 Kilowattstunden.

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Eine derart kleine Batterie prädestiniert den Elektro-Twingo zum Stadtmobil. Diese Testumgebung kann ich dem mangofarbenen Kleinstwagen leider nicht bieten. Es geht auf die Autobahn, von Zürich nach Luzern, sorry. Tatsächlich schmilzt die Reichweite trotz mässigen Temperaturen und gemütlichen Tempos wie das Eis im Pastis-Glas an der Sonne der Côte d’Azur. Noch ein paar kurze Fahrten und schon sinkt die Prozentzahl der Ladestandsanzeige in den einstelligen und damit eher ungemütlichen Berreich. Heutzutage kein Problem mehr, denn Ladestationen finden sich an fast jeder Ecke. Doch an den ersten drei Ecken klappt das Lademanöver nicht. Der in der Schweiz populäre Typ2-Stecker passt, doch die Ladediode im „Tankstutzen“ des Twingo wechselt von gelb blinkend (Kommunikation mit der Ladesäule wird aufgenommen) direkt zu permanent rot (Fehler). Mit 4% schaffe ich es in die heimische Tiefgarage, wo eine Haushaltssteckdose über Nacht die letzte Hoffnung für eine Füllung der Batterie darstellt. Und tatsächlich, der Strom fliesst und die Reichweite wächst wieder.

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Da nun die Ladesorgen vergangen sind, bleibt Zeit, sich den Twingo ein wenig genauer anzuschauen. Äusserlich ist er ja schon eine Weile bekannt. Er wird nämlich schon fast 6 Jahre gebaut. Trotzdem schaut er noch taufrisch aus, was nicht nur am Facelift von 2019 liegt. Die kleinen Tagfahrlichtblöcke wurden durch LED-Umrahmungen der Hauptscheinwerfer ersetzt, womit der Facelift-Twingo einfach erkennbar ist. Heckantrieb sorgt für einen kurzen vorderen Überhang, der schwarze gläserne Heckabschluss verleiht ihm Dynamik.

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In der dritten Generation verfügt der Twingo zum ersten Mal über fünf Türen, was die hinteren Sitze sehr einfach zugänglich macht. Mit gerade einmal 164,6 Zentimeter ist er für heutige Verhältnisse schon sensationell schmal. Mit einer Länge von 3,61 Meter parkt man auch in kurze Parklücken easy ein. Und wenn man einmal falsch abgebogen ist, begeistert der Winz-Wendekreis von 8,9 Meter. Kenner von historischen Landwirtschaftsgeräten könnten sich gar an die legendär wendigen Traktoren von Köpfli erinnert fühlen.

 

 

Auf dem Fahrersitz werde ich eher an den eben neu aufgelegten Fiat 500 erinnert, denn die Lenksäule lässt sich wie beim Italiener nur in der Höhe, nicht aber in der Tiefe verstellen. Und so sitzt man in der typischen Froschposition auf den erstaunlich seitenhaltstarken Sitzen und hat zudem nicht wirklich Platz für den „Kupplungsfuss“. Die Bedienung ist einfach, die Übersicht ist sehr gut, nur der Tacho mit seinen drei verschiedenen Kilometerzahlen in ähnlicher Grösse (Reichweite, Kilometerstand, Tempo) verwirrt unnötig, zumal der im Halbkreis um das Display laufende analoge Tacho auch nicht wirklich brauchbar ist. Aber ja, allzu dynamisch oder gar zu schnell ist man mit dem Elektriker nicht unterwegs. 82 E-PS sind zwar ausreichend, doch gilt es ja stets, die Batteriekapazität zu schonen. So kann es nach dem Drehen des Zündschlüssels (ja genau, es gibt keinen Startknopf) durchaus sinnvoll sein, die Eco-Taste zu betätigen. Der Twingo verfällt dann in eine Art Dämmerschlaf, der Tempi über 106 nur mit Kickdown zulässt, doch die Reichweite wächst um ein paar Kilometer. Selbst wenn man den Tempomat auf 120 einstellt, hält der Twingo erst bei eben jenen 106 Stundenkilometer das Tempo.

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Doch seine Hood ist nunmal die City. Dort nervt auch die in der Mittellage indifferente Lenkung nicht so. Vielmehr freut man sich über die kleinen Dimensionen und die Wendigkeit. Zudem ist der mangogelbe Fünftürer ab der Linie nicht so leicht abzuhängen. Kurven sollte man allerdings nicht zu sportlich angehen, sonst könnte es dem Nachwuchs auf den Rücksitzen übel werden. Die Seitenneigung ist für heutige Verhältnisse nämlich relativ stark. Richtig stark ist das Faltdach des Testwagens. Klar, bei Schnee und Regen bleibt es geschlossen. Sobald aber erste Sonnenstrahlen zu spüren sind, wandert die Stoffkaputze nach hinten nund sorgt so für beste Laune auf allen Plätzen. Je nach Musik sogar ausserhalb der Kabine.

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Nun scheint in der Schweiz nicht immer die Sonne und der Winter kann sich temperaturmässig bis tief in den März hinein ziehen. Das hat nicht nur Einfluss auf die Dauer des Offenfahrens, sondern auch auf den Verbrauch. Und so waren während des Testzeitraumes tiefe Temperaturen um 5° mitverantwortlich dafür, dass der Renault Twingo ZE Electric auf 100 Kilometer gegen 20 KWh (19,5) verbraucht hat. Bei einer Akkukapazität von 21,8 KWh ist die mögliche Reichweite schnell errechnet…

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Wer in der Stadt wohnt, sich mit dem Auto selten weiter weg bewegen möchte und sich mit den Platzverhältnissen arrangieren kann, erwartet nun noch ein (mindestens kleiner) Schock: Die sympathische Elektromango kostet in der hier getesteten Intens-Austattung mit etwas zusätzlichem Komfort (Faltdach, Rückfahrkamera) 26’670 Franken. Da man in der Schweiz momentan keinerlei staatlichen Zuschüsse für die Elektromobilität erhält, schrumpft diese Zahl auch nicht plötzlich um 5000 Franken, wie das zum Beispiel in Deutschland der Fall ist. Wenn man da hinüber zu Nissan schaut, wo es den deutlich grösseren und langstreckentauglicheren Leaf dank einer Aktion momentan für 28’000 Franken gibt, kann man schon nachdenklich werden. Andererseits ist der nicht so schnucklig, bringt nicht den klassenlosen Stil eines Twingo mit sich und kann mit der Wendigkeit und Übersichtlichkeit des kleinen Renault nicht ansatzweise mithalten. Und ja, wer hat schon eine so süsse Mango in der Garage?