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25. März 2009

Rollendes Technologiepaket

Volvo | 0 Kommentare

Test: Volvo XC60 D5 AWD Summum Im Zeichen der Finanzkrise und teurerer Treibstoffe wegen werden die grossen SUV den Händlern nicht mehr aus den Händen gerissen. Viele Hersteller haben bereits kleinere SUV-Modelle im Programm. Nun hat auch Volvo den XC90 ge-downsized und lanciert den XC60. Ob es gelingt, die Verspätung im Markt aufzufangen dank "vollgepackt […]

Test: Volvo XC60 D5 AWD Summum

Im Zeichen der Finanzkrise und teurerer Treibstoffe wegen werden die grossen SUV den Händlern nicht mehr aus den Händen gerissen. Viele Hersteller haben bereits kleinere SUV-Modelle im Programm. Nun hat auch Volvo den XC90 ge-downsized und lanciert den XC60. Ob es gelingt, die Verspätung im Markt aufzufangen dank "vollgepackt mit Technologie"?

Der Volvo XC60 ist ein SUV, wie es ihn grösser gar nie gebraucht hätte. Gegenüber dem "grossen Bruder" XC90 ist er nur 18 cm kürzer, 7 cm niedriger und praktisch gleich breit.

Es war noch nie billig, einen Volvo zu kaufen. Dafür kann man bei einem Volvo sicher sein, etwas vom Sichersten zu erhalten, was es auf dem Markt gibt. Auf der Basis des Landrover Freelander hat man ein rollendes Technologiepaket aufgebaut, den XC60. Mit 4,62 m Länge, über 1.71 m Höhe 1,89 m Breite und einem Leergewicht von 1'816 Kg ist er ein ausgewachsener SUV.

Für Fr. 48'500 gibt es das Basismodell, ausgerüstet mit dem 163 PS-Diesel (2400 ccm, 340 Nm). Da ist schon ausserordentlich viel Ausstattung mit dabei, vor allem bezüglich Sicher¬heit. Für Leute, die gerne etwas mehr Komfort hätten, gibt es noch drei weitere Ausstattungslinien (Kinetic, Momentum, Summum) und für diejenigen, die auch noch gerne etwas mehr Power hätten, gibt's den 2,4-Liter-Diesel auch mit 185 PS (400 Nm). Wer's ganz rassig mag, kauft sich den 3-Liter Benziner, der 283 PS hat und mit ebenfalls 400 Nm Drehmoment ab 1500 Touren nur 7,5 Sekunden braucht, um den 2-Tönner auf Tempo 100 zu jagen (Gruss vom Tankwart!).
Die Preise reichen so von 50'000 bis 70'000 Franken. Und dann kommen noch individuelle Aufrüstungsmöglichkeiten von neun Seiten Preisliste dazu.

Unser Testwagen mit dem 185 PS-Diesel kostet in der besten Ausstattung (Summum) ab Fr. 60'400. Er ist bereits sehr vollständig ausgerüstet. Die zusätzliche Ausrüstung (Automat, Metallic, Communication Pack, Navi/Audiosystem) kostet weitere knapp 9000 Franken, womit wir auf knapp Fr. 70'000 wären. Nicht wenig, aber verglichen mit den direkten Premium-Konkurrenten X3, GLK oder Q5 absolut im Rahmen.

Es war noch nie einfach, sich in einer Volvo-Preisliste zurecht zu finden. Wer sicher sein will, dass er nichts vergessen hat, kauft einen Summum (der hat das meiste schon serienmässig) und kauft den Rest in Paketen hinzu. Aber Vorsicht: Es gibt Pakete, die haben denselben Namen, kosten aber unterschiedlich viel und enthalten trotzdem zu 90% (fast) dieselbe Ausrüstung, aber eben nur fast.

Der XC60 ist auf den ersten Blick als Volvo erkennbar, nicht nur wegen des typischen Volvo-Grills oder der Schultern am Heck. Sein Styling kommt gut an. Die Verarbeitung ist hervor-ragend. Das Interieur mit viel Alu, Silber und Schwarz wirkt sehr edel, aber nicht leicht und aufmunternd. Man sitzt, etwas erhöht, auf eher harten Ledersitzen, die gut stützen. Die üblichen Bedienungselemente sind dort, wo man es sich gewohnt ist. Im Allgemeinen aber gibt es im XC60 viel zu viele Knöpfchen, Hebelchen, Schalterchen, die überall sind, nur nicht dort, wo man sie gerade sucht.

Freude hatten wir an der Zuladung von gewaltigen 689 Kg. Auch wenn Volvo selber im Prospekt viel von Lifestyle redet, ist das doch ein echter Profiwert. 495 Liter Kofferraum-volumen, abgeklappt sogar 1'450 Liter, machen den XC60 brauchbar für Business und Ferien, auch wenn die Ladekante der Grösse des Fahrzeuges entsprechend eher hoch ist.

Von einem modernen Auto hätten wir einen schlüssellosen Zugang erwartet. Keyless gibt's, kostet aber Fr. 1'500 Aufpreis. So suchen wir halt auf dem Zündungskästchen unter den nicht weniger als 5 (fünf!) kleinen Tasten diejenige, die den Wagen aufschliesst (macht vor allem nachts Freude!).
Das Kästchen steckt man in die vorgesehene Öffnung und drückt dann den Start-Engine-Knopf. Am grossen Monitor erscheint eine weisse Schrift auf schwarzem Grund, man müsse ENTER drücken, um die Möglichkeiten des Systems nutzen zu können. Beim Drücken des Enter-Knopfs passiert allerdings gar nichts. Man sucht und sucht einen andern Enter-Knopf und lernt letztlich aus der Betriebsanleitung, dass es noch einen Enter-Knopf gibt, ein kleines Wippschalterchen, das versteckt auf der Rückseite des Lenkrads schlicht nicht gefunden werden kann, wenn man nicht weiss, dass es da ist. Und so gibt's diverse andere Einstell-möglichkeiten, die nicht intuitiv veränderbar sind, sondern Studium der Bedienungsanleitung nötig machen. Ausserdem stört, dass etliche häufig gebrauchte Tasten die Grösse haben wie man sie von der Fernbedienung des Fernsehers kennt, obwohl das Armaturenbrett doch genügend Platz böte. Vielleicht ist das aber mehr ein Problem von häufig die Fahrzeuge wechselnden Testfahrern als von Leuten, die mit ihren Autos im Lauf der Jahre vertraut werden.
Teilweise sinnlose oder unverständliche Warnmeldungen vergrössern das Vertrauen nicht. Was die Meldung "Kein Gurt im Fond verwendet" soll, wissen wir nicht. Hinten sass niemand und lag auch nichts und der Satz macht auch beim Umstellen der Wörter keinen Sinn.

Der XC60 fährt verhalten los, bis er dann genügend Schub entwickelt. Es braucht schon etliches über 2000 Touren. Beim Mitrollen im Innerortsverkehr und beim leicht Beschleunigen nervt der Motor mit einem tieffrequenten Brummen, das echt stört.

Beim Einfahren in eine Tiefgarage zieht man unwillkürlich den Kopf ein, weil man relativ hoch sitzt. Aber das 171 cm hohe Auto hat Platz. Die rund 190 cm Breite (mit den Spiegeln sogar 214 cm) machen aber das Parkieren auf engen Plätzen nicht zum Vergnügen.
Beim rückwärts aus dem Parkplatz fahren ist dann die Rückfahrkamera (Fr. 650) hilfreich, aber nur, wenn's nicht regnet. Sonst ist wegen der Regentropfen auf der Linse praktisch nichts zu erkennen.

Bei der Parkplatzsuche käme nun eine Neuentwicklung von Volvo zum Zug, die bei allen XC60 serienmässig eingebaut ist: City Saftey. Ist der Fahrer eine Millisekunde unaufmerk-sam, bremst der XC60 bei Geschwindigkeiten unter 15 Km/h selbständig ab bis zum Still-stand, um eine Auffahrkollision zu vermeiden. Modernste Lasertechnologie macht es möglich. Bei Tempi zwischen 15 und 30 soll das System immerhin noch um die Hälfte verlangsamen, bis es kracht.
Sollte City Safety im Testwagen funktioniert haben, dann hätte es das erst bei einem Abstand von unter einem Meter. Fürs drauf ankommen lassen fehlten uns die Nerven (und das Geld!) und wir haben immer im letzten Moment selber gebremst. Urteil: Unbrauchbar. Denn bei einem Defekt hätte eine grosse Warnleuchte einen darauf aufmerksam machen müssen. Im Display stand aber City Safety EIN.

Im normalen Fahrbetrieb (und auch wenn man ihm mal die Sporen gibt) ist der XC60 souverän, gutmütig und gut abgestimmt, verfügt über eine präzise Lenkung und fährt sich problemlos.

Durstig
Das Fahrzeug war beim Test so neu, dass die Werkszahlen bezüglich Verbrauch oder CO2 noch nicht veröffentlicht waren. Auch wenn das ganze Auto jede Menge modernster Technik enthält: Der 5-Zylinder-Diesel (20V) ist nicht gerade der modernste Motor und damit wohl auch nicht der sparsamste. Auch dass Gewicht (leer 1816 Kg, beladen 2505 Kg) Treibstoff verbraucht, ist uns klar. Dass aber trotz sehr anständiger Fahrweise und vielen Langstrecken 10,1 Liter beim einen und 10,4 Liter beim andern Testfahrer durch die Einspritzdüsen rauschten, hat uns denn schon sehr negativ überrascht. Diesel wohlverstanden. Dass der Bordcomputer sogar einen Durchschnittsverbrauch von 10,9 Litern meldete, ein anderer Testfahrer vor dem sffv also noch viel mehr verbrauchte, ist uns nur ein kleiner Trost.

Bei den Garantien ist Volvo aber bei den Leuten: Für drei Jahre oder 100'000 Km sind Wartungs- und Reparaturarbeiten inkl. Verschleissteile kostenlos.

Fazit
Verkleinerter XC90 auf der Basis des Landrover Freelander. Dynamisches Design, gefällt allgemein gut. Hervorragende Verarbeitung. Sehr hochstehende Sicherheitsausrüstung, die allerdings nur taugt, überzeugt und Vertrauen schafft, wenn sie auch funktioniert (City Safety, unerklärliche Warnmeldungen am Display). Fahrwerk gut abgestimmt (Balance zwischen Komfort und Härte/Sportlichkeit). Gute und bequeme Sitze. Preis/Leistung im Vergleich mit andern Premium-SUVs gut. Die Schalterchen und Knöpfchen sind oft zu klein und ohne Einweisung teilweise unauffindbar. Überdurchschnittlich viel Zuladung (689 Kg) und viel Platz im Laderaum (495/1450 Lt).
Ein Dieselverbrauch von über 10 Litern ist inakzeptabel für ein Auto des Modelljahres 2009. (Es gibt gleich schwere Mitbewerber mit sogar mehr Leistung und Drehmoment, die zwei bis drei Liter weniger verbrauchen).
Schade. Hätte eigentlich ein feines Auto werden können. Für einen Trendsetter kommt der XC60 aber eh ein paar Jahre zu spät.

Ergänzung zum Volvo XC60 – Test
Im Dezember-Test über den neuen Volvo XC60 haben wir die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die neue Sicherheitsausrüstung City Safety eventuell gar nicht funktioniere, da auch mit nur einem Meter Abstand zum Hindernis noch keine Bremsung erfolgte.

Mittlerweile konnte das System erfolgreich ausprobiert werden: Da es sich nicht um eine Komfortausstattung, sondern um eine Notfalleinrichtung handelt, bremst City Safety tatsächlich recht spät, erst bei rund einem Meter Abstand oder noch weniger, kommt aber immer ein paar Zentimeter vor dem Hindernis zum Stehen.


City Safety funzt!

Wir nehmen die vermutete Unbrauchbarkeit deshalb mit Überzeugung zurück.

Heiny Volkart